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Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Fuer Wunder ist es nie zu spaet

Titel: Fuer Wunder ist es nie zu spaet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Hamberg
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Zähne
zusammen, dass es knirscht, ihr Mann stirbt, und der Sohn verliert den Vater.
Und das geschieht jetzt. So viel Trauer. Majas Rücken bebt lautlos.
     
    »Wann kommen die denn endlich wieder?«
    Alex schaut besorgt auf das Wasser und die Dämmerung, die langsam
den regenschweren See einbettet.
    »Keine Ahnung. Karin und Jens werden wohl ein Bootstaxi nehmen, und
die anderen rufen sicher an, sowie sie Bescheid wissen.«
    »Maja müsste wirklich bald anrufen.«
    Das Taschentuch ist schon ganz steif vom Rotz, aber er schnäuzt sich
trotzdem hinein. Es scheuert, wenn er die Nase abwischt. Jetzt checkt er zum
siebzehnten Mal sein Handy, keine Nachrichten, keine Anrufe in Abwesenheit.
    Josefin lehnt sich mit einem Seufzer gegen den massiven Tisch im
Speisesaal.
    »Also, weißt du was, Alex, jetzt hast du stundenlang geheult, und
ich bin auch traurig. Wegen Pelle, ich mag ihn nämlich. Aber jetzt müssen wir
auch mal was anderes machen und auf andere Gedanken kommen.«
    »Zum Beispiel?«
    Für einen Moment wendet Alex den Blick vom See ab, während Josefin
nachdenkt und dann die Augenbrauen hochzieht.
    »Ich weiß nicht recht, vielleicht sollten wir einen Film schauen.
Magst du ›Die Simpsons‹?«
    Alex’ Miene hellt sich auf.
    »Soll das ein Witz sein? Ich liebe ›Die
Simpsons‹. Ich habe die fünf ersten Staffeln komplett dabei.«
    Alex schnäuzt sich wieder laut in das steife Taschentuch, und
Josefin macht sich auf den Weg in ihr kleines Zimmer, während sie weiterredet:
»Und ich habe die letzten drei Staffeln bei mir im Zimmer.«
    Alex ruft vom Speisesaal: »Ist das dein Ernst?«
    »Na klar.«
    Und schon kommt sie lachend mit der DVD -Schachtel zurück.
    »Geh und leg dich in mein Bett, ich mach uns ein paar Brote, und
dann glotzen wir bis zum Abwinken.«
    Josefin geht in die Küche und fängt an, lautstark herumzuhantieren.
Sie gießt Milch in einen Topf, streut Kakao und Zucker darüber, schneidet dünne
Scheiben Mettwurst und taut Brötchen auf. Alex schiebt sich schwerfällig vom
Fenster des Speisesaals weg, lässt den See hinter sich und geht in eine Decke
gewickelt in die kleine rosa Schlafkammer von Josefin. Im Bauch fühlt es sich
schon etwas wärmer an.
     
    Ein Bauer hat eine Affäre mit einem alten Türsteher begonnen,
und eine blonde Fernsehmieze hat sich die Haare dunkel gefärbt, und irgendeine
Schlagerqueen hatte deutlich sichtbare Schweißflecken unter den Armen . . .
Maja schmeißt die Illustrierte auf den Fußboden. Jetzt geht es ihr noch
schlechter. Der Ventilator surrt, und manchmal vibrieren die Fensterscheiben,
wenn ein besonders schwerer Lastwagen vorbeifährt.
    Dreißig Minuten sind um. Und noch mal dreißig. Die Operation dauert
länger. Die Mutter und der Junge sind gegangen, der Papa ist gestorben, und sie
mussten nach Hause fahren und ihr neues Leben beginnen. Wohin wird Maja fahren?
Nach Hause? Wo ist ihr Zuhause?
    Jemand drückt die Türklinke hinunter, und die Tür geht langsam auf.
Eine Frau in grünem Kittel schaut herein.
    »Maja Hannix?«
    »Ja?«
    Schnell setzt Maja sich auf und betrachtet die Ärztin, die in der
Tür steht. Ihr blondes Haar ist hochgesteckt, sie hat eine Menge Stifte in der
Brusttasche, eine Schlüsselkette um den Hals, an der neben allen möglichen
Schlüsseln auch ein rosa Schweinchen baumelt, und sie hält eine Krankenakte in
der Hand. Maja versucht zu schlucken, obwohl alle Spucke weg ist. Ihr Hals ist
trocken und die Stimme heiser.
    »Wir denken, es ist gut gelaufen. Erst haben wir versucht . . .«
    »Halt! Sagen Sie einfach das Erste noch einmal bitte.«
    Die Ärztin lächelt und fängt noch einmal von vorn an: »Es ist gut
gelaufen, und wir haben versucht . . .«
    Maja setzt sich mit kerzengeradem Rücken hin, ihr Blick ist klar.
    »Nein, danke, ich möchte keine weiteren Details, es genügt, was sie
gesagt haben. Stimmt das? Alles ist gut gelaufen?«
    »Ja. Er wird jetzt noch ein paar Stunden zusätzlichen Sauerstoff
benötigen, danach darf er aufwachen. Es wäre schön, wenn Sie dann da sein
könnten.«
    »Selbstverständlich. Das heißt, er wird es schaffen.«
    »Ja, sieht ganz so aus. Aber die ersten Tage sind kritisch und . .

    »Danke! Das genügt.«
    Ohne zu zögern, geht Maja zu der Ärztin und umarmt sie lange und
fest. Sie spürt den warmen Körper der Frau durch den grünen Stoff und nimmt den
Duft von Desinfektionsmittel wahr. Sie lässt gar nicht mehr los.
    »Danke.«

     
    57
    J osefin und Alex lachen, bis sie
Bauchkrämpfe

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