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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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ist. Sie hat mich öfter mitgenommen, hat viel Geld für Fahrten und Flüge überallhin gehabt, und manche dieser Reisen werden wohl ernste Geschäftsgeschichten gewesen sein. Jedenfalls kamen mir die Leute, denen wir begegnet sind, in Cafés unter Palmen am Rand von Tel Aviv, auf der Hotelterrasse in Jaffa, an einem See in Norwegen, nördlich von Arendal und später in einem großen weißen Holzhaus in Froland – diese Leute kamen mir häufig wie ihre Kolleginnen und Kollegen vor, irgend so was … Vertrautes, aber Distanziertes war da dran. Komische Menschen. Dieses Mädchen namens Rosenberg in Jaffa. Oder der Italiener, den wir in London getroffen haben – der hat mich später angerufen und mir ausgerichtet, daß er Lena begegnet ist, sie ist wohlauf, hat er gesagt, ich soll mir keine Sorgen machen. Ach und der seltsame Österreicher mit der John-Lennon-Brille, der immer so leise gesprochen hat – das war in Zürich gewesen, glaube ich. Ja, und dann der Asiate, der uns mit seinem Boot in der Kittelsbukkt von Arendal abgeholt hat und mit uns zur Insel Merdö gefahren ist – der hat mich freundlich angeguckt, und dann hat er Lena gefragt: »Ein Weißer, ein Rocker, ein Deutscher – du hältst nicht viel von Langeweile, was?« Das habe ich überhaupt nicht gemocht, und auch nicht richtig verstanden, diese Bemerkung, ich meine, was soll das? Und dann später gab es da ja eine Mordsaufregung auf diesem Boot, da haben sie sich dann gestritten, der Mann hat angefangen, rumzubrüllen (…) zum Beispiel: »So you think you can just rediscover these theorems and claim them as your discoveries, because your proofs and lines of reasoning are so flamin’ different? You have no idea what forces you’re dealing with! You rank, arrogant amateur … Branching away from mathematics as we know it, creating a new world beyond … I don’t know …«, und Lena hat böse gelacht und zurückgeschrien: »Beyond frickin’ Plato! Yeah! Jesus Christ, will you look at me: I’m only articulating what’s already there, it’s implicit. Fuck you .«
    »Worum ging’s da?« frag’ ich sie abends in der Koje, und sie winkt nur erschöpft ab und sagt: »Manche Leute wollen nicht aufwachen. Die schlafen den Schlaf weiter, der schon Tausende von Jahren andauert, und ich werde auch langsam müde darüber. Der älteste Krieg ist der zwischen denen, die was machen, und denen, die daran schmarotzen. Wer behauptet, es gäbe ewige Formen, will Leute versklaven, die neue Formen erfinden können. Schon mein Deutschlehrer hat mir beim Abi eine schlechtere Note gegeben, als er selber für angemessen hielt, mit der Begründung, die Zweitkorrektoren würden sie ja doch nur runtersetzen – hüte dich vor solchen Freunden, Mark. Vor Vermittlern. Ich bin Mathematikerin geworden, weil das ein Ausweg ist; man schafft neue Formen und sichert sie gegen die Feinde von der platonischen Partei ab, indem man ihnen plausibel macht, daß die neuen Formen ewig halten werden.«
    Ich habe einfach nicht verstanden, was da los war. Ich bin stundenlang wach gelegen, immer und immer wieder, und mein einziger Trost war Lenas gleichmäßiger Atem – da hat sie wenigstens mal richtig geschlafen, nach solchen Treffen.
    »Nein«, sagte Reuland bekümmert, »der arme Kerl hat wirklich keine Ahnung. Der spielt uns nichts vor.«
    »Was sollen wir also mit ihm machen? Laufenlassen?«
    »Damit er der Polizei oder, noch schöner, Späth in die Hände fällt? Damit sie wissen, daß wir nichts wissen, und daß wir alles rauszukriegen versuchen? Ich glaube nicht. He he he. Nein, es …«
    Er zog die Brauen zusammen, stellte sein Glas ab, sah aus dem Fenster auf den schwarzen Schatten des angeleuchteten EZB -Turms, »… es hat keinen Sinn. Leider. Standardlösung – und zwar so, daß nie jemand erfährt, was mit ihm passiert ist.«
    Der Mecklenburger salutierte und verschwand ohne ein weiteres Wort aus Reulands Wohnung. Das Papier glitt dem General aus der Hand. Die Blätter schwebten zu Boden. Reuland kippte lasch zur Seite und war keine drei volle Atemzüge später auch schon eingeschlafen.
    2  Der rochenförmige schwarze Stealthjäger traf wie vereinbart pünktlich um fünf Uhr morgens auf dem Rollfeld 6 des Südlondoner NATO -West-Flughafens ein, um Reuland abzuholen.
    Der Pilot war ein W, silberne Haut, kein Mund, sehr flache Nase, alles erinnerte Reuland an die Außerirdischen, die sich Hollywood und irgendwelche Roswellverrückten im letzten Jahrhundert ausgedacht

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