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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Nägelbeißer, den ich je gesehen habe, mit dem läßt man sich besser auf nichts ein. Kreuzer war hochgewachsen, schlank, fast dürr, mit dichtem, kurzrasiertem, schwarzem Haar, schmalen Augenbrauen, einem Gesicht voll tief eingekerbter vertikaler Linien, vor allem um Mund und Nase, einer hohen Stirn und klaren blauen Augen, wahrscheinlich jünger als die entschlossenen Fünfzig, nach denen er aussah.
    Kreuzer reichte Cordula die Hand und drückte, genau wie sie, fest zu. Seine Stimme war kehlig, rauh, er sprach leise, nachdrücklich und machtbewußt: »Bist feist geworden, Späth. Die vielen Gala-Abend­essen tun dir gar nicht gut.«
    »Man frißt sich so durch, Genosse Kreuzer«, erwiderte Cordula kokett. Dann nickte sie den beiden finster dreinblickenden jungen Frauen zu, die hinter Kreuzer ins Modul gekommen waren, eine blond, mit streng nach hinten gekämmtem, im Pferdeschwanz zusammengebundenem Haar, eine mit kurzen nougatbraunen Stoppeln, beide wie Kreuzer von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, mit weichen Ballettschuhen an den Füßen.
    Klar, dachte Judith: Wenn man dauerhaft im Weltraum wohnt, hat man keine Verwendung für Springerstiefel oder Schnürschuhe. Die Blonde sah mißbilligend Valeries viele Messergurte und -riemen, Andy fiel auf, daß weder Kreuzer noch die zwei Frauen bewaffnet waren. Als die Schleuse sich hinter den Neuankömmlingen selbst verriegelte, veränderte sich die Stimmung im Zwischendeck, etwas unausgesprochen Unfreundliches stand gespannt zwischen den zwei Parteien. Kreuzer bewegte sich sehr sicher, drehte sich mit minimalem Körpereinsatz erst hierhin, dann dorthin, um Cordulas Gruppe zu begrüßen, gab jeder und jedem die Hand. Vor Lena, die ihn nicht besonders interessiert, fast abschätzig maß, senkte er kurz den Blick und sagte knapp: »Frau Dieringshofen«, als wollte er ihr bedeuten, daß er bereit war, ihrem Genie den schuldigen Respekt zu erweisen, obwohl ihm der halbe erdnahe Weltraum gehörte.
    Die beiden Begleiterinnen verzichteten aufs Händeschütteln.
    Als Kreuzer bei Jennifer Brunner angelangt war, geschah etwas Merkwürdiges.
    Sie stellte sich vor: »Jennifer Brunner«, und in seinem Blick änderte sich was: Ahnung, Erschrecken? Er hatte, was immer es war, gut im Griff, sagte nur: »Angenehm«, aber Andy hatte gelernt, kleinste Stimmungsumschwünge bei Leuten dieses Kalibers zu beobachten: Er war überrascht, etwas paßte nicht in seinen Plan, und das gefiel ihm nicht. Jennifer schloß die Augen, hielt die Hand fest, die Kreuzer hatte zurückziehen wollen, lächelte und sagte: »Ah. Ah ja. So ist das also.« Dann erst ließ sie ihn los.
    Ehe noch jemand etwas zu der unbehaglichen Szene sagen konnte, warf Cordula eine Spur zu laut ein: »Schön, dann legen wir die Karten mal auf den Tisch.«
    Kreuzers Adjutantinnen wechselten einen nervösen Blick, Kreuzer räusperte sich, sah Cordula an und sagte: »Gut. Zum Transfer.«
    Cordula schwieg und setzte eine treuherzige Miene auf. Kreuzer fuhr fort, staatsmännisch und businesslike: »Wir können es im Paket machen. Alles, was Frau Dieringshofen rausgefunden hat, könnt ihr uns auf den Rechner im Shuttle funken, die Verschlüsselung läuft vom hiesigen QC aus automatisch, außerdem ist das Signal schwach genug, daß kaum ein terrestrischer Lauscher es mitkriegen könnte. Ich nehme an, die Anwesenheit von Jennifer Brunner«, er nickte, ohne Jenny anzusehen, gönnerhaft in ihre Richtung, »ist die Bonus-Überraschung, die man mir angekündigt hat. Wir kriegen also offenbar auch die Stegano-Daten, was sehr …«, er lächelte Cordula zweideutig an, »… großherzig ist von dir, denn so kann ich meine Leute auf der Erde direkt zu den alten Bunkern schicken. Ich denke, in zwei Wochen haben wir das Weltraumwaffenplattformsystem im Griff und können, so abgesichert, endlich mit unserem Umsiedlungsprojekt fortfahren. Zum Dank überweisen dir die verbliebenen irdischen Holdings meiner Freunde den vereinbarten Betrag von …«
    »Laß stecken, Colin«, sagte Cordula liebenswürdig.
    Damit wurde es lebhaft im Modul.
    5  Andy hatte in drei Jahren Korsarentum häufig kippende Situationen erlebt.
    Er wußte, wie rasch Valerie dabei ihre Talente ausspielen konnte, aber diesmal hörte und sah er nicht einmal die Riemen sich lösen, die Knöpfe aufspringen, die Messer blitzen, als die Bratenspieße und Geflügel­trenner auch schon an den Hälsen der Eskorte Kreuzers lagen. Die beiden Frauen wirkten wie blindgeblitzt, ihre Hände

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