Für immer in Honig
hatten. Das Flugzeug hatte nur für einen weiteren Passagier Platz. Reuland hatte das erwartet – als der Mecklenburger ihm beim Einsteigen half und seine Skepsis betreffend dies Arrangement laut genug äußerte, daß der W es hören konnte, lachte der General ein kurzes trockenes Lachen und sagte: »Schon gut, Junge, ich mach’s alleine, wie Späth das gewollt hat. Sie wird mich schon nicht fressen. Ich bin bald wieder da – kann’s sogar verstehen, daß sie mich alleine treffen will. Unsere Beziehungen waren schon mal besser, he.«
Der knapp zwanzigminütige Flug über Land und Wasser – Reuland erriet richtig, daß es nach Irland ging, in den Westen des Landes – war ereignislos. Man schwieg.
Der Oberbefehlshaber des größten landgestützten Heers der westlichen Hemisphäre hing wolkigen Gedanken nach: Irland – wird die Musikantin auf ihre alten Tage zur keltischen Mystikerin? Hätte er gewußt, daß der Treffpunkt, zu dem ihn Cordula fliegen ließ, weniger als eine Fußgängerstunde weit weg vom Versteck der Frau lag, die er fangen und als Pfand gegen Späth hatte benutzen wollen, wäre ihm das einmal mehr Anlaß gewesen, Späths Frechheit widerwillig zu bewundern.
Das Flugzeug landete schaukelnd-schwebend und senkrecht, eine schwarze Aschenflocke auf dem grünen Gras rings um das halbe Steinrondell, vor dem Späth und ein sehr großgewachsener Mann, der nur mit einem Tuch um die Lenden bekleidet war, auf den General warteten.
Dreißig Schritte vom Treffpunkt entfernt endete die westirische Küste, es ging zwölf Meter tief steil nach unten, wo die Brandung rauschte. Reuland dachte: Hart am Rand, so hab ich’s gern. Als er aus der Maschine gestiegen war, hob sie recht leise wieder ab, und Reuland fiel ein, daß er sich das Flugzeug vielleicht doch etwas genauer hätte ansehen sollen: Haben wir solche Dinger eigentlich, oder ist das ein modernerer Typ, und wenn ja, warum hat die Partisanenchefin dann eins, und ich nicht? Späth und der fast nackte Langhaarige mit dem langen Hippiebart standen unbeweglich im Brennpunkt der Steinanordnung, kamen nicht auf ihn zu.
Die Musikantin schien zu lächeln, der Jesustyp hatte die Augen geschlossen.
Es war nicht übertrieben warm hier. Späth trug einen schwarzen Ledermantel, der General knöpfte seinen eigenen forstgrünen im Gehen bis zum Kragen zu und nahm jetzt an, der Lendenschurzträger mußte wohl ein W sein, wenn er bei dieser taunassen Klirrkälte nicht bibberte.
Reuland fühlte sich schwer und grau, sein Mantel kam ihm bleiern vor, und sein Gesichtsausdruck war folglich nicht grundsätzlich verschieden von der Anmutung der umgestürzten Steinbrocken, die wie gewaltige graue Styroporriegel im Halbkreis auf dem Grasmeer schwammen. Der General seufzte und stapfte voran, kickte gelegentlich etwas heftiger als nötig in den sanft atmenden Boden und stand schließlich schnaubend und grimmig vor Späth.
»Wer ist der da?« ruckte er mit dem Kopf in Richtung ihres Begleiters, ohne ihn anzusehen.
»Ein Engel Gottes«, erwiderte Späth nüchtern.
»Gottes«, wiederholte Reuland bissig.
Cordula blinzelte, hob die rechte Hand – will sie mir jetzt die Pranke drücken oder was soll das sein? – und winkte ab: »Na ja, nicht der Gott. Und ein Engel ist mein Freund hier eigentlich auch nicht. Aber für einige monotheistische Sekten auf diesem Planeten ist der Absender dieses … Päckchens, das hier steht und aussieht wie ein Mensch, tatsächlich das höchste Wesen des Universums – die Konstellation, die wir die Plejaden nennen, wo er herkommt, schien den geheimen Astronomen der geheimen Lehren des echten, verborgenen judeochristlichen Sy stems die zu sein, um die alle bekannten sonstigen astronomischen Systeme sich bewegen – die Sterne jener Gruppe hielt man für die Heimat von JHWH . Einigen höchstpriesterlichen Autoritäten, zum Beispiel solchen in Rom, war’s gar nicht recht, als der Bibelforscher Rutherford, dessen Organisation später als ›Zeugen Jehovas‹ auftrat, die Geschichte ausgeplaudert hat. Stimmt’s?«
Sie wandte sich an den blassen Engel, und der sagte mit voller, wohlklingender Stimme, die sich für Reuland anhörte, als habe sie mehr als eine Klangschicht, als wäre sie ein bißchen zu laut und zu gut abgemischt, um aus einem leiblichen Wesen zu kommen: »Aloma, schöne, geliebte, betrachte den westlichen Himmel. Siehst du den hellsten jener celestialen Gruppe, ein Stern so hell und zärtlich wie deine eigenen Augen? Dort habe ich
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