Fuer immer und ledig - Roman
in meinem Proberaum gehabt, also sollten ihre Gemeinheiten elastisch an mir abprallen. Leider aber hatte ich einen entscheidenden Fehler gemacht: Ich hatte ihn gebeten, ihr zu sagen, dass er mich liebt und nicht sie. Und darauf hatte er nicht geantwortet. Entsprechend wackelig war heute mein Gemütszustand.
Ich sammelte all meine Energie, weiter daran zu arbeiten, ihr die Hochzeit auszureden.
»Aber wozu heiratest du denn, wenn du so gar kein Interesse daran hast? Dein Leben lang hast du gesagt, dass du heiraten spießig und blöd findest und es niemals tun wirst.«
Fina zuckte die Schultern und sah gelangweilt in ihren Tomatensaft. »Erstens. Die Dinge ändern sich. Damals war heiraten absolut out und ging gar nicht. Mittlerweile heiraten wieder alle. Zweitens. Marc ist die Sorte Mann, die man ganz schnell auf die sichere Seite bringen muss. Sonst ist er weg. Drittens. Sie haben mir einen Vorstandsjob angeboten. Banken sind ein sehr konservatives Umfeld. Da kann es als Frau in meinem Alter nicht schaden, verheiratet zu sein. Ganz ehrlich. Sonst denken sie noch alle, mit mir stimmt was nicht. Selbst geschieden wäre besser, als Single zu sein.«
Daher wehte also der Wind! Ich kannte Fina und ihre Kaltschnäuzigkeit ja nun schon eine ganze Weile. Ein ganzes Leben lang, um genau zu sein, aber das ging sogar für ihre Verhältnisse zu weit. Sie wollte Marc nur heiraten, um bessere Chancen im Job zu haben?
Ob er das wusste?
Ob ich es ihm sagen sollte?
Hm.
Der Überbringer der schlechten Nachricht zog immer den Kürzeren. Er musste also irgendwie anders davon erfahren, falls meine Geschütze, die ich bis zum Polterabend noch aufzufahren gedachte, nicht schwer
genug waren. (Ja, ich hatte Fina zu einem Polterabend überredet, unter anderem deshalb, weil ich niemals genug ehemalige Freundinnen von ihr zusammenkriegen würde, um einen netten Junggesellinnenabschied zu feiern - die meisten hassten Fina, wenn sie ehrlich waren. Der Hauptgrund war jedoch, dass ich beim Polterabend auch ein Auge auf Marc hatte, was sehr gut in meine Pläne passte. Noch ein Grund war, dass ich Polterabend und Feier im besetzten Haus ganz hervorragend miteinander verbinden konnte, was mir die Logistik erleichterte.) Aber mal ganz abgesehen davon, hatte ich nun endlich, endlich vor mir selbst jede moralische Rechtfertigung, meiner Schwester den Mann auszuspannen.
Ich fühlte mich fantastisch.
»Sag mal«, begann ich. »Du hast eigentlich gar keine echte Vorstellung, wie dein Kleid aussehen soll?«
Fina schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt finde ich diesen Brautmodenterror ziemlich albern. Alles, was wir bisher gesehen haben … schauderhaft. Ich bin doch keine von diesen Landpomeranzen, die von ihrem großen Tag in Weiß träumen.«
Ich schluckte eine bissige Bemerkung runter, weil ich mich natürlich angegriffen fühlte, und sagte stattdessen: »Ich habe eine ganz andere Idee. Es ist doch erst mal nur das Standesamt. Warum kaufst du dir nicht ein Designerkleid? Das könntest du dann sogar später noch mal anziehen.« Ich konnte es selbst kaum fassen, aber ich hatte tatsächlich so etwas wie Mitleid mit ihr. Ich
wollte nicht, dass sie auf einem maßgefertigten Brautkleid sitzen blieb.
Ich konnte wirklich ganz schön großzügig sein, sogar was Fina betraf.
Ihr schien die Idee zu gefallen. Wie von der Tarantel gestochen sprang sie auf. »Fantastisch! Ich wusste, es lohnt sich, dich dafür einzuspannen. Wo gehen wir hin?«
»Chanel?«
»Aber unbedingt!«
»This way, please«, strahlte ich.
Die Verkäuferinnen hassten uns. Fina hatte sich nicht besonders schick gemacht, weil sie wusste, sie würde sich den ganzen Tag sowieso nur an- und aus- und wieder anziehen müssen. Sie trug weite, schlabberige Leinenhosen und einen weiten, schlabberigen Pullover, beides in Schwarz. Die Haare hatte sie zu einem schlichten Pferdeschwanz gebunden, und geschminkt war sie auch kaum. Sie sah immer noch toll aus, aber eben nicht wie die übliche Kundschaft. Und ich, na ja, ich sah eben aus wie immer. Meine Docs brachten die Damen in der kleinen Boutique komplett aus dem Konzept. Für einen Moment schienen sie zu glauben, wir wollten sie überfallen. Aber Fina ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen. Sie sah sich kurz um, fragte, wo die Kleider hingen, und stürmte die Treppe hoch in den ersten Stock. Eine der Verkäuferinnen hechtete ihr nervös hinterher. Ich trottete als Letzte rauf.
»Ich glaube nicht, dass …«
»Haben Sie das in meiner
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