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Für immer untot

Für immer untot

Titel: Für immer untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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beschlossen hatte. Eins führte zum anderen, und es dauerte mehr als drei Jahre, bis ich zu dem verlassenen Bürogebäude zurückgekehrte, das unser Zuhause gewesen war. Und dort fand ich schmutzige Fenster und leere, staubige Zimmer vor.
    Ich weiß nicht, warum es mich so überraschte. Der magische Untergrund veränderte sich schnell – drei Jahre waren für ihn wie drei Jahrzehnte. Ich blieb trotzdem einige Tage in Chicago und fühlte mich seltsam ruhelos und ohne Anker. Nach der Rückkehr zu Tony hatte ich nicht gewagt, mich mit Tami in Verbindung zu setzen, aus Furcht, dass er etwas herausfand und sich an ihr rächte, weil sie mir geholfen hatte. Aber unbewusst war ich immer davon ausgegangen, dass ich eines Tages zurückkehren würde und dass dann alles so war wie vorher. Stattdessen hatte sich alles verändert, und ich wusste nicht, wie ich damit klarkommen sollte.
    Ich war an einem Ort aufgewachsen, wo jedes Zeichen von Schwäche schnell ausgenutzt wurde, und deshalb hatte ich gelernt, nachteilige Emotionen zu verbergen. Wenn selbst der jüngste Vampir physiologische Veränderungen wie beschleunigten Puls, unregelmäßiges Atmen und zu schnelles Blinzeln besser erkennen konnte als der beste Lügendetektor, dann lernte man entweder Selbstbeherrschung oder hielt nicht lange durch. In Chicago entdeckte ich, dass man Angewohnheiten, die ein ganzes Leben lang gewachsen sind, nur schwer ablegen konnte, selbst dann, wenn sie ihren Sinn verloren.
    Ich zog ziellos umher und besuchte einige der alten Treffpunkte, auch die Bäckerei, in der Tami gearbeitet hatte, doch nichts sah aus wie damals, und die Leute waren mir fremd. Nach einigen Tagen begriff ich, dass nicht etwa Chicago mein Zuhause gewesen war, sondern Tami, und ohne sie bedeutete mir die Stadt nichts. Ich hinterließ einige Blumen in der Ecke eines alten Gebäudes, wohl wissend, dass ich damit die Ratten fütterte, und machte mich wieder auf den Weg.
    »Woher habt ihr gewusst, wo ihr mich finden könnt?«, fragte ich Jesse.
    »Jeannie wusste es. Manchmal sieht sie Dinge. Sie sagte, du würdest uns helfen.«
    »Jeannie ist Hellseherin?«
    »Ja. Aber sie ist nicht sehr gut. Sie sieht nicht viel, und meistens sind’s dumme Sachen. Sie ist erst fünf«, sagte Jesse abfällig. »Doch Tami hielt es für eine gute Idee. Sie sagte, wir sollten zu dir gehen, wenn ihr etwas zustößt. Nach all dem Rabatz nahmen wir den Bus.«
    »Nach welchem Rabatz?«
    »Die Magier kamen und brachten sie weg.« Der Blick aus schwarzen Augen durchbohrte mich und erwartete die Antwort auf eine Frage, die Jesse noch nicht gestellt hatte. Auch diesen Blick kannte ich – von Verrat verstand ich das eine oder andere.
    »Ich kümmere mich um euch«, sagte ich und fragte mich, ob ich den Verstand verloren hatte. Bisher war es mir schwer genug gefallen, mich um mich selbst zu kümmern. Tami musste sehr verzweifelt gewesen sein, als sie die Kinder zu mir geschickt hatte, denn immerhin trug ich die größte Zielscheibe von allen auf dem Rücken. Ich wollte tausend Fragen stellen, aber dafür gab es keine Zeit. Die Antworten mussten warten, bis wir den Verfolgern entwischt waren.
    Erneut spähte ich um den Vorhang herum und sah, dass sich Casanova den Vampiren hinzugesellt hatte, die den Kriegsmagiern den Weg versperrten. Er trug eine Weste, an der Flammen tanzten – vermutlich gehörte sie zu der für Männer bestimmten Kollektion. Sie bildete einen guten Kontrast zu seinem dunklen Haar und der olivfarbenen Haut, aber seinen Gesichtsausdruck verbesserte sie nicht. Kriegsmagier zählten nicht zu den Leuten, die er besonders mochte. Trotzdem, er konnte ihnen zwar Unannehmlichkeiten bereiten, sie aber nicht ohne guten Grund hinauswerfen, und sie standen zwischen uns und den Ausgängen.
    Ich sah zur Gruppe der Kinder und zählte schnell. Insgesamt acht.
    Beziehungsweise neun, korrigierte ich mich, als das Baby, das ein Mädchen in den Armen hielt, zu greinen begann. Eindeutig zu viele für einen Sprung.
    Ich wandte mich an Françoise. »Wie wär’s mit einem Ablenkungsmanöver.«
    »Wie groß?«
    »Sehr groß.«
    »In Ordnung.«
    Sie trat zur Seite der Bühne und begann mit einem leisen Singsang. Wenige Sekunden später wogten dunkle Wolken heran und ballten sich über dem Laufsteg zusammen, ohne darauf zu achten, dass wir uns nicht draußen, sondern im Innern eines Gebäudes befanden. Stühle fielen um, als Leute aufsprangen, und das Hintergrundmurmeln wurde fast sofort zu einem Donnern. Die

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