Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
Vom Netzwerk:
gebracht?«
    Sie war jetzt richtig wütend, wußte wohl selber nicht, warum, und Andy fiel auf: Stimmt, wir streiten in letzter Zeit öfter, und ihr Kind vernachlässigt sie auch, das läßt sie von Cola und Doktor Rock er- und verziehen, ich weiß ja wirklich nicht.
    »Na? Was hat’s gebracht? Komm, sag’s mir!« insistierte sie giftig.
    »Wie, was hat es gebracht? Ich weiß jetzt, daß niemand glaubt, W-Sein hätte was mit Mutation zu tun.«
    »Und weißt du auch noch, warum das niemand glaubt? Dieses ganze Zeug, diese ganzen Scheißbücher über mikromolekulares Bla auf deinen dreitausend Nachttischen der letzten drei Jahre?«
    »Nein, schon recht. Das habe ich alles … da bin ich durch, diese Brücken habe ich verbrannt, sobald ich drüberspaziert war.«
    »Und woher weißt du dann, daß du nichts übersehen hast, zum Beispiel?«
    »Ich habe mit den Leuten geredet, okay? Denen von Sagai, und mit Jeannes Team aus Chicago, und sogar denen von deinem Stecher, dem großen Carl, diesen Bayerfritzen, Wissenschaftlern …«
    »Und hättest also die Bücher nicht gebraucht.«
    Ach leck mich, dachte er, und sagte nichts mehr.
    Nicht leicht zu erzählen, was nach diesem Streit mit Andy geschah.
    An seinem Buch schrieb er jetzt jeden Abend, das veränderte ihn sehr: »There has never been a good biography of an author. He’s too many people if he’s any good«, las er darüber bei einem seiner Lieblingsschriftsteller Fitzgerald, in dessen Notebooks. Danach notierte er in seinen eigenen: »Worüber ich schreiben möchte: Meine Wunde auf der Brust tut nicht mehr weh, ich träume von Drachen und Wasser, meine Heimat ist wahrscheinlich sogar in Valeries Armen, aber ich kann Valerie nicht mehr leiden und schlafe bei Jeanne. Meine erste Liebe nannte ich ›Fette‹, aber alles, was mich erklärt, ist zu lange her, als daß ich noch mal wirklich wieder ›ich‹ werden könnte. I’m too many people.«
    Südfrankreich war ihm inzwischen verhaßt: die Villen, die Auffahrten und Wespen-Hubschrauberlandeflecken blendeten ineinander, Weinstöcke, Zitronen- und Eukalyptusbäume, Rosenblätter, Rotorblätter.
    Einmal kam sein geliebter Carlo zu Besuch, aber es war nicht mehr wie früher. Der Italiener hatte sich in Bangkok eine dieser gemeinen neuen Krankheiten gefangen. Chemikalien, die Rankes Konzern herstellte, hielten ihn am Leben. Er sah schrecklich aus, blaue Adern, durchsichtige Schläfen.
    Das luxuriöse Leben als Korsar, fand Andy, wurde jetzt schnell alt.
    Ich bin ein Wunder: zwischen Blumen
Ich bin ein Zauberer: wer außer mir
entzündet den kühlen Kopf mit Rauch?
    Manchmal gab es dennoch seltsam Schönes zu sehen: Valerie mit lila Schal nackt am Pool, verliebt in ihren reichen Affen, der daneben lag, dösend, und Andy, der beim Schreiben aus dem Schlafzimmerfenster auf sie hinuntersah, fast verzeihend, beinah liebend.
    Dann schrieb er: »Das ist mein soundsovielter Sommer hier, ich muß raus, ich muß los. Niemand hier wird mich vermissen, höchstens die Tiere, Tauben, Hasen, Papageien.«
    Er ahnte nicht, daß Cordula mit Valerie und ihm sehr bald was vorhatte. Denn ihre Kundschafter wußten jetzt, wo die meistgesuchte Person der Welt sich befand. Cordula würde sie dort wegholen, mit Valeries und Andys Hilfe, und dann würde eine neue Runde anfangen.
    David Josua spielte mit den Tauben, den Hasen, den Papageien, den interessanten Erwachsenen: eine behütete Waise des Widerstands gegen den Tod. Einmal schrieb Andy: »Ob ich vielleicht doch der Vater bin?«
    Dann riß er die Seite aus seinem sechzehnten blauen Heft, faltete sie zusammen und warf sie in den Müllvernichter.
    Ich bin ein Berg: wo Dichter wandeln
Ich bin ein Eber: unbarmherzig und rot
Ich bin eine Welle: Verhängnis drohend
    Jetzt schrieb Andy etwas Kühleres, Klareres auf die neue Seite: »Vor dem Totentanz Monopolisierung am weitesten vorangeschritten in der Luft- und Raumfahrt-Industrie: Boeing hatte Anfang des neuen Jahrtausends 50 Prozent des Weltmarkts für diese Sachen im Sack, das Airbus-Konsortium (Europa) die andere Hälfte. Was folgte? Wo stehen wir?«
    Ich bin eine Flut: die in den Tod zieht
Ich bin ein Kind: wer außer mir
Späht aus dem klobigen Dolmentor?
    8  Valeries Augen waren geschlossen, ihre Wangen rosa und erhitzt, sie freute sich auf das, was als nächstes kommen sollte, obwohl sie nicht wußte, was es war.
    »Na schön, jetzt kannst du gucken«, sagte Cordula.
    Valerie öffnete die Augen und sah eine rubinrote längliche

Weitere Kostenlose Bücher