Fuer Wunder ist es nie zu spaet
kriegen. Homer Simpson soll Bart und noch ein paar Jungs im Baseball
trainieren, und natürlich geht das so richtig in die Hose.
Die beiden liegen in Josefins kleinem Zimmer hinter der Küche, einer
gemütlichen winzigen Kammer. Auf dem Bett liegt eine bunte Patchworkdecke, auf
Bügeln an der Wand hängen die Kleider, die Josefin im Schloss gefunden hat, und
auf der Fensterbank stehen brennende Kerzen. Draußen peitschen Regen und Wind
gegen das Schloss, aber drinnen ist es warm.
Neben Josefin steht eine Tasse Schokolade mit geschmolzener Sahne,
neben Alex türmt sich ein Haufen Papiertaschentücher. Aber im Moment lacht er.
Der Klumpen in seinem Magen ist noch da, aber trotzdem ist Alex auf eine
seltsame Weise fröhlich.
Es ist gemütlich, neben Josefin zu liegen und »Die Simpsons« zu
schauen. Sie riecht gut, massiert ihm die Schultern und sagt nette Sachen, dass
das Leben weitergeht und dass die Zeit alle Wunden heilt und dass man am
meisten lernt, wenn das Leben am schwersten ist. Das sind Sachen, die man in
diesen Büchern mit Lebensweisheiten lesen kann, wie seine Mutter sie zu Hause
auf dem Klo liegen hat.
Und das Seltsame ist, dass er gar keine Angst hat. Er liegt neben
einem Mädchen, schaut einen Film, lacht, weint und hat überhaupt keine Angst.
Das wäre noch vor zwei Wochen vollkommen unmöglich gewesen. Alex schnäuzt sich
noch einmal laut und legt sein Kinn auf die vor Lachen hüpfende Schulter von
Josefin.
»Jens, wach auf.«
Jemand streichelt ihm die Wange. Es ist Karin. Karin streichelt ihn.
Verschlafen sieht Jens auf.
»Oh, entschuldige, ich bin eingeschlafen, das wollte ich nicht, ich
. . .«
»Das war ganz in Ordnung. Ich habe uns ein Picknick organisiert.«
»Aber wir haben doch unser Essen dabei.«
»Nein, das haben wir nicht. Du musst den Rucksack im Boot vergessen
haben.«
Jens denkt nach und stellt fest, dass Karin recht hat. Neben ihm hat
sie kleine Papierhandtücher ausgebreitet und alles aufgedeckt, was sie im
Krankenhauskiosk finden konnte. Zwei Becher Milchreis, eine große Tüte Orangensaft,
ein paar dreieckige Sandwiches mit Thunfisch und zwei Schokoriegel. Karin lacht
etwas verlegen.
»Das ist vielleicht nicht das eleganteste Picknick deines Lebens,
aber es ist immerhin etwas zu essen.«
»Es sieht wunderbar aus.«
Jens wirft einen Blick zu Karins sehr totem Vater und dann zu Karin.
»Ist das okay für dich, hier drin zu essen?«
»Ja, absolut. Es fühlt sich richtig gut an. Er hat es gut, ich
glaube, ich habe ihn noch nie so friedlich gesehen. Und ich esse gern zusammen
mit dir und mit ihm hier drinnen.«
»Na gut.«
Jens richtet sich auf und öffnet gierig einen Becher Milchreis. Dann
essen sie schweigend nebeneinander in dieser kompakten Stille, die es nur in
schallisolierten Krankenhäusern gibt. Der pladdernde Regen erzeugt eine kleine
Sinfonie vor dem Fenster. Karin stellt ihren Milchreis weg und nimmt Anlauf.
»Du, Jens?«
»Ja.«
Jens sieht auf, den ganzen Mund voller süßem Milchreis.
»Ich wollte fragen . . .«
»Was denn?«
». . . hat es dir geschmeckt?«
Jens lacht und schiebt sich noch einen großen Löffel Milchreis in
den Mund.
»Doch, schon.«
»Nein, das stimmt nicht.«
Karin lächelt. Jens wirft den leeren Becher in den Papierkorb.
»Na ja, so lecker war es auch wieder nicht. Aber es war trotzdem
gut, wenn du verstehst, was ich meine. In gewisser Weise war es das beste
Essen, das ich je gegessen habe.«
»Aber das war es nicht, was ich fragen wollte.«
»Ach so?«
Jens nimmt einen großen Bissen von dem schwammigen Thunfischsandwich
und spült den klebrigen Geschmack mit etwas Orangensaft herunter. Karin spreizt
die Finger und legt sie aufeinander, als würde sie beten. Dann sieht sie Jens
direkt in die grünen Augen.
»Ich wollte fragen . . . ob du vielleicht ein bisschen mit mir leben
willst.«
Jens hält mitten im Kauen inne.
»Ein bisschen mit dir leben?«
»Ja. Ich hab das Gefühl . . . Also, ich kann mir nicht vorstellen,
jetzt nach diesem Kurs oder wie wir es nennen wollen, ohne dich zu sein. Wenn
du in meiner Nähe bist, bin ich ruhig und fühle mich geborgen.«
Jens schluckt einen viel zu großen Bissen herunter, der ihm fast im
Hals stecken bleibt.
»Okay. Aber . . .«
Karin unterbricht ihn sofort.
»Wenn du nicht willst, dann ist das natürlich völlig in Ordnung! Du
musst keine Angst davor haben, Nein zu sagen. Du darfst gerne Nein sagen. Ich
werde mir dann nicht das Leben nehmen.«
»Es ist mehr . . . also
Weitere Kostenlose Bücher