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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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wappnen. In gewisser Weise war das ja wirklich so. Ich will den Job jedenfalls haben. Jester takes his bows, slips into the crowd.
    Philip schüttelte den Kopf und ging zur Tür, spürte seine eigenen Schritte dabei als etwas unangenehm Unsicheres, wie das Gehen auf Watte. Another chapter in the play.
    Sind die Wangen wirklich knallrot? Vom Alk, aus Scham, wegen der Vorfreude, to a distant fading light?
    Was will ich hier noch werden, in meinem Alter? Ein neuer Mensch vielleicht, fürs erste.
    Let’s do it.
    Philip drückte auf die Klingel.
    Aus dem weit geöffneten Fenster eines Nachbarhauses hörte er eine Frau schreien: »Des kannsch in Zukunft au elles allei mache! I bin doch nit dini Putzfrau, Gopferdeggel no emol!«
    Ein Ehestreit, wie rustikal gemütlich.
    Das haben wir ja nun auch hinter uns – ich korrigiere: das habe ich auch hinter mir, sie schläft jetzt beim Direktor. Wann werden wir frei sein? Philip war schwindlig, die Klingel schrillte innen, der Magen drehte sich um, wie der Körper im Schlaf, wenn man mal auf der andern Seite liegen möchte.
    Was wird sie ihm alles erzählen, diesem Direktor, über meine Unerträglichkeit?
    Man gibt es nicht jedesmal zu, dozierte eine abgebrühte Lebenshilfestimme in Philips Hirn, aber oft trennt man sich vom Partner, von der Partnerin in Endphasen garstiger Beziehungen nur deshalb nicht, weil man nicht möchte, daß diese Partnerin, dieser Partner dem Nach folger oder der Nachfolgerin dann von den ganzen ekelhaften Schwächen erzählt, die man beim Zusammenrummachen einander notwendigerweise offenbart hat.
    Mensch, ungerecht: Ich habe keinen, dem ich erzählen kann, wie furchtbar meine Frau war, höchstens Frau Flasch, und ob die’s hören will, na: fraglich.
    »Allei kannsch en mache, de ganze Dräck! Allei kannsch en mache!« keifte die Frau in der dunklen Küche ihren Kerl an, Philip fand’s knuf fi g, memories can only last so long, like faded photographs, forgotten songs.
    Hinterhöfe wollte sie immer besichtigen, meine bescheuerte Frau, auf ihren mindestens zwei Spaziergängen pro Wochenende, ganz wichtig, ob’s donnert oder Reißnägel hagelt: Am Samstag wird spazierengegangen, am Sonntag wird spazierengegangen. Das ist nämlich gesund, man muß raus aus der Wohnung, lautete die Ausrede am Anfang, gegen Ende reichte es schon, daß Philip, permanent verkatert, unter diesen Spaziergängen litt wie ein gequetschtes Schwein, one more note for my requiem.
    Ganz schauerlich – und dann fand sie das immer auch noch alles malerisch und putzig, die verrosteten Fahrräder, die Mülltonnen, wie ein Hündchen, das an jedem Dreck schnüffeln muß, und er ließ sich hinterherzerren, mürrisch, violette Kopfschmerzwolken vor Augen, und schaute, zunehmend suizidgefährdet, abgeblätterten Verputz an den Wänden, städtische Verfallsschönheiten, die sich, na also, jetzt hoffentlich zweimal pro Woche der Direktor antun mußte.
    Am Anfang hatte er so getan, als könne er der Scheiße selbst was abgewinnen, das war der Fehler, die Sünde: She holds my hand, and I lie to get a smile. She squeezes tighter, I still lie to get a smile.
    Kultur, oh Gott, da war sie auch immer hart am Wind: Samstag abends gab’s Theater, Konzerte, irgendetwas, das sich genügend rumgesprochen hatte, via Zeitung oder die andern Lehrer, wo man gewesen sein mußte. Mit sanftem Druck, so à la »Wir können natürlich auch zuhause rumhocken«, billigste Provokationspsychologie, erzwang sie, daß man sich einen Krempel antat, den sie schon am nächsten Tag vergessen hatte, während er Monate später immer noch unter der ganzen an jedem dieser Abende knallig offenbar werdenden Dummheit litt, den Fratzen, den Kollegen, dem Gewäsch.
    Sauertopf, Mürrstiesel, verstockter Kerl – die Stempel, dachte er inzwischen in paranoidem Haß, lagen schon bereit, von Anfang an, deshalb die Ausgehabende und die Hinterhofbesichtigungen, denn bei beidem konnte er, als ja immerhin doch noch nicht völlig abgestorbener Mensch, schlechterdings nicht anders, als eine böse Fresse zu ziehen, und damit hatte sie ihren Beweis: I married a Menschenfeind.
    Manchmal versuchte er deshalb, die über solchen Ritualen in ihm aufkommende Aggression nach außen zu lenken, auf Dritte, kollaterale Blitzableiter, auffällig lachende Arschgeigen im Theaterpublikum etwa, oder besonders abstoßende, ferngesteuerte Spaziergänger, alles nur, um seine Frau, die an der ganzen Schweinerei schuld war und ihm seinen Frieden, seinen stillen

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