Fuer Wunder ist es nie zu spaet
Situps gemacht,
er ist auch nicht gejoggt. Und nun kriegt er Bauchschmerzen davon, dass seine
olle Schwimmlehrerin zwei Etagen höher bei einem noch älteren behaarten Typen
sitzt und ihm Abendessen bringt?
»Ich nehme doch etwas Tee.«
»Nur zu.«
Mit Gummihandschuhen an den Händen gießt Josefin den Tee in eine
große getöpferte Tasse.
»’Cause I’d miss you baby, and I don’t wanna miss a thing . . .«
»Was ist das eigentlich für ein Sender, den du da hörst?«
»Weiß nicht genau, irgendeiner mit Rockmusik.«
»Was glaubst du eigentlich, warum Jens hier ist? Wo er doch schon
schwimmen kann?«
»Bestimmt hat er einen guten Grund. Vielleicht wollte er einfach mal
weg und Ferien machen.«
»Aber da fährt man doch nicht auf einen Schwimmkurs.«
»Vielleicht tut man ja genau das.«
»Aber warum kann er das nicht einfach sagen? Warum hat er geschwiegen,
als ich ihn das da unten am Steg gefragt habe? Man muss sich doch nicht dafür
schämen, dass man mal seine Ruhe will. Oder?«
»Frag ihn doch noch mal, wenn er sich ein wenig beruhigt hat.
Prost.«
Josefin stößt mit ihrer Teetasse an die von Alex. Alex prostet ihr
ebenfalls zu und denkt dabei, dass er wohl doch mal zu Jens raufgehen muss.
Jens sitzt in seinem karierten Flanellschlafanzug auf dem
Bett. Er hat das Tablett auf dem Schoß und stochert ein wenig in den
marinierten Kartoffeln und dem gegrillten Lachs herum. Seine Augenlider sind
geschwollen. Maja sitzt ihm gegenüber auf dem Bett, an das gepolsterte Fußende
gelehnt.
»Willst du drüber reden?«
Schweigend nimmt Jens einen Schluck Limonenwasser. Stochert noch ein
wenig im Lachs und zuckt die Schultern.
»Dann kennt ihr euch schon von früher her?«
»Kann man so sagen. Wir waren Klassenkameraden.«
Maja hört schweigend zu. Jens stochert weiter im Essen.
»Magst du nicht mehr erzählen?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Aber magst du noch hierbleiben? In dem Kurs?«
Maja trinkt aus ihrer Teetasse, die sie mit beiden Händen umklammert
hält.
»Aber ich kann ja schwimmen.«
»Stimmt, ich weiß. Und noch ziemlich gut dazu. Jens, warum bist du
hergekommen?«
»Tja, weil ihr so eine unglaublich schöne Insel habt, und ich bin doch
Gärtnermeister . . .«
»Und?«
»Ich wollte die Pflanzen auf der Insel sehen. Vielleicht ein paar
Stecklinge mitnehmen. Die Flora hier ist ziemlich berühmt, musst du wissen.«
»Aber dafür hättest du doch einfach nur anrufen müssen, Jens, du
musst doch keinen teuren Kurs buchen, sondern hättest einfach kommen können.
Das wäre doch nett gewesen. War es wirklich nur deswegen?«
»Nicht wirklich.«
»Du musst dich nicht schämen. Erzähl einfach.«
Jens schluckt. »Ich hatte vielleicht gehofft . . . jemanden
kennenzulernen.«
»Jemanden?«
»Ja, eine Frau vielleicht. Blöd. Superblöd. Das ist alles so
peinlich.«
»Das ist überhaupt nicht peinlich! Das war sehr klug gedacht. Du
bist ziemlich einsam, oder?«
»Ja und nein. Aber es fällt mir schwer, Frauen kennenzulernen. Ich
bin schüchtern, und ich habe mit meiner Arbeit alle Hände voll zu tun.«
Maja denkt eine Weile nach.
»War irgendwas mit Karin? Wie soll ich sagen . . . hast du dich um
sie bemüht? Ist sie deshalb böse geworden?«
»Nein, nein! Überhaupt nicht. Karin hat . . . Karin hat es sehr
schwer. Aber ich will nicht herumtratschen. Das kann sie selbst erzählen, wenn
sie will. Nur sind wir nicht wirklich Freunde, und unter den Umständen ist es
anstrengend, hier zu sein. Also werde ich morgen abreisen, dann kann sie weiter
hierbleiben und schwimmen lernen. Das ist wichtig für sie.«
»Jens. Ich kann dir nicht erklären, warum, aber mein Bauch sagt mir,
dass du besser hierbleiben solltest.«
»Ich weiß nicht . . .«
»Schlaf noch mal drüber. Triff jetzt noch keine Entscheidung. Du
kannst auf der Insel bleiben, dir die Pflanzen anschauen, so viel du willst, es
als Urlaub betrachten. Weinst du?«
Schnell wischt sich Jens über die Augen.
»Nein.«
»Doch, das tust du. Soll ich dich in den Arm nehmen?«
Maja nimmt das Tablett und stellt es auf den Fußboden. Dann legt sie
sich neben Jens und umarmt ihn. Und Jens erwidert die Umarmung.
»Kennst du die Banane?«
»Die Banane? Glaub nicht.«
»Und Anette W.? Die mit dem Pony, der ihr bis in die Augen . . .«
»Nee, auch nicht.«
»Aber du hast bestimmt die Geschichte gehört, wie Anbagger-Arvid so
sauer auf Stoffe war und ihn vermöbeln wollte? Jetzt diesen Sommer?«
»Nee, glaub nicht.«
»Also,
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