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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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»Aber er zeigt mir alles. Robert bringt mir’s bei, das ist viel schöner als aus irgendwelchen Katalogen oder Büchern oder so.«
    Puderzuckersüß, in voller Obszönität, und dabei schaffte sie’s noch, mich zugleich anzuschmachten wie auch kühl zu taxieren, ein kleines Biest mit brenzligster Lust auf Zutritt zur Welt der Großen. Ein bravouröses Ausrufezeichen hat sie überdies dahintergesetzt: »Die Typen an der Schule sind so hohl, von denen könnte ich mir bloß was über Skateboards und Autos beibringen lassen. Total verblödet.«
    Stefanie lenkte erfreulich unbeholfen ab, Flucht nach vorn, an meine Adresse: »Öhm … und was macht deine Freundin so?«
    Jetzt durfte ich’s nicht versauen, schaltete also meinerseits auf »unwohl«, zeigte meinen ertapptesten Gesichtsausdruck, sah sekundenkurz leidend zu Valerie und sagte dann: »Du meinst Judith?«, als wollte ich vortäuschen, mich schon gar nicht mehr richtig an den Namen meiner Freundin zu erinnern, um Valerie nicht allzusehr zu kränken.
    »Die arbeitet immer noch an der Website und dem Plattencoverprojekt, das wir … zusammen … angefangen haben, weißt du … und dann hat sie ja ihren Bürojob und ich meinen bei der Zeitung, wir sehen uns ziemlich selten und … äh …«
    »Entschuldige …«, sagte Valerie leise und vollendet bescheiden, mit leicht gesenktem Kopf, stand auf und zwängte sich, mit dem Arm sacht meine Schultern streifend, an mir vorbei, um aufs Klo zu gehen.
    Das war natürlich meine Gelegenheit, Stefanie das Gesehene und Gehörte nachhaltig zu verdeutlichen: »Äh, hör mal, Stefanie … es wäre o.k., wenn wir nicht mehr über Judith … reden, weil … die Situation ist im Moment noch sehr ungeklärt …«
    »Die Situation. Aha«, sagte Stefanie, sich zurücklehnend, und nippte dann durch den langen Strohhalm an ihrem exotischen Cocktail. Ihr Gesicht trug den Ausdruck gespanntester, hellster Aufmerksamkeit: Sehr gut, wir hatten sie, wo wir sie haben wollten.
    »Ja, die … mit … mit Valerie und mir.«
    Langsam, nahezu genießerisch, sagte Stefanie darauf nur: »Hmmmm.«
    »Na ja, weil … es ist halt sowieso schwierig, es setzt uns unter Druck, weil …«
    Kaum jemand saß da mit uns in der knalligen Sonne, bloß ein, zwei Menschlein außer Hörweite, nichtsahnend, unschuldige Ausflügler, die schreiend davongelaufen wären, wenn sie gewußt hätten, was sich hier Dämonisches abspielte. Drum dachte ich mir: Was soll’s, volle Fahrt voraus, jetzt wird der Rest vom guten Ruf komplett verbrannt: »… weil unsere Beziehung noch nicht richtig definiert ist. Verstehst du, es geht da nichts, wir haben nicht, verstehst du … ich bin sehr verliebt, und sage mir dauernd, ich sollte eigentlich mehr Verantwortungsgefühl haben, aber andererseits teilt mir nichts, wirklich gar nichts an Valeries Verhalten mit, daß sie irgendwie nicht wüßte, worauf sie sich einläßt, und … es ist halt ungewöhnlich, aber sie scheint auch … es scheint auch mehr zu sein als Schwärmerei …«
    Ich schüttelte den Kopf und wurde hoffentlich ein bißchen rot.
    »Ich weiß auch nicht … das ist vielleicht alles ein schwerer Fehler.«
    Gar nicht mal schnippisch erwiderte Stefanie Mehring: »Ach, es gibt alle möglichen Arten von Beziehungen und Liebe. Solange es keinen schädigt, muß man halt mal sehen, oder?«
    Ich sah runter auf die Tischdecke und murmelte gottverlassen: »Ja, mal schauen.«
    Als ich wieder aufblickte, kam Valerie von der Toilette zurück. Stefanie Mehring hatte gerade noch Gelegenheit, etwas zu sagen, das ein wenig aufmunternder klingen sollte als ihre letzte Bemerkung, bevor Valerie wieder bei uns saß. Stefanie hatte offenbar Mitleid mit mir: »Außerdem ist sie ja wirklich sehr süß.«
    Ich seufzte, adäquat entrückt: »Das kannst du laut sagen. Also, ich meine, bitte nicht, verstehst du. Nicht laut sagen.«
    Wir beide lachten ungemütlich, als Valerie wieder zu uns stieß.
    Ich fühlte mich danach seltsam leicht, hatte meine Pflicht getan, das Werk begonnen, den Schaden angerichtet. Auf ziemlich eigenartige Weise hatte das verdruckste Quasigeständnis das tastende Verhältnis zwischen Valerie und Stefanie auf eine neue Ebene gehoben: Valerie gab durch Witze, Blickkontakte sowohl mit mir wie mit Stefanie und ein generell weniger steifes Dasitzen, ein gelösteres Reden zu verstehen, daß sie davon ausging, daß ich in ihrer Abwesenheit ein bißchen was klargestellt hatte. Stefanie ging ihrerseits gern drauf ein, indem

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