Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
auf den sie geschossen haben. Eine Web-Kamera. Wenn die auf Betrieb ist, leuchtet hier unten eine rote Leuchtdiode. Und wahrscheinlich war sie auf die Tür zum Zimmer gerichtet. Um die Wohnung auch von anderswo beobachten zu können. World Wide Web, verstehen Sie?“
Mechthild setzte gerade ihren Denkapparat in Gang, als sie von einem laut gerufenen „Scheiße“ abgelenkt wurde. Sie drehte sich um. Einer von Behrmanns Leuten hatte sich die Kühltruhe vorgenommen, die in der Ecke des Raumes stand.
Mechthild und Fritz Behrmann eilten zu ihm. In der Truhe lag die steifgefrorene Leiche eines Mannes.
Behrmann zog ein Photo aus der Tasche. „Könnte sich um Lautermann handeln.“
„Ja, sieht so aus!“ Noch ein Toter, dachte Mechthild. Und bestimmt nicht auf natürlichem Wege gestorben. Eine heiße Spur weniger. „Wer bist du nur, dass wir dich nicht finden können?“ sprach sie leise vor sich hin und dachte dabei unwillkürlich an Bernd Schultze.
Hier in der Wohnung von Lautermann hatte sie nichts mehr zu suchen. Mechthild sammelte ihre Leute ein und fuhr zurück ins Präsidium. Behrmann sollte nach Ende seiner Spurensuche die Wohnung versiegeln und das zuständige Revier bitten, regelmäßig die Wohnung zu kontrollieren. Vielleicht tauchte der Täter ja doch noch auf. Sie hatte mit Fritz Behrmann abgesprochen, dass er sie nach Vorliegen der ersten Erkenntnisse telephonisch informieren sollte. Dann wollte sie entscheiden, wann sie ihre Ermittlungsgruppe wieder zusammenrufen würde. Sie entließ ihre Leute mit der Bitte, ihre Handys eingeschaltet zu lassen, und sandte einen knappen Bericht an den Polizeipräsidenten. Der war zwar um diese Zeit nicht mehr im Büro, sollte aber zum Dienstbeginn informiert sein. Sie vergaß auch nicht, ihn zu bitten, eine kurze Pressemitteilung absetzen zu lassen. Wie immer möglichst wenig; die Pressestelle sollte sich etwas einfallen lassen.
Entgegen ihrer Gewohnheit nahm Mechthild den Dienst-Mercedes mit nach Hause. Sie war erschöpft und hatte keine Lust, jetzt noch mit dem Fahrrad durchs Viertel zu fahren. Sie wollte niemandem mehr begegnen.
Als sie in ihrem Wohnzimmer angekommen war, ließ sie sich müde aufs Sofa fallen, schmiegte eine Wolldecke um sich und schlief prompt ein.
Gegen fünf Uhr wurde sie von einem lauten Scheppern aus ihrem Garten geweckt. Erschreckt fuhr sie hoch, griff nach ihrer auf dem Tisch liegenden Waffe und sprang auf. Im Dunkeln trat sie leise an die Tür zur Terrasse. Vorsichtig spähte sie in den Garten. Da schepperte es noch einmal. Mit lautem Kampfgeschrei sprangen sich zwei streunende Kater an und rissen dabei eine Aluleiter um. Mechthild ließ die Waffe sinken und atmete auf. Sie schaute auf ihre Armbanduhr. Kurz nach fünf. Ihr nächster Blick ging auf das Handy. Sie stellte erleichtert fest, dass sie keinen Anruf im Tiefschlaf verpasst hatte.
Weiterzuschlafen machte keinen Sinn. Also entschied sie, am besten gleich zu frühstücken und dann ins Büro zu fahren. Die beiden Espressi wären nicht nötig gewesen, um sie wachzumachen. Jetzt spürte sie, wie die geballte Ladung Koffein ihr Herz noch schneller schlagen ließ. Ihre Hände zitterten, als sie in den Mercedes stieg. An der Kreuzung zum Dobben entschloss sie sich, nicht über den Ostertorsteinweg, sondern geradeaus in Richtung Hauptbahnhof zu fahren, um dann von der anderen Seite ans Polizeipräsidium zu gelangen. Ihr fiel ein, dass mal jemand zu ihr gesagt hatte, dass man häufiger seine Gewohnheiten ändern sollte. Wegen der Anschläge! Unwillkürlich schüttelte sie ob dieser dummen Gedanken den Kopf. So fing wohl der Verfolgungswahn an.
Nur wenige Minuten später hatte sie den Hauptbahnhof rechts liegengelassen, war in den Herdentorsteinweg eingebogen und wollte jetzt zum Wall abbiegen, an dessen Ende ihre Dienststelle lag. Sie war erstaunt darüber, wie viel Verkehr zu dieser frühen Stunde herrschte. Die Autos strömten geradezu in die Innenstadt. Hauptsächlich Männer in Anzug und Krawatte saßen allein in ihren Wagen. Einige rauchten.
Mechthild passierte die Bischofsnadel und bog wenig später in den Innenhof des Präsidiums ein. Sie nahm den hinteren Eingang, der über dunkle Flure am Zellentrakt vorbeiführte. Es roch nach Schweiß und Urin. Von Ferne hörte sie Männerstimmen aus einem Aufenthaltsraum. Der Nachtdienst des Reviers hatte Feierabend und saß noch beisammen. Hierbei tranken die Streifenbeamten meistens noch Cola mit Whisky, um den Stress abzubauen, oder
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