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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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japste: »He, paß mal bitte auf, wo du …«
    Jennifer Brunner hustete Blut und dachte: Ach du lieber Dreck, ich weiß, wo wir hinwollen.
    Dann war der Bus da. Braun rief durchs rechte Fenster, dessen Scheibe geborsten war: »Kommt, steigt ein, wir müssen los.« Valeries Messer schwirrten libellenartig nervös über der Lindenstraße, stießen vereinzelt auf die Miliz nieder wie Bussarde. Stimmen, Hände, Griffe, Hilfe: »Andy Scheiße weg jetzt da, ich kann so nicht …«
    »Lad die Frau vorsichtig ein, laß sie hier unten mit der … hier … Moment, ich nehm’ die Beine ach verdammt halt doch fest Mensch!«
    »Ich, wohin soll ich?«
    »Keine Panik, Judith. Du hast das gut gemacht, sehr gut, vielen Dank, wirklich. Atme. Atme durch. Guck nicht da hin. Bela zündet gern Leute an. So isser halt. Atme. Gut. Eins. Zwei. Drei. Siehste? Jetzt steig ein. Valerie! Hör auf mit dem Scheiß!«
    »Ich will bloß meine Messer wiederhaben.«
    »Na gut, aber …« Schwpp, schwpp, das war ein Schnitter, der hieß Tod.
    Mächtig ärgerte sich das Geschrei.
    Weit weg die Schüsse, nicht wie an Silvester, eher ein abgehacktes Husten: pkk-pkk-pkk.
    Dann fielen laut die Flügeltüren zu und Doc Rock trat aufs Gas. Oben über Jennifers flackernden Augenlidern hing eine Flasche von der Decke, da war Kochsalzlösung drin. Andy stach ihr einen Zugang: »Oh äh Mist, ich … tschuldigung«, denn der erste Versuch ging daneben, weil das Auto so stark schlingerte.
    Man fuhr mit absurdem Tempo rechts ab, in die Oranienstraße. W Bela und Cordula saßen vorn bei Braun, der eine blitzte, die andere schoß mit einer Luger in Laden- und Restaurantfenster, auf Autos, Patrouillen, vereinzelte Zombies am Bürgersteig.
    Dann traf Andys Nadel Jennys Vene: »So, na bitte, jetzt ist das o.k.«
    Jenny wollte was sagen, vielleicht erst mal danke, aber Valerie setzte sich neben sie auf die Liege, nahm ihren Kopf in den Schoß, strich ihr das verklebte Haar aus der Stirn und sagte: »Nicht reden. Wir fahren weg, wir fahren zum Ausgang.«
    »Ausgang, was für ein Ausgang?« fragte am linken unteren Rand von Jennifers Gesichtsfeld Judith Neumann, bleich wie ein Bettlaken.
    »Der Ausgang aus der Stadt. Der Bus setzt uns ab. Bela und Doc fahren dann … einen eigenen Weg, aber Cordula, Jenny hier, Valerie und du und ich, wir nehmen den Fahrstuhl, wenn ich Cordula richtig …«
    Eine Erschütterung warf den Wagen in die Höhe. Er federte nicht besonders gut, als er wieder auf die Straße fiel, die Reifen grunzten, statt wie im Kino geil zu quietschen. Jennifer schnappte nach Luft, etwas krachte aufs Dach. Valerie hatte ihr Lieblingsmesser, Cordulas teures Geschenk, jetzt in der Hand, die andern lagen eng am Körper an, in Halftern. Die Messerfrau rief: »Auf dem Dach! Es ist einer auf dem Dach! Haltet sie fest!«
    Andy griff nach Jennifers Armen und beugte sich zum Schutz über sie. Ein blechernes Ratschgeräusch, ein Schrei von Valerie, die sich aufrichtete und hastig nach oben stach. Durchs Dach fiel plötzlich Licht, ein Schlitz, ein Spalt. Jennifer wurde ohnmächtig.
    12  Hey, was soll’s, Universität, Gymnasium – es war sowieso nie mehr so schlimm wie vor der Grundschule. Die hab ich wirklich gefürchtet, da dachte ich wirklich, das packst du nicht. Es gab für mich ’nen Eignungstest, das war mit irgend so einer Frau, die nicht zur Schule gehörte, nicht o ffizi ell jedenfalls, und da mußt’ ich auf einer Linie gehen, was ich in meinem Alter nicht konnte irgendwie, und die Frau hat dann festgestellt, daß ich irgendein grobmotorisches Problem hatte, ich weiß nur noch: »Ihre Tochter ist so veranlagt, Frau Brunner, die ist so veranlagt.« Das war dann für mich das schlimmste Wort überhaupt: veranlagt, hoffentlich kriegt keiner raus, daß ich veranlagt bin. Da hatte ich tierische Angst, daß ich nicht in die Schule darf, ich durfte aber trotzdem in die Schule, weil ich wohl ziemlich intelligent war, hab aber trotzdem Angst gehabt, weil ich doch so gern in die Schule wollte.
    13  Der Vorplatz, auf dem Jennifer zu sich kam, war nichts als Krach und jähe Flammen. Der Bus stellte sich quer zu den zwei Dutzend Angreifern, da kam ein straffes Kommando von der S-Bahn-Station her auf Motorrädern rangefahren, angeführt von W Amanda, der Frau, die Judith auf Steckbriefen in ihrem Viertel gesehen hatte. Die Helfer hackten mittenrein, Sturmtruppzombies fielen links und rechts in den Matsch, mit Messern in den Stirnen oder schmorend, von Bela

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