Für immer in Honig
die Gangart, fällt in Trab, der industrielle Trab geht über in Galopp, und dieser steigert sich wieder bis zur zügellosen Karriere einer vollständigen industriellen, kommerziellen, kreditlichen und spekulativen steeplechase, um endlich nach den halsbrecherischsten Sprüngen wieder anzulangen – im Graben des Krachs. Und so immer von neuem.« Das hatte Friedrich Engels geschrieben, vor einiger Weile.
Auch jetzt blieb es dabei, während zugleich etwas Neues dazukam. Das Neue bedrohte die Niederlassung im Osten, die dünnen Schichten und die Rührtechnik, den Falken, den Hasen, die Wurst: Es bestand in Gewicht und Gestank der Toten sowie darin, daß sie aber lebten. Der Grund dafür, daß diese Dinge, die selbst nicht unbedingt neu waren, sich nun in unerwarteter Weise auswirkten, kann primär ökonomischer Natur genannt werden: Daß man nämlich als Eigner einer Firma lieber eine Maschine kaufte, als Leute einzustellen, denn die wurden krank, und man mußte ja mithalten in der Konkurrenz, oder wenigstens den Laden in Schwung, die andern schliefen nicht, würden die neue Maschine wahrscheinlich auch bald kaufen, da war’s dem Mittelständler Pflicht, sich reinzuhängen, jeden Tag, so lange, bis endlich ein Größerer sich erbarmte und ihn schluckte. Dadurch, daß man nun also die Maschine kaufte für die dünnen Schichten und den andern Krempel, wurde die Arbeit einfacher, man brauchte weniger Leute, die Überflüssigen konnten gehen, hatten dadurch aber kein Geld mehr, also kauften sie nichts, da lag das Zeug dann herum.
Dies Dilemma war mit jedem Zyklus der schon von Engels beschriebenen Sorte ärger geworden, denn die jeweiligen neuen Maschinen wurden immer besser, und auf sie zu verzichten, kam nicht in Frage, aus einem unvernünftigen und einem vernünftigen Grund. Der unvernünftige war die erwähnte Konkurrenz, der Fortschritt beim gegenseitigen Halsabschneiden, der vernünftige, daß es ja wirklich besser war, wenn Maschinen die Arbeit machten. Machten sie sie gut? Sie machten sie nicht gut, weil sie nicht produzierten, damit etwas da war, das man verbrauchen konnte, sondern damit Profit eingefahren wurde. Dafür konn ten sie nichts, aber so war es. Die Dinge fielen auseinander, das Zen trum hielt nicht fest an ihnen, Anarchie breitete sich über die Bahndämme und Bahnhofskneipen, Blut wallte übrigens auch aus dem Boden schon, am Stadtrand zuerst, bald darauf im Keller, wo der Dokter vielfach foltern ließ.
Das größte Problem beim allmählichen Wegschicken der überflüssigen Leute (auch strukturelle Arbeitslosigkeit genannt): Sie waren, obwohl sie immer überflüssiger wurden, gleichzeitig andererseits doch auch die einzige echte Quelle des besagten Profits. Denn nur Leute kann man verscheißern, das heißt ausbeuten: Natur kostet, was sie kostet, Aufwand ist Aufwand, wenn man aber den Menschen nur ein bißchen länger arbeiten läßt, als sein Lohn ihm vergütet, soweit man den in Geld umgerechneten Wert seiner Arbeitszeit zugrundelegt, wie er im Produkt manifestiert ist, hat man prompt Gewinn gemacht.
Besagter Mensch, hier in seiner Gestalt als Lohntrottel, konnte es sich zu dem Zeitpunkt, von dem wir hier reden, längst nicht mehr aussuchen, ob er seine Arbeitskraft lieber nicht verkaufen wollte. Übrigens bekam er inzwischen ja sogar mehr dafür als sein Opa, wegen der besagten Maschinen, mehr in jedem Fall, als er zum Überleben brauchte, zur Reproduktion seiner selbst, also hatten an sich erst mal alle was davon.
Allerdings eben bloß an sich, denn in echt wurde im Profitsystem so langsam das abgeschafft, wovon es zehrte, der Mensch als freies Vertragssubjekt. Auch die Philosophie stellte ihn deshalb zunehmend in Frage, samt seinen geistigen Ressourcen Marke »Sinn« – dezentrierte Subjekte, Postmoderne, Dekonstruktion, auf vernünftig: tendenzieller Fall der Profitrate.
Ein Beispiel hierfür?
Sehet die Lilien auf dem Felde, die Vögel bzw. man betrachte den Drogenhandel.
Schacko hielt sich klug aus der sichtbaren Welt fern, war selten im Stadtpark, seltener am Gymnasium. Manchmal lungerte er noch vor der Turnhalle in Eichen herum, da gab es einen Zwischen-Zwischenhändler, dienstags, der nahm ihm noch was ab und brachte es in die Stadt. Schacko wollte gern verschwinden, wie Peter schon verschwunden war. Von einer letzten schweren Abreibung in der »Sonnenblume« war jenem ein kaputtes Auge lebenslang geblieben, aber immerhin ließen die Nazis ihn, nachdem sie ihm diese schwere
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