Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
Naziherrschaft residierte hier unter anderem auch die berüchtigte Gestapo, und in den Kellern des Gebäudes wurde so mancher Regimegegner grausam misshandelt. Mechthild erinnerte sich daran, dass es eine heftige Debatte über die Anbringung einer Gedenk- und Hinweistafel auf diese Zeit am Gebäude gegeben hatte. Die damals im Abschiebegefängnis arbeitenden Polizisten waren strikt gegen einen Hinweis, da sie befürchteten, dass ihre heutige Arbeit mit der Nazizeit in Verbindung gebracht werden würde. Ein Vorfall erschütterte dann die Polizei und die Öffentlichkeit. Beamte des Abschiebeknasts nutzten ihre Position aus und vergingen sich sexuell an weiblichen Abschiebehäftlingen. Als wenn sich die Unmenschlichkeit nicht aus einem Gebäude vertreiben lassen konnte und immer wieder auf die neuen Bewohner übergehen würde.
Aber nun war der Knast verlagert worden, und das Designzentrum schien sich nicht an einem Zeichen auf die Vergangenheit dieses Gebäudes zu stören, zumal die Messingplatte auch sehr klein ausgefallen war und nicht jedem Besucher sofort ins Auge fiel.
Auf Höhe des Goethe-Theaters wechselte Mechthild die Straßenseite und erreichte einige Zeit später das Restaurant, von dem Schatz gesprochen hatte. Es war gegen halb zehn, und wie in den meisten Gaststätten im Viertel wurde auch hier ein Frühstück angeboten. Es waren nur wenige Gäste anwesend, die sich über Brötchen und gekochte Eier hermachten. Auch Mechthild überlegte kurz, ob sie ihrem Magen ein Frühstück zukommen lassen sollte, entschied sich aber aufgrund des dienstlichen Anlasses dagegen. Sie schritt zur Theke und fragte den Barmann nach dem Geschäftsführer oder Betreiber.
Der Barmann war ein junger Ausländer, wahrscheinlich persischer Abstammung. „Der Chef kommt in Kürze“, antwortete er in klarem Hochdeutsch und polierte dabei ein Glas. „Gleich kommt die Getränkelieferung. Die nimmt er immer selbst an.“ Dann erkundigte er sich noch sehr höflich, ob Mechthild etwas zu trinken haben wollte, während sie auf den Chef wartete.
Mechthild Kayser entschied sich für einen Tomatensaft und setzte sich an einen kleinen Tisch vor eines der großen Panoramafenster. Ihr Blick glitt über die Straße und hielt inne, als sie bemerkte, dass man von hier aus direkt auf den Fundort der Leiche an der Böschung des Wallgrabens sehen konnte. Da sitzt man so ungeniert bei einem leckeren Frühstück und ahnt nicht einmal, dass sich gegenüber ein schreckliches Verbrechen ereignet hat, dachte sie. Aber woher auch? Wer weiß schon, wie viele unentdeckte Tote aus dem letzten Weltkrieg unter unseren Füßen liegen und wir alles Mögliche über ihnen veranstalten. Sie dachte an Thomas Brandt, der sogar eine ausgelassene Party über einer Leiche veranstaltet hatte und nichts von ihr geahnt hatte.
„Sie wollten mich sprechen?“ Mechthild wurde von der Seite angesprochen. Sie drehte rum. Vor ihr stand ein modern gekleideter und sehr gepflegter Mann Mitte dreißig und lächelte sie breit an. Sein italienischer Anzug saß wie angegossen, und das dunkle Hemd war von allerfeinster Qualität. Ein Mann, der sich für einen Auftritt zu kleiden weiß, dachte sie.
Mechthild erhob sich und zückte ihren Dienstausweis. „Mechthild Kayser, Mordkommission Bremen!“ begrüßte sie ihn. Sofort verschwand das Grinsen und wich einem Ich-habe-jetzt-keine-Zeit-Blick. „Sie sind der Inhaber dieses Geschäftes?“
„Ja. Aber ich habe jetzt keine Zeit! Können Sie nicht später noch einmal ...?“
„Sie sollten sich die Zeit aber nehmen“, erwiderte Mechthild energisch. „Es dauert bestimmt nicht lange. Also?“
Der Restaurantinhaber überlegte kurz, merkte, dass diese Polizistin sehr angespannt war und setzte sich zu ihr. Mit der Polizei hatte er nicht gern zu tun. Er war ihr gegenüber misstrauisch, und nie wusste man, was sie wirklich von einem wollte. Aber wer wusste schon, was sie veranstalten würde, wenn er sie abwies. Nachher bekamen die Gäste oder sein Personal noch irgendetwas mit.
„Also gut. Was wünschen Sie?“ fragte er frostig. „Aber bitte machen Sie schnell. Ich bin hier nicht zum Spaß, sondern um das Geld zu verdienen, aus dessen Steuern Sie ja bezahlt werden!“
Nur nicht frech werden, dachte Mechthild. Ich kann auch anders. „Ich will Sie Ihrer wertvollen Zeit, die Sie dankenswerterweise für das Bremer Steueraufkommen einsetzen, auch nicht über Gebühr in Anspruch nehmen. Deshalb mache ich es kurz: Kennen Sie Benni
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