Für immer in Honig
kostentreibend ausgebildete, investitionsfressend vorformatierte Arbeitskraft verkauft.
Länder auf niedriger Industrialisierungsstufe, die ihre Bodenschätze losschlagen müssen, sind dabei schon halbe Bettler, denn weil sie weniger produktiv sind als ihre Abnehmer, diktieren die ihnen, soweit »Tausch« vorliegt, ganz schön schräge Preise. Ein Hochproduktiver könnte einem Hochproduktiven ganz andere Bedingungen stellen. Daß das nicht drin ist, kapieren autoritäre Drittweltregimes ungern; hier suchen wir, falls uns so was interessiert, mit guten Erfolgsaussichten die Wurzel der ansonsten kaum besonders spannenden Ölkriege des letzten Millenniumsübergangs. (…)
Zweitens: die Klasse der Besitzlosen – das heißt nicht, daß sie keine Zahnbürste haben, sondern daß sie nicht selber herstellen können, was sie zum Leben brauchen, daß sie nur einen über Kauf und Verkauf geregelten Zugang zu Informationen über ihre Lage haben, daß sie nur soviel Medizin abkriegen, wie sie finanzieren können – direkt durch Kauf oder indirekt durch Besteuerung und ähnliches –, daß sie sich nicht (Europa) oder nur im Rahmen ihrer Vermögensverhältnisse (Amerika) bewaffnen können … und so weiter.
Was sie statt dessen können, ist dreifaltig: sich verkaufen, betteln und / oder stehlen. (Na gut, Selbstmord und Kamikaze stehen ihnen ebenfalls offen, aber mal im Ernst … schon das Betteln und Stehlen wird mit Recht nicht als aussichtsreich empfunden, wenn solche Wege überhaupt eingeschlagen werden, sind sie meist nicht sonderlich stabil.)
Der Preis des Sichverkaufens verfällt – nicht absolut natürlich, obwohl in krisenhaften Zeiten, wenn die Geldvermehrung auf Besitzendenseite nicht recht klappen will, auch direkte Lohnkürzungen vorkommen, aber relativ: Der Abstand zwischen dem Gesamtreichtum und dem Anteil, den die Verhexten noch daran haben, wird immer größer. Die Menschheit, heißt das, wird immer reicher, du selber aber wirst es nicht oder wenn doch, dann so viel langsamer als die Menschheit, daß man objektiv sagen muß, du verarmst. (…)
Wir schicken seit Jahrzehnten Bastelroboter zum Mars und demnächst ein größeres Kontingent vermögender Auswanderer, aber die Verhexten sterben an peinlich überflüssigen Krankheiten. Wer ganz am Arsch ist, ernährt sich von Abfall. Das ist allerdings seit Einführung des Recycling auch schwieriger geworden.
Wie schön war demgegenüber das Dasein des antiken Sklaven! Der stand noch außerhalb der Konkurrenz, ein moderner Verhexter aber steht mittendrin und kriegt alle Schwankungen ab. So funktioniert Fortschritt unter privateigentümlichen Vorzeichen häufiger: Die Abschaffung der Sklaverei war eben eine erfreuliche Sache auch für Besitzende, weil sie sich, sobald profitgesteuerte Konkurrenz der Motor des gesellschaftlichen Gesamtprozesses wird, nicht mehr rechnet, denn man muß den blöden Sklaven auch füttern, wenn er nix zu tun hat. So kann der Sklave also ein besseres Leben führen als der moderne Verhexte, aber letzterer gehört dafür einer höheren Entwicklungsstufe an, feiner Trost. (Ganz im Ernst: Der Reichtum der Gesellschaft ist ja immerhin insgesamt größer, das schafft immer auch Aussichten.) Der Sklave muß hoffen, daß jemand die Sklaverei aufhebt, wird dadurch aber Proletarier. Als solcher kann er sich nur befreien, indem er die Voraussetzung der Konkurrenz aufhebt und die Klasse, der er gehört, mitsamt der, zu der er gehört. Eigentum (der Verf. erinnert: nicht Zahnbürsten, sondern Produktionsmittel) ermöglicht Konkurrenz, Konkurrenz schafft Reichtum und Monopole, Monopole schaffen ebenfalls Reichtum und mitunter auch wieder Konkurrenz. Umgekehrt gefährdet und stützt der Reichtum das Eigentum zugleich. Wenn man das ganze Ding ändern will, geht das eigentlich nur auf zwei Arten: Man schafft den Reichtum ab (Weltuntergang) oder das Eigentum (Revolution).
Wenn der Verf. überlegt, was er so alles gesehen und erlebt hat, kommt es vielleicht zu beidem. Die Reihenfolge wäre dann allerdings doch wohl das Entscheidende.
7 Weltuntergang: Man soll das nicht abtun, es kommt tatsächlich vor.
Der letzte Weltuntergang, den die Geschichte kennt, lange vor unserem akuten, betraf die Welt noch als flache Scheibe. Halb barbarische Länder, unterwegs nach Fortschritt, wurden aus ihrer Abschließung rausgerissen, kauften die billigeren Waren der Engländer, ihre Manufakturen gingen ein, Indien, China: Die Gegenden blieben bestehen,
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