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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Fäkalienauffangbehälter, Fußhalterung, topmodernes Design. Das hat die blöde ISS bestimmt nicht. Daß sich die Amis dar auf überhaupt eingelassen haben damals, mit den verschnarchten Eu ro­päern zusammen eine …«
    »Spotte nur nicht über die European Aeronautic Defense and Space Company, vorlauter Knabe!« hörten sie Cordulas Stimme aus dem Schacht, gefolgt von den ihnen allen inzwischen vertrauten Geräuschen der Fortbewegung im Modul per Abstoßen, Greifen, Abstoßen.
    Valerie grinste. Eine Orange hing an gar nichts mitten im Raum, eins von Valeries Messern drehte sich um sie, schnitt die Schale in einem einzigen Streifen ab, es sah sehr hübsch aus.
    »Angeberin«, sagte Cordula und glitt aus der Verbindungsröhre in den Raum.
    »Ich möchte hierbleiben. Hier wohnen. Oder auswandern, zu den Sternen«, sagte Andy halb im Ernst. Valerie machte ein obszönes Ge­räusch, aber Cordula erwiderte ungewohnt ernst: »Die Sterne mal beiseite gelassen, wirft die menschliche Physiologie und Biologie schon für kürzere Abstecher wie diesen, Planetentouren, Orbitalreisen, weiß Gott genügend Probleme auf.«
    »Zum Beispiel?«, Andy klang beleidigt.
    »Die Anreise. Damit geht es los, wenn man nicht so ein unorthodo xes Transportmittel zur Verfügung hat wie wir. Die Beschleunigung der Trägerrakete beim Start kann Blutergüsse und Schlaganfälle verursachen. Sogenannte Sonnenwinde und die harte Strahlung kosmischer Teilchenschauer, vor denen uns Erdenbewohner das Magnetfeld des Planeten und seine Atmosphäre schützen – so daß wir nur etwa ein Fünftel Rem derartiger Strahlung pro Jahr abbekommen –, kann im Leerraum auf Hunderte von Rem anwachsen, mit sagen wir: wenig erholsamen Ergebnissen von Übelkeit bis zur Krebserkrankung. Selbst die romantischen Effekte der Schwerelosigkeit oder des freien Falls eines Habitats in erst einmal geschickt stabilisierter Umlaufbahn sind in Wirklichkeit nicht halb so putzig wie bei Brian De Palma in ›Mission to Mars‹, wo dieser Astronaut schwebende Schokoladenbonbons zu einem DNS -Molekül arrangiert. Etwa die Hälfte aller Personen, die bislang im Weltall gewesen sind, leidet bald an einer Form von Raumkrankheit, die einige Tage Übelkeit und Erbrechen mit sich bringt, weil sich der Gleichgewichtssinn im Innenohr nicht an die neue Umgebung gewöhnen will. Die aufgequollenen und rötlichen Gesichter von Raumfahrern in den ersten Wochen ihrer Reise, die ihr jetzt auch bei euch feststellt, kennt ihr aus dem Fernsehen – sie rühren, ebenso wie die andauernd verstopften Nasenatemwege, daher, daß das Blut jenseits der Schwerkraft in größeren Mengen in den Kopf gepumpt wird als gewöhnlich.«
    »Andy sieht schon richtig fußballmäßig aus, stimmt«, spöttelte Va lerie.
    Andy maulte zurück: »Was willst du, mit deiner Orangenschälshow, erzähl mir nix, Schwerelosigkeit ist geil.«
    Cordula winkte ab: »Und überhaupt, der Körper ist auf kaum einer seiner äh … relevanten Funktionsebenen in der Lage, sich der Unbeschwertheit zu erfreuen. Die Nieren stimulieren zu mehr Wasserlassen, weil der angeregte Umlauf der Körperflüssigkeiten sie dazu verführt; wer aber nicht sehr viel trinkt, muß mit Dehydrierung rechnen.«
    »Urinschlauch, Andy, Urinschlauch«, Valerie drohte mit ausgestrecktem Zeigefinger.
    »Bist ja nur neidisch. Ein Mädchen, tja! Urinschlauchneid!«
    Cordula dozierte ungerührt weiter: »Die wichtigen Muskeln der Extremitäten atrophieren auf längeren Reisen. Und das Herz, das ja auch nur ein Muskel ist, schrumpft nach einer Weile um bis zu zehn Prozent – es sei denn, der Weltraumurlauber trainierte täglich mehrere Stunden lang im Hamsterrad. Zu all dem Ungemach kommt der wissen schaftlich bis jetzt nicht recht aufgeklärte Kalziumabbau in den Knochen, der Urin spült diesen Stoff anscheinend mit der Zeit weg. Brüchig, ächzend, herzkrank, klapprig und mit Nierenleiden: So wird das, dein cooles Leben hier draußen.«
    »Und was ist dann mit diesem … Colin Kreuzer und seinen Typen? Wohnen die nicht in irgendwelchen … Habitaten auf halber Strecke zwischen Erde und Mond, hab’ ich dich das nicht mit dieser …«
    »Lena Dieringshofen«, half Cordula.
    »… besprechen hören?«
    Die Frau mit den weißen Haaren sah aus dem Fenster in die schöne Leere und sagte: »Hmpf, siehst du … das eben ist der Punkt: Colin meint es ernst, richtig ernst. Und die bei ihm sind, meinen es auch ernst. Sie werden sich verändern, sie planen auf Generationen.

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