Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
Polizei! Gehen Sie sofort in Ihre Wohnung zurück und halten sich von den Türen fern!“ schrie Henseler über den Flur, und die verängstigten Gesichter verschwanden sofort wieder. Dann drängte er sich neben Lustig, zog seine Waffe und hielt sie schussbereit in die Luft. Er nickte Lustig kurz zu, sprang dann in die Wohnung und drückte sich an die Laibung der gegenüberliegenden Tür. „Gruppe zwei: Lagemeldung!“ schrie er in den Raum hinein.
Endlich meldete sich Pressler. „Gruppe zwei: okay! Zurzeit keine weitere Gegenwehr. Wir gehen rein!“
Peter Henseler winkte zwei Männer aus Lustigs Gruppe heran und ließ sie die Tür sichern, damit er in den Raum eintreten konnte. Dann meldete sich Pressler wieder. „Sicherheit! Sicherheit!“ Das war die Entwarnung. Erleichtert steckte Henseler seine Waffe wieder ein. Er durchquerte die Diele und gelangte in das hintere Wohnzimmer. Er hatte keine Lampe dabei, konnte sich aber im Schein der Helmlampen seiner Leute ein erstes Bild machen.
Der Raum war fast leer. Die Fenster waren mit schwerem Vorhangstoff zugeklebt. Lediglich ein Schreibtisch stand im Raum, genau gegenüber der Eingangstür. Ein Bürodrehstuhl, der mit braunem Leder bezogen war, lag umgekippt dahinter. Mehrere Geschosse hatten seine Rückenlehne getroffen, und die Wucht des Aufpralls hatte ihn umgeworfen. Auf dem Schreibtisch stand ein von Kugeln durchsiebter PC. Aus dem zerschossenen Monitor qualmte es, die Frontscheibe war zersplittert. In einer Ecke des Raumes stand eine weiße Kühltruhe. Lampen gab es keine.
Henseler wandte sich an Pressler. „Warum habt ihr geschossen?“
„Als die Tür aufging, sah ich einen roten Punkt. Ich dachte, jemand zielt mit einer Waffe mit Lasersucher auf mich. Da habe ich vorsichtshalber abgedrückt!“
„Du hast alles richtig gemacht!“ beruhigte Henseler seinen Gruppenführer. „Morgen schreibst du mir einen Bericht. Bist du in Ordnung?“
„Ja, alles wieder ruhig. Ich hatte keine andere Wahl.“
„Ich weiß.“ Henseler zog ein mobiles Funkgerät hervor. Ihm war klar, dass aufgrund der Schießerei jede Menge Anrufe bei der Einsatzleitstelle eingegangen sein mussten. Er nahm sofort Kontakt auf und schilderte die Hintergründe. Dann ließ er sich mit Mechthild Kayser verbinden und gab auch ihr einen kurzen Lagebericht.
Mechthild war erleichtert, als sie hörte, dass der Schusswaffeneinsatz nicht aufgrund eines Angriffes auf ihre Kollegen erfolgt war. Andererseits war sie auch ein bisschen enttäuscht, dass Lautermann nicht in der Wohnung gewesen war. Sie hatten ihn also noch nicht erwischt. Jetzt musste Behrmann mit seinen Leuten ran. Sie brauchten mehr Hinweise.
Im Treppenhaus des Blocks herrschte weiter große Aufregung. Viele Mieter hatten die Schüsse im Haus gehört und gewartet, bis wieder Ruhe eingekehrt war. Dann waren sie aus ihren Wohnungen gekommen, um zu sehen, was passiert war. Erstaunlicherweise schienen die Menschen hier keine Angst zu haben, obwohl sie damit rechnen mussten, plötzlich einem Bewaffneten gegenüberzustehen. In den großbürgerlichen Gegenden Bremens ließ man nach Mechthilds Erfahrungen eher die Rollläden runter, wenn man auf der Straße Hilfeschreie hörte. Dort wollte niemand mit den Angelegenheiten anderer zu tun haben. Aber vielleicht hatten die Menschen hier in diesen Wohnsilos sowieso das Gefühl, dass ihr Leben nichts wert
sei und dass sie es deshalb ruhig unbedacht in Gefahr bringen konnten. Interessierte ja eigentlich auch keinen, wenn hier am sozialen Rand der Gesellschaft etwas schiefging.
Als sie mit Fritz Behrmann die Wohnung erreichte, ließ dieser sofort große Scheinwerfer aufstellen, um die gesamte Wohnung auszuleuchten. Unterdessen ließ Mechthild sich von Peter Henseler den Ablauf der Geschehnisse schildern, bedankte sich dann für seinen Einsatz und entließ das SEK. Die Schießerei war zwar nach ihrer Auffassung zu vermeiden gewesen, aber am Ergebnis war nun mal nichts mehr zu ändern. Als sie mit dem ED allein war, zog auch sie sich Gummihandschuhe über und sah sich in der Wohnung um. Behrmanns Leute begannen im hinteren Raum, wo der Schreibtisch stand.
„Ganze Arbeit! Den PC haben sie schön auseinandergefegt!“ scherzte Fritz Behrmann, als er die Reste des zerschossenen Computers betrachtete. „Hier sehen Sie: Der PC war eingeschaltet!“
Mechthild trat näher.
„Und hier!“ Behrmann hielt eine kleine, runde Kugel mit einer Photolinse hoch. „Das war wahrscheinlich der rote Punkt,
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