Für immer untot
passiert.«
»Wie bitte? Aber gilt es nicht als… unratsam, jemanden zu verwandeln, der so alt ist?«
»Ja.« Mircea ließ sein Glas stehen und kramte im Kleiderschrank. Schließlich holte er ein papierumwickeltes Paket hervor, das nach Sandelholz roch.
»Wusste ich doch, dass ich noch eins habe.« Er hob eine Ecke des Papiers an.
»Und es ist weiß.«
Ich kniff die Augen zusammen. Ming-des Geschenk, nahm ich an. »Bunt siehst du besser aus«, sagte ich scharf.
Uber die Schulter hinweg warf er mir einen glutvollen Blick zu. »Tatsächlich? Die meisten Frauen glauben, dass ich ohne etwas am besten aussehe.«
Ich trat rasch den Rückzug an. »Warum also hast du ihn verwandelt?«
Mircea zuckte mit den Schultern. »Er war der Hauslehrer meiner Kindheit. Ich habe ihn an seinem Totenbett besucht und festgestellt, dass seine Haut so hell war wie die Laken, aber sein Verstand noch immer so scharf wie früher. Er wusste, dass er starb, und darüber ärgerte er sich sehr. Da lag er, mit einem Körper, der ihn im Stich ließ, und verlangte von mir, etwas zu tun, mit der Stimme, die mich als Kind immer in Angst und Schrecken versetzte… «
»Und du hast nachgegeben?«
»Ich bin auf seinen Vorschlag eingegangen«, sagte Mircea würdevoll.
»Du hast klein beigegeben.«
Er seufzte und zog an dem Hemd. »Ich fürchte, ja.«
»Aber warum ist er so? Wenn du ihn verwandelt hast…Sollte er dann nicht so gut sehen wie ein Vampir?« Ganz zu schweigen von Gehör, Gleichgewichtssinn und der Fähigkeit, ein Zimmer schneller zu durchqueren als eine kriechende Raupe.
»Normalerweise ja. Aber Horatiu lag im Sterben, als die Verwandlung geschah. Wenn ich gezögert hätte, wäre er tot gewesen. Und jemanden zu verwandeln, der sich in einem so schlechten Zustand befindet, ist… unratsam, wie du gesagt hast.«
»Warum hast du es trotzdem getan?« Eine solche Ewigkeit erschien mir nicht als großes Geschenk.
Mircea schürte das Feuer, was eigentlich gar nicht nötig war. Es wurde bereits angenehm warm im Zimmer. »Ich wusste nicht, was ich tat«, gestand er, nachdem er die Holzscheite lange genug gepiesackt hatte. »Du vergisst, dass ich nicht für dieses Leben erwählt wurde. Ich bekam es, weil eine alte Frau meine Familie hasste. Ich wurde verflucht.«
»Was hat das mit Horatiu zu tun?«
»Eine ganze Menge. Ich hatte niemanden, der mich beriet, Dulceafä. Es gab niemanden, der mir Wissen über meinen neuen Zustand vermittelte. In einer anderen Zeit wäre es vielleicht leichter gewesen. Heute kümmert sich der Senat um solche meisterlosen Vampire, von denen es nicht viele gibt. Aber damals. .
Damals war nichts leicht und einfach. Ich wusste nicht, dass dies sein Schicksal sein würde.«
»Ich habe nie darüber nachgedacht, wie es für dich gewesen sein muss«, sagte ich langsam. »Plötzlich verwandelt aufzuwachen . .«
Mircea lächelte grimmig. »So schnell ging es nicht. Die Verwandlung dauerte eine Woche, und selbst dann… Solche Dinge waren Fabeln und Märchen, mit denen man Kinder erschreckte! Wie konnte so etwas geschehen sein? Mit mir, einem guten Katholiken?«
»Aber der Vampirismus ist eine metaphysische Krankheit. Er hat nichts zu tun mit…«
»Das wusste ich nicht, Cassie. Ich wusste gar nichts. Ich konnte eine Kirche betreten, den Rosenkranz beten und andere Dinge tun, die für einen Verdammten angeblich unmöglich waren. Doch der Sonnenschein, den ich zuvor als so angenehm empfunden hatte, verbrannte mich plötzlich, und gewöhnliches Essen nährte mich nicht mehr. Mein Körper veränderte sich auf eine Weise, die mich damals entsetzte. Ich hatte mir nicht gewünscht, mehr zu sehen als andere, Dinge zu hören, die besser ungehört blieben, mich im Bett zu wälzen und jeden Herzschlag im Umkreis von einem Kilometer zu vernehmen…«
»Im Lauf der Zeit hast du dich damit abgefunden.«
»Ich weiß nicht, ob man es so ausdrücken kann«, erwiderte Mircea. Ungeniert zog er die schmutzige Hose aus und legte sie aufs Bett, begann dann damit, sie mit einer Bürste zu bearbeiten. »Ich habe die Augen vor der Wahrheit verschlossen und wollte nicht erkennen, was mit mir geschah.«
»Wann hat sich das geändert?«
»Als die Adligen zu mir kamen. Wir hatten eine Wahlmonarchie – jeder mit der richtigen Blutlinie kam als Kandidat infrage –, und die Adligen hatten beschlossen, einen rivalisierenden Zweig der Familie zu unterstützen. In jener Zeit bestand die übliche Methode des Machtwechsels darin, die Leute zu
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