Für immer, Emily (German Edition)
Schluchzen.
„Ich weiß nicht, ich höre nichts. Emily, beruhige dich, hier ist niemand, glaub mir. Ich bin ja hier, es ist alles gut. Hör zu, ich verspreche dir, wenn jemand da drin bei dir ist und dir zu nahe kommt, bin ich innerhalb von drei Sekunden bei dir drinnen und mache den Typen platt, okay?“
Emily lehnte von innen den Kopf an die Tür und musste nun doch lachen. „Versprochen?“
„Versprochen!“
Sie legte ihre Handfläche an die Tür und bildete sich ein, Niclas‘ Wärme zu fühlen.
„Ich hatte solche Angst, dass du schon ohne mich gegangen sein könntest und ich hier die ganze Nacht festsitze. Ich bin so froh, dass du da bist.“
Niclas schluckte und verzog leicht das Gesicht. Ihr Vertrauen in ihn war ja überwältigend, wenn sie es für möglich hielt, dass er einfach so abhauen würde.
„Ich wäre doch nie einfach so gegangen. Wirklich nicht.“
„Ja, ich weiß. Es tut mir leid.“ Ihre Stimme war ganz leise und verzagt, und er hoffte, dass Mr. Montez so schnell als möglich kommen würde, um sie da raus zu holen.
„Ist alles okay? Du klingst, als ob du keine Luft bekommst.“
Sie hustete. „Bekomme ich auch nicht. Ich ... ich habe manchmal Probleme mit der Atmung.“
Sie schwiegen jetzt und er zählte die Sekunden, bis Carlos Montez endlich mit hochrotem Gesicht um die Ecke bog.
Niclas stand hastig auf. „Gott sei Dank, da sind Sie ja. Emily Alexander ist da drin, und ich glaube, es geht ihr nicht besonders gut. Bitte, machen Sie schnell. Die Tür scheint sich verkantet zu haben.“
Carlos schüttelte mit finsterem Gesicht den Kopf. „Nein, nichts hat sich verkantet, das war mein Sohn, dieser Lausebengel. Emmanuel hat mitbekommen, dass ihr beide heute noch hier seid, und da ist ihm die Idee gekommen, euch und mich ein bisschen zu ärgern. Dieser unnütze Lausejunge“, schimpfte der Hausmeister etwas verärgert. Carlos griff in die Tasche seines grauen Kittels und schwenkte einen Schlüssel. „Den hier hat er mir geklaut und ist hier herumgeschlichen. Dann hat er die junge Lady gesehen und einfach abgeschlossen. Der kann was erleben, sage ich dir.“ Carlos war mit allen Schülern per du, da er ja die meisten schon seit vielen Jahren kannte, und niemand wäre je auf die Idee gekommen, sich darüber zu beschweren.
Niclas zog die Augenbrauen hoch. Emmanuel Montez, wer hätte das gedacht. Er kannte den kleinen Jungen, der immer fröhlich lachte und winkte. Und wenn Emily nicht tausend Ängste ausgestanden hätte, hätte er jetzt sicher schmunzeln müssen über den kleinen Gauner.
Carlos Montez steckte den Schlüssel in das Schloss.
„Emily, wir schließen jetzt auf, geh mal zur Seite“, rief Niclas. Gleich darauf schwang die Tür auf und er trat schnell in den stockfinsteren Raum, der jetzt allerdings von dem Licht aus dem Flur ein wenig erhellt wurde.
Emily lehnte an der Wand, und trotz dem schlechten Licht konnte er sehen, dass sie totenblass war. Um ihre Augen lagen dunkle Schatten. Sie sah völlig fertig aus. Ihr Atem ging immer noch hektisch und sie zitterte am ganzen Körper. Niclas wurde schlagartig klar, dass das hier nicht einfach nur die Angst eines Mädchens war, das für eine Weile in einem Kopierraum eingeschlossen gewesen war, sondern dass viel mehr dahinter steckte. Sie musste irgendetwas Entsetzliches erlebt haben, etwas, das sich tief in ihre Seele gebrannt hatte. Sie wirkte verloren und verletzlich, wie sie da stand und nun offenbar angestrengt versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten, dass er am liebsten zu ihr hingegangen wäre und sie ganz fest in seine Arme gezogen hätte, aber eine unbestimmte Ahnung hielt ihn zurück.
So trat er nur vorsichtig auf sie zu und fragte leise: „Hey, alles okay? Beruhige dich, es ist alles in Ordnung, siehst du, hier ist niemand.“ Er sprach so leise wie möglich, denn er konnte sich denken, wie unangenehm ihr das jetzt vor dem Hausmeister und vermutlich auch vor ihm war. Er drehte sich um und warf einen bittenden Blick zu Mr. Montez, der zum Glück gleich verstand. „Ich gehe mal eine neue Leuchtröhre besorgen, die Dinger gehen auch immer schneller kaputt.“ Er hielt kurz inne. „Es tut mir leid, dass mein Sohn dich so erschreckt hat, Emily, ich werde gleich morgen ein Hühnchen mit ihm rupfen.“
Emily hob den Blick und sah Niclas fragend an.
„Emmanuel Montez hat uns einen Streich spielen wollen und die Tür abgeschlossen. Er ist acht Jahre alt.“
Sie schluckte und nickte. „Oh. Nein, Mr. Montez, seien
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