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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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auf – ich muß in die Küche, ich brauche ein Brotmesser oder so was – und dann, als die Stimme beherrscht, aber dringlich weiterredete, erkannte sie, wer das war, wer das nur sein konnte, und daß die letzte richtige Unterhaltung zwischen ihr und dieser Frau vor einem Lustrum im erdnahen Orbit stattgefunden hatte.
    »So ist es. Ich bin Jenny Brunner. Lena, es tut mir leid, daß ich Sie verwirrt habe, auch daß ich im Hubschrauber erst Freddy war und erst jetzt ich bin – diese Typen fliegen lieber einen Mann als eine Frau, sie denken – na, egal.
    Außerdem tröste ich mich manchmal einfach damit, Freddy zu sein – er ist tot, wissen Sie. Eine beschemselte Landmine hat ihn erwischt, vor vielen Jahren. Aber das brauchen Sie alles gar nicht wissen.«
    »Was wollen Sie?« rief Lena verärgert, nicht zuletzt deswegen, weil die Allwissende jenseits der Tür ohnehin jeden ihrer Gedanken, wo immer sie war, bereits kannte, und sie deshalb gar nicht hätte rufen brauchen.
    »Nein, das stimmt so nicht, Lena. Allwissend? Schön wär’s. Ich bin viel besser geworden in dem, was ich mache, seit dem Totentanz, das stimmt, aber ich muß durchaus Teil des … lokalen Systems sein, um Informationen dieser Art … Ich bin keine Gedankenleserin, nicht wirklich. Es ist nur so, daß Denken eine elektrochemische Aktivität des Hirns ist, die Spuren, wenn auch sehr kleine, in der Luft und anderen Medien hinterläßt, Spuren, die ich …«
    »Was wollen Sie von mir?«, Lena war jetzt wirklich sauer und panisch.
    »Ich will Ihnen erklären, daß Sie sich geirrt haben. Sie wissen, daß Cordula damals von mir erfahren hat – ich konnte es nicht geheimhalten, sie besitzt … ähnliche Fähigkeiten wie ich –, wo die Discs waren, mit den steganografischen Angaben zum Satelliten- und übrigen weltraumgestützten Waffennetz der alten USA . Die Äquatorialorbiter, die Kreuzers Späh-Shuttles und Astro-Sensoren nie gefunden haben, zwischen 9 0 ° und 12 0 ° West überm Äquator, die Wächter über Eurasien, die polaren Zwerg-Kampfsterne, die NASP -Hangars, die SHARP -Plattformen, die Neutronenstrahl-, Röntgen- und Mikrowellenwaffen, die kurz- und langwelligen Laser, die High Endo-Atmospheric Defense Interceptors, dieses ganze Zeug – Cordula hat Zugang, auf allen Ebenen. Sie haben angenommen, weil Späth das durchblicken ließ, sie würde diesen ganzen Wahnsinn den USA anvertrauen, Rückgabe sozusagen. Der Präsidentin. Die Bunkerstandorte mit den Superservern drin …«
    »Aber das ist nicht passiert.«
    »Nein. Das ist nicht passiert. Sie hat die Informationen für sich behalten. Dadurch hat sie mehr Unsicherheit als Sicherheit erzeugt – was versteckt wird, kann gestohlen werden, im Gegensatz zu etwas, das man mehreren verraten hat. Alle waren hinter dem Wissen her, alle. Lena, ich habe keine Zeit, in zwanzig Stunden, spätestens, ist Showdown in Florida. Ich muß Sie da hinbringen, sonst machen zwei Parteien, die wir, in Kindersprache, beide als ›die Guten‹ genausogut wie als ›die Bösen‹ kennzeichnen könnten, einander gegenseitig fertig, und uns alle mit.«
    Lena ging zur Tür und öffnete sie. Jennifer Brunner trug die Kleidung, die der Mann getragen hatte, der den Hügel hinuntergekommen war. Ansonsten sah sie nicht gut aus: übermüdet, entkräftet, unterkühlt.
    »Sie wissen natürlich schon, daß ich nicht mitkommen werde, wenn Sie mir das nicht noch mal vernünftig erklären?«
    »Weiß ich.«
    »Und daß wir nirgends hingehen, wenn Sie nicht vorher einen Kaffee mit mir trinken?«
    »Klar«, sagte Jennifer lächelnd. »Und ich weiß sogar, wo Sie die Filtertüten hingeschlampt haben. Ohne mich würden Sie die nie wiederfinden.«
    Lena Dieringshofen öffnete die Tür.
    6  Jetzt ging es ihm gut, er atmete flach, alles schwebte.
    Valeries Kopf lag auf seiner kühlen Brust, Schweiß verdunstete da, die alte Narbe war kaum noch zu sehen. Sie waren endlich nach Deutschland zurückgekehrt, ins Adlon, nach Berlin.
    »Glaubst du das, daß das so lange her ist? Wie wir Jennifer Brunner hier rausgehauen haben?« sagte Valerie, ein wenig befangen, vielleicht sogar ängstlich: Wie würde das sein, wieder in Deutschland, jetzt, nach der Befreiung der Städte, die nicht Reuland, sondern Cordulas W und eine verfranste Koalition von Widerstandsgruppen vollbracht hatten? Er sah, wie sie Davids Hand drückte, und spürte, wie sie mit seiner dasselbe tat. Der Junge – ich denke immer noch, er ist ein Junge, dabei ist er jetzt

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