Fuer immer mein - Mechthild Kaysers erster Fall
Mitarbeiter beschäftigen würde, sondern auch ihr Ermittlungsteam im aktuellen Fall schwächen würde. Und der Kollege aus Flensburg hatte sich auch noch nicht wieder gemeldet. Logemann musste ihr unbedingt Entlastung aus anderen Kommissariaten verschaffen. Sie rief KK Heller zu sich.
Zu ihrer Überraschung war er sichtlich erfreut, diesen zusätzlichen Fall zu übernehmen. Heiner Heller wünschte sich schon seit langem, einmal einen Fall ganz alleine bearbeiten zu können. Ohne die Bevormundung von Roder und ohne die zugegebenermaßen klugen Beiträge von Ayse Günher. Selbst wenn es kein besonderer Fall war: Er wollte seiner Chefin zeigen, dass er sehr wohl in der Lage war, einen Vorgang vom Anfang bis zum Ende allein durchermitteln zu können. Und dafür gab es jetzt die Gelegenheit. Außerdem kam ihm der Fall mit der unbekannten Toten ausgesprochen schwierig vor. Mit einem Misserfolg hätte er dann weniger zu tun und könnte für sich in Anspruch nehmen, mit einem anderen Fall betraut gewesen zu sein. Das passte also alles für ihn.
„Hören Sie, Herr Heller“, sprach ihn Mechthild mit dem ernsten Tonfall einer besorgten Vorgesetzten, die keine andere Wahl hatte, an. „Sie werden diesen Fall ganz alleine bearbeiten. Ermittlungsakte anlegen, Zeugen vernehmen und so weiter. Alles, was rausgeht, will ich vorher sehen. Damit wir uns da klar verstehen. Und jeden Abend legen Sie mir die Akte auf den Schreibtisch. Ich möchte auf dem Laufenden gehalten werden. Sie können sie sich morgens einfach wieder abholen. Ich habe sie dann angesehen. Und wenn ich etwas zu bemerken habe, hefte ich vorne eine Notiz für Sie rein. Verstanden?“
„Alles klar, Chefin“, antwortete Heller und salutierte vor ihr wie beim Militär.
Er ist wie ein großer Junge, dachte Mechthild Kayser, als sie ihn entließ. Aber vielleicht ist das auch von Vorteil. Vielleicht kommen auf diesem Wege die psychischen Belastungen ihrer Arbeit nicht an ihn heran.
Sie erinnerte sich an ihren mittlerweile pensionierten Kollegen Jimmy. Er hatte zwanzig Jahre Mordbereitschaft, wie es früher hieß, gemacht und unzählige Leichen gesehen und begutachtet. Sein gesammelter Erfahrungsschatz war so groß, dass er sich herausnahm, jungen, unsicheren Notärzten die Todesursachen zu erklären oder aber selbst Totenscheine abzuändern und eine natürliche Todesursache zu bescheinigen, wenn ihm ein Arzt als zu unfähig erschien und er sich seiner Sache sicher war. Auf seiner Abschiedsfeier erzählte Jimmy ihr, dass er seit Jahren keine Nacht mehr durchschlafen könne. In seinen Träumen spukten die Antlitze der vielen Toten herum und ließen ihn nicht mehr zur Ruhe kommen. Hoffentlich geht es mir nicht eines Tages auch so, überlegte sie beunruhigt.
Die Tür zu ihrem Büro wurde jäh aufgerissen, und Mechthild Kayser zuckte unwillkürlich zusammen.
„Flensburg!“ rief ein aufgeregter Roder und wedelte mit einem Fax in der Hand. Er warf sich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch. „Sie ist es! Der Gebissabdruck ist identisch. Kollege Mertens hat ihre Bude durchsucht und ihren Zahnarzt ausfindig gemacht. Es besteht kein Zweifel.“
Jetzt waren sie einen wichtigen Schritt weiter. Die Frau war identifiziert. Nun konnte endlich im Umfeld der Toten ermittelt werden. Sie würde die Akte kopieren lassen und über die Staatsanwaltschaft ein Ersuchen an die Kollegen in Flensburg richten.
Mord war meistens eine Beziehungstat. Freunde, Nachbarn, Arbeitskollegen. Wenn jetzt ein unbekannter Lebensgefährte auftauchte, der sich bislang nicht gemeldet hatte?
„Klasse!“ sagte sie erleichtert zu Roder. „Informieren Sie den Oberstaatsanwalt und bringen Sie die Kollegen in Flensburg auf Trab. Am liebsten wäre es mir, Sie würden hinfahren, aber wir sind personell zu knapp. Stellen Sie sicher, dass wir eine enge Zusammenarbeit mit den Flensburgern behalten. Nicht dass die unseren schönen Fall ohne uns lösen.“
Dann informierte sie ihren Stellvertreter über den zusätzlichen Ermittlungsvorgang und war dankbar, dass er ihre Entscheidung, die Sache Heller zu übertragen, nicht kritisierte. Soll der Kleine doch ruhig scheitern, dachte sich Roder. Dann kann er gleich woanders hingehen, und ich bekomme hier eine Verstärkung nach meinem Geschmack.
Am späten Nachmittag schneite Heller ins Büro seiner Chefin, um ihr einen Zwischenbericht über den verstorbenen Mann aus dem Krankenhaus zu erstatten.
„Es handelt sich um einen Hilfsgärtner des städtischen
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