Fuerstin der Bettler
kohlrabenschwarz, höllenschwarz. Gleichzeitig holte sie mit ihrem Riegel aus und schlug zu. Das Licht zu heben, in die Augen des weißen Teufels zu blicken und mit dem Riegel zuzuschlagen war eine einzige Bewegung in einem einzigen Moment. Bevor der Weißfuchs den Arm zum Schutz vor dem Schlag hochreißen konnte, traf ihn das Eisen an der Schläfe.
Der Körper des Weißfuchses sank in die Knie, und mit einem ausdrucklosen Gesicht, das so aussah, als hätte man es aus Wachs geformt, starrte der Weißfuchs Hannah an. Langsam, fahrig, so als falle ihm die Bewegung schwer, wollte er sich an die Schulter fassen, doch es gelang ihm nicht.
Hannah sah, wonach er suchte. Dort saß ein Schulterhalfter,in dem noch drei Messer steckten. Dann, noch langsamer, verdrehte der Weißfuchs die wasserklaren Augen und sackte vornüber.
Stille herrschte im Raum. Vollkommene Stille. Hannah hob den Kopf. Sie konnte keines der Kinder wirklich ausmachen. Sie standen alle außerhalb des Lichtkegels. Sie wusste nicht einmal, wie viele es waren. Schließlich trat eines der Kinder vor und flüsterte ein Wort, ein Wort, das in Hannah alle Dämme brechen ließ.
»Mutter?«
Bruder Adilbert öffnete die Tür und trat ins Freie. Das war das Zeichen für die Frauen. Womöglich hätte niemand ihn bemerkt, wenn nicht in dem Augenblick, als die Tür aufging, die Frauen in der Nähe der Wachen das Messer gezückt und es den Männern an die Kehle gehalten hätten. Kurz darauf klirrten die Schwerter zu Boden, wurden eingesammelt, und die Wachen fielen auf die Knie, wo sie mit blassem, verkniffenem Gesicht stillhielten.
Plötzlich verstummte die Musik – und eine Stille trat ein, die unwirklich anmutete. Alle Gäste im Innenhof sahen sich um, blickten verwundert auf die Knienden und fuhren herum, als der Mönch sich zu Wort meldete.
»Aigen!«, schrie Bruder Adilbert in die Stille hinein. »Aigen! Tretet heraus.«
Zuerst geschah nichts, nur einige der höheren Herrn, vor allem die Geistlichen, flüsterten miteinander, als wollten sie sich beschweren, dass der so gelungene Abend diese unverständliche und merkwürdige Unterbrechung erfuhr.
Dann kam Bewegung in die Menschen. Sie steckten die Köpfe zusammen, deuteten auf Bruder Adilbert, dann auf die Wachen,bis sich schließlich eine Person aus der Menge löste und auf den Mönch zuschritt.
Bruder Adilbert wollte schon harsch reagieren, als er von der Balustrade herab, von dort, wo die Musik spielte, ein Räuspern vernahm.
»Warum stört Ihr meine kleine Einweihungsfeier?« Aigen trat an die Brüstung und stützte sich mit den Armen auf.
Der Mann, der sich dem Mönch genähert hatte, verhielt den Schritt und sah ebenfalls empor.
Bruder Adilbert wusste sofort, warum der Mann sich dort zeigte. Hinter ihm begann der Geheimgang – und er hätte sofort verschwinden können, wenn es für ihn brenzlig wurde.
»Wir stören sie nicht. Wir bereichern sie nur«, sagte der Mönch leichthin. »Mit einigen Anekdoten, die Euch sicherlich interessieren werden.«
»Das freut mich.« Der Patrizier rang sich ein Lächeln ab, das jedoch gezwungen wirkte. »Aber ich gebe nichts auf den Klatsch der Straße.«
»Oh, Aigen, Ihr irrt Euch gewaltig. Das ist kein Klatsch, den wir Euch vorsetzen wollen, das ist nichts weniger als die Grundlage für ein Heldenepos.«
Wieder lächelte der Patrizier gezwungen. »Die Zeit der großen Dichter ist vorbei. Wir leben in weit dunkleren Zeiten, die nicht mehr zu Heldentaten taugen.«
»Wieder irrt Ihr Euch, Aigen. Sie eignen sich nicht nur dazu, sie haben eine Heldentat hervorgebracht, die man nur bewundern kann.«
Der Mönch sah, wie die Bürger und die Geistlichen wieder die Köpfe zusammensteckten und tuschelten. Während ihres Disputs hatten die weiblichen Bediensteten weiterhin Getränke und kleine Speisen gereicht, sodass man fast den Eindruck bekam, das Gespräch zwischen Aigen und ihm gehöre mit zur Gestaltung dieses Abends. Wenn da nicht die knienden Wachen gewesen wären. Und jeder der Frauen war anzusehen, dass sie ernst machen würde mit ihrem Messer, dessen Schneide die Kehle der Männer ritzte.
»Um aus dem Leben ein Epos zu machen, eine Heldengeschichte zu formen, braucht es neben einem Mann mit machtvoller Sprache auch ein Geschehen, das es wert wäre, erzählt und der Nachwelt überliefert zu werden«, fuhr Aigen fort.
Adilbert dachte fieberhaft nach. Er musste Zeit gewinnen. So viel Zeit, bis die Röttel auftauchte. Wenn sie nicht wiederkam, dann stand
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