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Fuer immer und ledig - Roman

Fuer immer und ledig - Roman

Titel: Fuer immer und ledig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrike Heiland
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Größe?«, fragte Fina ungeduldig.
    Die Verkäuferin drückte ihren Rücken durch und straffte die Schultern. »Ähm, nein. Ich fürchte, wir haben nur … größere Größen. Da ist nichts für Sie dabei.«
    Fina hielt sich das Kleid - ein schwarz-weißes Minikleid im Sechziger-Jahre-Stil - vor. »Das sieht nach meiner Größe aus. Ich probiere es an.« Sie verschwand in der Kabine.
    »Aber…« Die Verkäuferin starrte ihr mit offenem Mund hinterher. Dann klappte sie den Mund wieder zu, warf mir einen Blick zu, den sie ansonsten wohl nur für Massenmörder, Vergewaltiger und Hartz-IV-Empfänger reserviert hatte, und postierte sich vor der Umkleide.
    »Es passt«, rief Fina und kam raus.
    Ich beneidete sie für die Leichtigkeit, mit der sie die teuersten Kleider dieser Welt tragen konnte. Das Kleid sah aus, als wäre es nur für sie gemacht worden.
    »Das kommt dann schon mal in die engere Wahl. Was haben Sie noch?«
    Die Verkäuferin wurde langsam rot und war kurz davor, die Geduld zu verlieren. »Unsere Kollektion, wie soll ich sagen … fällt in dieser Saison wirklich etwas zu groß für Sie aus«, sagte sie und tat so, als müsste sie sich schwer zusammenreißen, um die Contenance nicht zu verlieren.
    Fina starrte die Verkäuferin an. Und verstand. Sie
verdrehte die Augen, griff sich ihre Handtasche, wühlte den Geldbeutel heraus und hielt ihr eine Kreditkarte unter die Nase, die sich sehr von der meinen Unterschied. Schon allein farblich.
    »Erzählen Sie mir keinen Scheiß. Ich will alle Kleider anprobieren, die Sie hierhaben, und mir dann eins kaufen. Dazu noch Schuhe und eine Handtasche. Ich habe nämlich vor zu heiraten, und ich werde aller Voraussicht nach in Chanel heiraten. Ich kann Sie zwar nicht leiden, aber ich mag den Fummel, der hier rumhängt. Haben wir uns verstanden?« Sie schob der Frau, die mittlerweile den Tränen nahe war, die Kreditkarte in den Ausschnitt. »Ich weiß zufällig, wie viel Sie im Monat verdienen. So viel gebe ich in einer Woche aus. Wenn ich sparsam bin.«
    Ich hasste Finas Arroganz. Ich hasste es, wie sie mit Menschen - besonders mit mir - umging. Ich hasste ihr unerschütterliches Selbstbewusstsein. Ganz ehrlich. Aber gerade jetzt in diesem Moment liebte ich sie dafür. Von mir aus hätte es noch stundenlang so weitergehen können.
    Die Verkäuferin stolperte eilig nach unten und flüsterte mit ihrer Kollegin. Diese kam postwendend mit zwei Gläsern Champagner zu uns rauf und war ab sofort nur noch für uns zuständig. Wir durften alles aus den Regalen holen, alles anfassen, alles machen. Ich probierte die Sonnenbrillen durch, inspizierte jeden einzelnen Schuh, drehte jede Handtasche dreimal um und ließ meine Fingerspitzen vorsichtig über die Stoffe der
Kleider gleiten. Nein, anprobieren würde ich keins, weil ich wusste, wie ich neben Fina aussah. Aber ich genoss diesen Nachmittag trotzdem.
    Fina entschied sich am Ende für das Kleid, das sie als Erstes anprobiert hatte. Sie kaufte wirklich noch passende Schuhe und eine Handtasche dazu, für mich fiel ein Halstuch ab, und als wir gingen, winkten uns die Verkäuferinnen glücklich nach.
    »Dumme Schnepfen«, sagte Fina, als wir noch in Hörweite waren.
    »Aber so was von«, pflichtete ich ihr bei.
    »Wo gehen wir jetzt hin?«
    »Prada?«
    »Einmal alles anprobieren, und am Ende nur was Kleines kaufen?«
    »Guter Plan.«
    Sie kaufte sich zwei Stunden später eine Sonnenbrille, die Verkäuferinnen heulten, und ich hatte ein schlechtes Gewissen. Nicht, weil wir die Verkäuferinnen zum Weinen gebracht hatten, sondern weil ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl hatte, dass ich meiner Schwester etwas bedeutete und sie mir vertraute. Und ich betrog sie mit ihrem Verlobten.
     
    Am Abend rief mich Marc an. »Ich kann nicht glauben, dass du mit deiner Schwester einkaufen gehst!«, zischte er.
    »Ich gehe schon die ganze Zeit mit ihr einkaufen«, sagte ich freundlich.

    »Aber heute hast du mit ihr ein Hochzeitskleid gekauft!«, warf er mir vor.
    »Und Schuhe und eine Handtasche. Ach ja, und eine Sonnenbrille, für alle Fälle«, ergänzte ich. »Hat sie dir die Sachen etwa gezeigt? Das bringt Unglück.«
    »Nein, sie hat nur davon erzählt. Chanel? Seid ihr wahnsinnig?«
    »Ja. Ich denke schon.«
    »Warum machst du das?«
    »Ich hab alles im Griff, keine Sorge. Aber warum machst du das?«, fragte ich zurück.
    »Was?«
    »Das mit mir.«
    Schweigen.
    »Frag doch mal Fina, warum sie das mit dir macht. Vielleicht sagt sie

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