Für immer in Honig
ihn!«
»Aschtrid, schnapp ihn!«
»Aschtrid, da rennt er!« schrien Schorsch und Bernd wild durcheinander, in Verfolgung eines dunkelhäutigen Mannes mit einem Haufen langstieliger Blumen unterm Arm. Die hatten dunkelrote Köpfchen, mit denen sie hysterisch nickten. Jetzt zog er sie unter seinem Arm hervor, als wären es Säbel und er ein Pirat. Der Mann lief zwischen den Boxautos, mitten auf der Fahrfläche, genau auf Astrids und Philips Position zu, kop flos und schreiend, und war natürlich nicht Schacko, für den die Schläger ihn hielten, sondern ein ausnehmend harmloser tamilischer Rosenhändler. Astrid zog einen flexiblen, langstieligen Schlagknüppel aus einem Halfter an der Hose. »Die Dinger kenn’ ich bloß aus Polizeifilmchen«, staunte Philip. Astrid beachtete ihn nicht mehr. Der Rosenhändler fuchtelte, krakeelte, stürzte beim Sprung über eins der Autos, riß einen jungen Raucher fast von der Trittstufe zur Fahrfläche. Der Mann stieß ihn von sich ab und taumelte dann Bernd und Schorsch in den Weg. Alle drei fielen über die Haube eines der Autos. Der Rosenhändler verlor das Gleichgewicht, knickte ein, sank vor Astrid auf die Knie. Seine Rosen verlor er, sie fielen rings um die Füße der Frau, die Philip liebte, auf die Erde, in den Dreck. Ein wunderschönes Bild, dachte er, eine Opfergabe.
»Philip«, sagte Astrid, ohne den anzusehen. Sie wußte genau, daß das hier nicht Schacko, Staatsfeind Nummer eins im Spielzeugreich des Dokters, sein konnte. Aber leider war ihr auch klar, daß er die neue Ordnung gestört hatte. »Ja?« fragte Philip, fasziniert von den zu Füßen seiner Göttin verstreuten schönen Blumen.
»Hau ab.«
»Was?«
»Ich muß das hier regeln. Mein Job.«
Philip wollte noch was sagen, vielleicht eine Frozzelei, aber er kam nicht dazu, weil er so schlimm erschrak. Denn Astrid holte, ohne auf seine Antwort zu warten, mit der schwarzen Plastikrute aus und schnitt mit ihrem Schlag dem schluchzenden Mann, der verständnislos zu ihr aufsah, die rechte Wange und ein Stück Nase entzwei, zersäbelte ihm das Gesicht. Es war ein so harter Schlag, daß er nach hinten fiel, während ein Schwällchen Blut in die Richtung zurückflog, aus der das Quälinstrument auf ihn niedergesaust war.
»Hau jetzt ab, Philip. Es wird gleich noch viel häßlicher«, sagte Astrid.
Philip tat das Angemessene. Er zog sich rückwärts aus dem Geschehen, zwischen zwei Stellwänden, auf die gesperrte Hauptstraße. Dann drehte er sich um und lief, an der Schreibwarenhandlung Uehlin vorbei, eilends nach links, bog scharf in die Scheffelstraße ein und rannte zum zweiten Mal an diesem Abend vor etwas davon, rannte und rannte bis zum Bahnhof, bis zur »Sonnenblume«, wo er alsbald sein bisher schlimmstes, zerstörerischstes Besäufnis seit seiner Rückkehr in die Stadt begann.
Im Augenblick, da Philips erstes Bier vor ihn hingestellt wurde, schlug auf dem Markt traurigerweise doch noch Schackos Stunde. Gina, Schorsch und Bernd hatten den von Astrid bewußtlos gepeitschten Tamilen zwei Polizisten übergeben, die sich, den Mann tragend, eben durch die Menge zum Wurstwagen gekämpft hatten, als die Lebendigen und Toten aus des Dokters Sturmabteilung anfingen, die Menge anzubrüllen, um sie im Zaum zu halten. Astrid schlug Andy mit ihrer Wachschutz-Zuchtrute unterdessen ins Kreuz, die Frauen im Wurstwagen schrien wie am Spieß, standen nur da und kreischten. Andy entschuldigte sich, als er in die Knie ging: »Sie … hat mich … au… ausgelacht und über den Dok… den Dokter …«
»Mir egal. Hier wird nicht randaliert!« spie Astrid und sah mit Seitenblick auf Julia, ehemals »Fette«, daß an dem, was Andy sagte, etwas dran war: Das Mädchen hatte jetzt mehr Angst vor ihr als vor Andreas Witter, und also wohl wirklich einen Witz über ihn gerissen, wahrscheinlich darüber, daß er sich jetzt mit diesen Leuten rumtrieb. Schacko kam von der anderen Seite, gegenüber den Polizisten, die sich unvorsichtigerweise trotz ihrer Traglast mit Utzers Trupp anlegten.
Er hätte eigentlich abhauen sollen, jetzt, da die Anwesenheit der Leute, die, unter anderem, hier waren, um ihn zu jagen, sich so erfreulich grell und lärmend auswirkte. Dummerweise hatte Schacko beschlossen, keine Angst mehr haben zu wollen. Er trug was bei sich, das war das Ungünstige. Sogar zweierlei: was zum Verkaufen und was zum Sichschützen. Das erste hatte er noch in seinem kleinen Lager gehabt, im Wald vergraben, das zweite hatte ihm
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