Fuer Wunder ist es nie zu spaet
ja wie damals, als Channa, Pugh, Mads und ich aus
Spaß eine kleine Garagenband gegründet haben. Ich hab immer so nebenbei
Schlagzeug gespielt, das war auf Gotland, irgendwann Anfang der Achtziger . . .
Meine Familie und ich, wir wohnten damals dort . . . Was haben wir gerockt!
Mads war ein bisschen lockerer als sonst, weil das nicht sein übliches Publikum
war, und Channa, tja, die ist ja immer ziemlich locker. Hast du sie mal
kennengelernt?«
»Vor zehn Jahren oder so hab ich sie mal für eine Fernsehserie zum
Thema Frauenpower interviewt, ich mochte sie total. Und wie ging es dann
weiter? Du hast dich von deiner Frau getrennt, als du Maja kennengelernt hast?«
»Ja. Genau, so war es.«
»Und wie war das? Wie hast du deine neue Liebe mit deiner Tätigkeit
als Künstler und mit deiner Rolle als Vater vereinbart? Schließlich hattest du
vorher eine Frau, die dir ziemlich den Rücken frei gehalten hat, oder täusche
ich mich da?«
»Nein, da täuschst du dich nicht. Meine Exfrau hat viel für mich
gemacht, wirklich. Sie hat sich um die Kinder gekümmert, während ich kaum
wusste, in welche Klasse sie gerade gingen, aber nicht, weil mich das nicht
interessiert hätte! Das war es nicht, aber ich war wohl . . . ziemlich mit mir
selbst beschäftigt oder mit meiner Arbeit. Ich glaube, ich habe es einfach so
gut gemacht, wie ich konnte. Nach der Scheidung haben die Kinder bei meiner
Exfrau gewohnt. Das war sicher am besten so. Ich habe alles zurückgelassen,
musst du wissen. Meine Frau hat unsere große Wohnung gekriegt, die ganze Kunst,
alles. Ich bin einfach gegangen. Mit völlig leeren Händen. Bin zu Maja in ihr
kleines Zimmer in der Tavastgatan gezogen, wo wir auf einer Matratze geschlafen
haben. Aber ich fühlte mich frei. Irgendwie war es schön, alles Unnötige, das
ich besaß, wegzugeben und nur Maja und eine Matratze zu haben. Meine Kinder
fanden es bei uns wahrscheinlich nicht so toll. Sie waren Teenager, fast so alt
wie Maja, die haben sich zu Hause schon wohler gefühlt.«
»Habt ihr heute einen guten Kontakt?«
»Doch, schon. Ziemlich gut, glaube ich.«
»Sind sie auch künstlerisch begabt? So wie du?«
»Nein, überhaupt nicht. Bei allen vieren herrscht ziemlich viel Ruhe
und Ordnung. Einer ist sogar Chef von irgendeiner Bank geworden, der ist
wirklich das schwarze Schaf der Familie. Ach, ehe ich es vergesse, Channa kommt
auch zum Maskenball, da wirst du sie und die anderen treffen, das wird bestimmt
nett. Ach ja, da fällt mir noch was ein! Warte einen Moment.«
Pelle steht vom Granittisch auf, schiebt die nackten Füße in die
marokkanischen Pantoffeln und geht mit erwartungsvollen Schritten in die Küche,
wo Josefin laut herumhantiert. Karin hört, wie er begeistert vom Maskenball
erzählt und von seinem Plan, ein ganzes Schwein zu grillen, und dass man es
rechtzeitig bestellen müsse und ob Josefin dafür sorgen könne. Vielleicht
könnte man ja den Tanzboden aufbauen? Und Josefin sagt, kein Problem, wie cool,
das machen wir, ist ja noch ein bisschen Zeit bis dahin.
Orups Lied liegt wie ein Teppich über dem Schlossgarten. Es handelt
davon, was seine Mutter zu ihm gesagt hat, dass er nämlich keine Frau wegen
ihrer Schönheit heiraten soll. Karin muss lachen. Hier sitzt sie und interviewt
Pelle Hannix, den mit Abstand erfolgreichsten Bildhauer Schwedens, auf einer
betörenden Insel mitten im Vänersee und hört Orup.
»So, das hätten wir geklärt! Auf diesem Maskenball muss es immer
gegrilltes Schwein geben, und darum muss man sich rechtzeitig kümmern. Prost!«
Pelle füllt Karins Glas mit Roséwein, und sie stoßen an. Er hat
durchaus Stil, auf diese etwas abgerissene Art. Sie spürt, wie er alle
Aufmerksamkeit auf sie richtet. Er schaut auf ihre Hände, wenn sie so
gestikuliert, dass alle ihre Silberarmreifen klappern. Karin flirtet.
Natürlich, ein lässiges So-ganz-nebenbei-Flirten. Sie weiß ganz genau, wie sie
das anstellen muss, wie sie schauen, lachen und fragen muss. Sie streckt sich,
als würde sie von einem spontanen Gähnen überrascht, dabei weiß sie, dass sie sich
genau wie eine kleine Katze reckt, wobei der Bauch unter dem Shirt nur zu
erahnen ist, die Brüste leicht zusammengedrückt werden und die Augen scheinbar
teilnahmslos aussehen. Es ist so einfach, einen Mann zu verführen, sie sind so
leicht zu fangen und anzulocken, aber leben kann man nicht mit ihnen. Da fängt
es an zu knirschen. Was vorher so wunderbar charmant war, wird plötzlich
gefährlich. Oje, willst du
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