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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Zungenspitze raus, einen Sekundenbruchteil lang nur, kniff die Augen noch weiter zusammen und sagte endlich den ersten Satz, den jemand sprach, seit Hillary und Begleitung durch die Schleuse getreten waren: »Sie ist kein Mensch, soviel steht fest. Kein Mensch, sondern ein Wolf, yessir. Ihr werdet schon noch sehen: Wer sich mit der einläßt, wer mit der Wölfin ins Bett geht, dem beißt sie nachts glatt die Eier ab, und da hast du es dann.«
    »Ich habe keine Eier«, beschied ihm Hillary mit königlichem Gleichmut, »und hoffe, es geht sonst gut.«
    »Bah, gut, Possen«, schmatzte das Urböse, wandte sich ab und schlappte in seinen feingesponnenen dunkelblauen Wollpantoffeln ans andere Ende des Raums, wo zwei betrübt aussehende alte Männer zäh miteinander Mühle spielten.
    Er hatte blitzlichtkurz gegrinst, zum Schluß, dachte Andy verzaubert: strahlende Beißer, wie reines Elfenbein. Andy faßte sich und fragte die Präsidentin: »Wen meint er? Von wem redet er? Was für ’ne Wölfin?«
    »Deine Mama. Cordula Späth. Die hat uns damals den Tip gegeben, als diese … Amtsinhaber hier auf der Flucht waren. Ihr Pfauengeheim dienst war besser als all unsere Dienste, kannst du dir das vorstellen? Inzwischen haben wir den Vorsprung aufgeholt, aber damals waren wir dankbar – was heißt wir, ich war ja noch nicht dran, die Regierung war ein einziger … Es gab das Land damals gar nicht. Wie so viele Länder.«
    Der Mann auf dem Fitneßrad schnalzte Feuchtes. Hillary sah nicht hin, sondern sagte: »Bush selber hat man noch im Weißen Haus ­er­wischt, dumm wie er war. Aber Rumsfeld, zum Beispiel, wäre wirklich fast entkommen – befand sich auf dem Weg nach Kanada, mit Bart.«
    »Wie Saddam damals im Erdloch.«
    »Ja, nur daß Rumsfelds Bart falsch und angeklebt war. Unglaubliche Vorkommnisse.«
    »Man faßt es nicht«, bestätigte Andy belustigt.
    Rumsfeld selbst, ob er’s gehört hatte oder nicht, fühlte sich an dieser Stelle bemüßigt, knarzend aus seiner Moserecke bei den Mühlespielern einzuwerfen: »Kein Mensch, eine Wölfin. Hat mich gerochen, ist uns nach … Die Spur führte … bis nach Kanada, bis ins Eis … Die hätte uns überall … aufgespürt.«
    »Gut also«, sagte Hillary, und klatschte in die Hände – alle Unsicherheit in Haltung, Gang und Stimme, die ganze Zerrüttung von vor drei Stunden, im Rosengarten, waren von ihr abgefallen. Andy hatte den trüben Verdacht, daß dabei chemische Helferlein im Spiel waren; aber es gefiel ihm, daß sie ihre Angelegenheiten wieder straff regierte: »Zum Geschäft.«
    Damit begann das, weswegen sie eigentlich hier waren: eine Art intensiver Zellenrazzia in den Wohnquartieren, im Gemeinschaftssaal, in der Küche und auf den Toiletten der Festung.
    Die paar Türen, die nicht ohnehin offenstanden, wurden schnell aufgetan. Zu Hillarys Eskorte gehörten außer ihren Leibwächtern auch ein paar Soldaten samt Brustpanzern, Schock-Knüppeln und Helmen, Männer, mit denen sicher sehr schlecht diskutieren war.
    »Was suchen die?« flüsterte Andy. Die Präsidentin zuckte mit den Schultern: »Alles. Die Sache ist mehr eine Art Ritual – wir stehen am Rand eines Abgrunds, mein Lieber, dank deiner Mama, und ich möchte sichergehen, daß diese Typen hier – wenigstens sie – gründlich neutralisiert sind und keine anderen Verbindungen nach draußen haben als die, die ich ihnen erlaube.«
    »Das sind nicht viele, hm?«
    »Nicht viele. Informationen, von meinen Diensten gefiltert, laufen nur in eine Richtung: von draußen nach hier. Entertainment, Bildung, alles, was denen gut tut«, der sarkastische Tonfall bedeutete Andy, daß es nicht ratsam war, weiterzufragen.
    Er hielt sich daran, riskierte dafür aber einen Blick in Rumsfelds ganz besonders gründlich durchwühlte Zelle.
    Ein Örtchen ohne Eigenschaften: Da standen ein Bett (keine Pritsche, es war ja nicht wie bei armen Leuten), Stuhl, Tisch, ein Bildschirm samt Computer – die Konsole sah altmodischer aus als selbst die ­Work ­ stations, die in Cordulas billigster Niederlassung in Johannesburg standen – und Andy dachte: nur erlaubte Verbindungen, das ist mehr als gerecht, das ist barmherzig; diese Typen haben das Netz zerstört, sie dran teilhaben zu lassen, wie es wieder funktioniert, weil wir es flicken, wäre mehr als ungerecht, es wäre dumm. Auf dem Nachttisch lagen ein paar Bücher, die von den Beamten systematisch durchgeblättert und dann aufs Bett – immerhin, nicht auf den Boden – geworfen

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