Für immer, Emily (German Edition)
und Niclas nichts passiert ist. Mein Mann ist schon seit vielen Jahren Hausmeister an dieser Schule, und in all den Jahren war hier kein Schüler, der schlimmer war als dieser Rocco Bentz. Wir alle warten nur auf den Tag, an dem etwas wirklich Schlimmes passieren wird. Woher sollte er auch lernen, was Recht und Unrecht ist? Sein Vater hat schon immer alles für ihn bezahlt und vertuscht. Eine Schande ist das.“ Teresa schüttelte den Kopf und wandte sich wieder ihren Töpfen zu. Emily sah nachdenklich zu ihr hin. Offenbar war Rocco noch um einiges schlimmer, als sie gedacht hatte, und ihr wurde bei dem Gedanken, was alles hätte geschehen können, ganz elend. Teresa wandte sich wieder zu ihr um. „Setz dich ruhig an den Tisch, Emily, ich bin gleich fertig. Ist alles in Ordnung mit dir? Du bist ganz blass.“
Emily nickte. „Ja, ja, alles okay. Ich gehe dann schon mal raus.“ Sie lächelte Teresa zu und ging zurück ins Wohnzimmer, wo der große Esstisch stand. Sie setzte sich und warf einen Blick zu Niclas, der sich mit Emmanuel und dessen Bruder Juan unterhielt. Die beiden kleinen Jungen himmelten ihn an wie einen Helden aus ihren Zeichentrickserien, und es war rührend, zu sehen, wie ernsthaft er sich mit ihnen beschäftigte.
Nun jedoch hob er den Kopf. „Alles klar bei dir? Geht‘s dir gut?“
Emily nickte und griff ohne nachzudenken nach seiner Hand. Er sah sie kurz erstaunt an, dann drückte er sanft ihre Finger und wandte sich wieder den beiden Jungen zu, während er ihre Hand fest in seiner hielt. Sie fühlte die Wärme seiner Haut, den Druck seiner Finger, und wurde gleich ruhiger. Ihr Daumen strich über seinen Handrücken, und plötzlich wurde ihr bewusst, dass Teresa und Carlos unweigerlich denken mussten, Niclas und sie wären ein Paar, wenn sie sie so sahen. Sie wusste nicht, ob Niclas das recht wäre, aber sie brachte es einfach nicht fertig, seine Hand loszulassen. Noch nicht. Gleich würde Teresa mit dem Essen kommen und dann ... dann würde sie ihn loslassen. Sie sah hoch und fühlte Niclas‘ Blick auf sich ruhen. Emmanuel und Juan waren aufgestanden und zur Couch gelaufen, wo sie mit ihren Autos spielten. Carlos war zu Teresa in die Küche gegangen.
Niclas beugte sich zu Emily. „Geht‘s wieder? Du warst vorhin plötzlich ganz blass, was war denn los?“, fragte er leise.
Sie schluckte. „Ja, geht wieder. Ich hab mich nur kurz mit Teresa über Rocco unterhalten, und na ja, dann hab ich wieder fast diese Panik bekommen. Es ist blöd, ich weiß.“ Sie senkte den Kopf und fühlte Niclas‘ Finger unter ihrem Kinn. Er hob es sanft an, sodass sie ihm wieder in die Augen sehen musste. „Das ist nicht blöd. Kein bisschen, okay?“ Sie nickte. „So ist es schon besser.“
Jemand räusperte sich, und Teresa trat mit zwei großen Schüsseln in der Hand an den Tisch. Emily sah erschrocken hoch und rückte schnell ein Stück von Niclas ab, wobei sie ihre Hand aus seiner zog und an ihrem Pullover herumnestelte.
Niclas stand auf und nahm Teresa eine der Schüsseln ab.
„Danke, das ist nett von dir.“ Sie lächelte, und Emily kam es so vor, als ob es ein wissendes Lächeln war. Sicher hatte Teresa gesehen, dass Niclas und sie sich an den Händen gehalten hatten, und dachte nun sonst was.
„So, erst mal gibt es überbackene Tortillachips. Ich dachte, so was essen doch alle jungen Leute gerne, oder?“
Alle versammelten sich um den großen Tisch und bald herrschte ein lustiges Durcheinander und jeder schnatterte. Emily musste oft lachen. Die Kleinen waren einfach zu drollig. Die vierjährige Selma trug ein rosa Prinzessinenkleid, und Teresa erklärte, ihr Töchterchen hätte sich nicht davon abbringen lassen, es heute Abend anzuziehen. Selma saß neben Emily und ließ sie kaum aus den Augen. Ihre braunen Augen strahlten, wenn Emily mit ihr scherzte und lachte. Manchmal berührte sie fast ehrfürchtig Emilys lange blonde Locken und meinte, sie würde aussehen wie Prinzessin Barbie aus dem Film ‚Barbie auf der Tierinsel‘.
Niclas musste bei dieser Bemerkung grinsen.
Emily warf ihm einen amüsierten Blick zu. „Findest du nicht, dass ich aussehe wie Barbie?“
Er grinste wieder. „Ähm, du wärst eine ziemliche Mini-Barbie, würde ich sagen. Barbie kommt mir ziemlich groß vor für ein Mädchen, und du ... nun ja.“
Emily schnitt ihm eine Grimasse und alle lachten.
Nach den Tortillachips tischte Teresa zwei große Pfannen mit brutzelndem Fleisch auf, dazu verschiedene Soßen und
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