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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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wurden.
    Andy las einige der Titel: Kathe Kojas »Straydog« war dabei, eine Colliehündin zeigte auf dem Cover ihre Lefzen, ein Lehrbuch über »Wolves: Behavior, Ecology, and Conservation«, auf dessen Umschlag ein weißer Wolf auf dunklem Geröll den Himmel anheulte, dann »Bitten«, ein Roman wohl, von einer oder einem »Kelley Armstrong«, auch kein schlechtes Umschlagbild: Da kauerte eine Frau in Embryonalhaltung zwischen roten Decken, Tüchern, Schleiern.
    Nach der Handbibliothek war das Medikamentenschränkchen überm Waschbecken an der Reihe – als der diesen Teil der Razzia leitende Beamte es öffnete, hielt Andy die Luft an: nicht das Panoptikum von Fläschchen und Döschen, das er erwartet hatte, sondern lauter kleine Plastikbehälter mit orangenem Zeug drin, Kapseln in nicht beschrifteter, milchig semitransparenter Hülle.
    »Was ist denn das jetzt?«
    »Das sind seine Ohrstöpsel, aus Schaumstoff«, erklärte der Squad Leader. Andy nickte dankbar, aber nicht wirklich schlauer. Hillary nahm ihn am Arm und zog ihn aus der Zelle: »Siehst du Rumsfelds Nacken? Den silbernen … Beschlag?« Richtig, da war ein Riegel angebracht, das dezente Frankenstein-Accessoire hatte Andy zuvor nicht bemerkt. »Ein Zombotiker?«
    »Einer der wenigen, die den Volkszorn nach dem Totentanz überlebt haben – ironischerweise, weil wir ihn hier eingebunkert haben, in freier Wildbahn wäre er erledigt gewesen. Dieses Ding in seinem Nacken … Er ist nicht direkt unsterblich, aber wenn wir ihn nicht verhungern oder verdursten lassen, überlebt er uns wahrscheinlich alle – jetzt, da Zombotik, wie so vieles von der alten Mythizin, fast auf der ganzen Welt illegal ist …«
    »Und diese orangenen … Zäpfchen da?«
    »Er braucht sonst nichts Medizinisches, seine Zombotik versorgt ihn, die Sachen regulieren sich selbst. Das sind keine Zäpfchen, das sind Ohrstöpsel.«
    »Ohrstöpsel, mm-hmm.«
    »Aus Deutschland, ja – Ohropax, müßtest du kennen, der weltweite Marktführer. Früher gab es alle möglichen Sorten, jetzt nur noch die. ›Monopolismus‹ sagst du zu so was wahrscheinlich, als braver Leninist.«
    »Wofür um Himmels willen braucht er in einem unterirdischen Bunker mit Panzertüren Ohrstöpsel – schnarcht der dicke Bush so doll?« Hillary verzog das Gesicht zu einer Grimasse deutlichen Widerwillens: »Er sagt, er hört nachts Wölfe heulen. Plural, wohlgemerkt.«
    3  Andreas kam es recht seltsam vor – versteh einer diese Amerikaner –, aber nach Abschluß der offenbar ergebnislosen Durchsuchung setzte man sich, mit Ausnahme der reglos Habacht stehenden Gepanzerten, gemeinsam – Präsidentin, Leibwächter, die Gefangenen – an den großen Tisch im dem Aufenthaltsraum angegliederten eiförmigen Speisesaal und brach das Brot, aß Käse und Wurst, ein zweites Frühstück, sogar mit etwas Wein. Die eigenartige Versammlung unterhielt sich angeregt: Rumsfeld, der sich zwischenzeitlich umgekleidet und einen jener schnittigen Anzüge angelegt hatte, in denen er früher Pressekonferenzen zu absolvieren pflegte, schien besonderes Vergnügen daran zu haben, in unangemessen tadelndem Ton Fragen nach den Schwierigkeiten zu stellen, in denen sich seiner Ansicht nach die Präsidentin befand: »Und, habt ihr das SHARP -Netz wieder verknüpfen können? Habt ihr die Codes? Wie klein ist Amerika denn inzwischen, ein Zwergstaat? Regieren Sie überhaupt noch irgend etwas, Mrs. Clinton?«
    Andy war sich sicher, daß Hillary sich nicht provozieren lassen würde, jedenfalls nicht so sehr, daß sie Informationen übers Leben draußen preisgab – und lag zu seinem großen Erstaunen falsch damit: »Wir haben die Minidiscs. Die Informationen dieser … Nachrichtenfreiberuflerin , Jennifer Brunner. Und sie selbst haben wir sozusagen auch – sie kooperiert, wenn auch verhalten.«
    »Ah, die Steganographie! Wie günstig für euch!« zahnte Rumsfeld, und zwinkerte einem etwas jüngeren, leicht gebückt dasitzenden Mann in Jeans und Harvard-Sweatshirt zu, der am andern Ende der Tafel saß und bislang kaum zweimal den Kopf gehoben hatte: »Das war doch ’n Commie, ’ne rote Sau, nicht, Tommy, diese Jennifer Brunner?«
    Der Bedröppelte sah ihn an, wie ein Musterschüler seinen liebsten Lehrer anstaunt, und ließ für einen Augenblick allen Weltschmerz fahren: »Jennifer Brunner, a.k.a. Beate Eich, a.k.a …«
    »Ja, schon recht, nicht nötig«, winkte Rumsfeld liebevoll ab, und Andy, kauend, hakte ein: »Wasch … isch dasch

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