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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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wirklich ein Mann, wunderte sich Andy – sah neugierig zum Fenster raus, seine Hand lag ruhig in der seiner Mutter. Was wir für eine verwilderte Familie sind, dachte Andy jetzt, und hörte Valerie beim leisen Atmen zu. Das hätte es vor dem Totentanz nicht gegeben: vom Inzesttabu mal ganz abgesehen – der Junge schlief inzwischen fast so oft mit Valerie wie Andy selber, allerdings selten allein, meist auf Partys, als wollte er denn doch allzu klebrigem Ödipustheater aus dem Weg gehen – Vagabunden, ungeklärte Blutlinie, bin ich der Vater oder nicht, who cares.
    Cordula hatte ein großes Wieder-in-Deutschland-Fest gegeben, in ihrer gigantischen Suite, eines der letzten Feste dieser Art wahrscheinlich: »Es fühlt sich alles an, als ob unsere besten Zeiten zu Ende gehen: die rauschenden Feste, die Drogen, das Kämpfen, das Kreuz-und-quer-Ficken. Als wären wir auf einer Art Schule des Überlebens gewesen, und die Abschlußprüfung … steht … bevor …«, murmelte Andy.
    Valerie antwortete: »Gmmpfha«, drückte ihre Oberschenkel gegen seinen rechten, legte ihre Hand auf seinen schlaffen Schwanz, den Sack. Das tat gut: Sie beschützt mich, dachte er wirr und schläfrig, behütet mich vor Nacht oder Wind und irgendwas, das mein Tod wäre.
    Die Musik war sehr laut geworden während der Orgie, die Frauen und Mädchen hatten sich auf die drei aneinander geschobenen großen Tische gesetzt oder gelegt, die Kerle außen rum. Schwänze – solche mit Säcken und buschige, hinten –, Brüste, schöne Ärsche: Es war alles wie immer, es würde nicht mehr lang so sein. Man lachte und grunzte, als wollte man noch mal erklären, warum man und daß man so lebte.
    »Nämlich gegen’s Sterben. Gegen die Zeit, die … das Schicksal … schickt … schmmm …«, brabbelte Andy, sein Mund war noch feucht von den Küssen.
    Schön war David geworden, schön und gerade und stark. Nachdem sie zusammen Valerie verwöhnt hatten, auf diesem großen Tisch, mit Sahne und Erdbeeren dekoriert, abgeschleckt, gevögelt, gestreichelt, dann von ihr gelutscht, bißchen geküsst, gebissen worden waren, hatte sich eine schöne brasilianische Shemale, mit herrlicher Haut, vollen Birnenbrüsten, frechem, weizenblondem Pony und stattlichem Schwanz, von David unter den Tisch ziehen lassen, auf arabische Kissen. David nahm die schnurrende, kratzwilde Schönheit von hinten, die Hände sehr respektvoll, irgendwie ehrerbietig auf die bronzenen Hüften gelegt, und Andy und Valerie, die inzwischen neben dem Tisch auf Decken miteinander zugange waren, wurden langsamer und schauten den zweien zu, bis Cordula und Sonia Tarkow sie dort wegzogen, auf Cordulas Bett.
    Sie hatten die Party, die nicht aufhören wollte, schließlich zusammen verlassen, nackt übern Gang laufend, barfuß auf dem weißen Teppich: Das ganze Stockwerk gehörte heute und morgen der geschlossenen Gesellschaft um Cordula, die Kameras waren nicht eingeschaltet. Auf Valeries Zimmer hatten sie dann zusammen noch etwas Schoko- und Va nilleeis verputzt, sich gegenseitig um die Münder geschmiert, viel Küssen und Naschen, viele süße Worte, denn eigentlich, wie seltsam, hatten Valerie und Andy einander ja doch schon sehr lange richtig lieb.
    Jetzt schnurchelte sie auf seiner Brust in schwachem Schlummer.
    David stand auf, nahm die Brasilianerin mit raus, leise.
    Andy selber war so müde wie seit unvordenklichen Zeiten nicht mehr, und konnte doch nicht einschlafen, weil komische Gefühle in ihm anmeldeten, sie würden jetzt gern zu Gedanken werden.
    Was war das, Melancholie? Sehnsucht? Nach Hillarys Stimme, nach früher, nach dem Abend in Marseille und der Chance, das Mädchen W Sinja, das damals gestorben war, beim Ficken mit ihm, irgendwie doch noch zu retten? Nach Fette, »Julia«? Etwas kommt näher, ist schon fast bei uns, deshalb halten wir einander hier jetzt fest mit Schenkeln, mit Händen und Küssen, dachte Andy.
    Als das Gefühl dann tatsächlich ein Gedanke wurde und er wußte, daß das, was näherkam, nur der Tod sein konnte, lächelte er zufrieden, wie man lächelt, wenn man eine schwere mündliche Aufgabe in der Klasse eines Lehrers richtig gelöst hat, den man sehr bewundert, fast liebt.
    Dann klopfte David, der doch eben erst fortgegangen war, plötzlich von außen laut an die Tür und rief mit aufgeregter Stimme: »Andy? Andy, Valerie, könnt ihr … seid ihr wach? Könnt ihr mal aufmachen? Das glaubt ihr nicht, diese Scheiße glaubt ihr einfach nicht!«
    Valerie kicherte

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