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Funke, Cornelia

Funke, Cornelia

Titel: Funke, Cornelia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rekkless
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geboren von Glas und Silber, und machte ihn unbesiegbar.
     
    Ammenmärchen.
Als Kind hatte Hentzau nichts lieber gehört, weil sie der Welt einen Sinn und
ein gutes Ende gaben. Einer Welt, die in oben und unten zerfiel und von Göttern
mit weichem Fleisch regiert wurde. Doch Hentzau hatte ihnen ihr weiches
Fleisch zerschnitten und gelernt, dass sie keine Götter waren - ebenso, wie er
gelernt hatte, dass die Welt keinen Sinn machte und nichts ein gutes Ende nahm.
    Aber da
war er. Hentzau sah ihn so deutlich, als könnte er die Hand nach ihm
ausstrecken und den mattgrünen Stein berühren, der ihm schon die Wange maserte.
    Der
Jadegoyl. Geboren aus dem Fluch der Fee.
    Hatte sie
es so geplant? Hatte sie all das Steinerne Fleisch nur gesät, um ihn zu ernten?
    Was interessiert dich das, Hentzau? Finde ihn!
    Die Motte
spreizte erneut die Flügel, und er sah Felder, auf denen er selbst noch vor ein
paar Monaten gekämpft hatte. Felder, die an den Ostrand des Waldes grenzten.
Er suchte auf der falschen Seite.
    Hentzau
unterdrückte einen Fluch und erschlug die Motte.
    Seine
Soldaten blickten ihn erstaunt an, als er den Befehl gab, wieder nach Osten zu
reiten. Aber sie waren erleichtert, dass er sie nicht tiefer in den Wald
hineinführte. Hentzau wischte sich die zerdrückten Flügel von der Uniform und
schwang sich aufs Pferd. Keiner von ihnen hatte die Motte gesehen, und sie würden
alle bezeugen, dass er den Jadegoyl ohne die Hilfe der Fee gefunden hatte - so
wie er jedem sagte, dass es Kami'en war, der den Krieg gewann, und nicht der
Fluch seiner unsterblichen Geliebten. Jade.
    Sie hatte
die Wahrheit geträumt.
    Oder einen
Traum zur Wahrheit gemacht.
     
    12
     
    SEINESGLEICHEN
     
    E s war später
Mittag, als sie den Wald endlich hinter sich ließen. Dunkle Wolken hingen über
Feldern und Wiesen, Flicken aus Gelb, Grün und Braun, die sich bis zum Horizont
erstreckten. Holunderbüsche trugen schwer an schwarzen Beeren, und zwischen den
wilden Blumen, die am Straßenrand wuchsen, schwärmten Elfen, die Flügel nass
vom Regen. Doch viele der Höfe, an denen sie vorbeiritten, waren verlassen, und
auf den Feldern rosteten Kanonen zwischen dem ungeernteten Weizen.
    Jacob war
dankbar für die verlassenen Häuser, denn Will war inzwischen allzu deutlich
anzusehen, was in seinem Fleisch nistete. Es regnete, seit sie aus dem Wald
gekommen waren, und der grüne Stein schimmerte auf dem Gesicht seines Bruders
wie die Glasur eines finsteren Töpfers.
    Jacob
hatte Will immer noch nicht gesagt, wohin er sie führte, und er war froh, dass
Will nicht fragte. Es reichte, dass Fuchs wusste, dass ihr Ziel der einzige Ort
in dieser Welt war, an den er geschworen hatte, niemals zurückzukehren.
    Der Regen
fiel schon bald so unerbittlich, dass selbst Fuchs ihr Fell keinen Schutz mehr
bot, und Jacobs Schulter schmerzte, als stieße der Schneider ihm seine Nadeln
aufs Neue hinein. Doch jeder Blick auf Wills Gesicht ließ ihn alle Gedanken an
Rast vergessen. Die Zeit lief ihnen davon.
    Vielleicht
war es der Schmerz, der ihn unvorsichtig machte. Jacob beachtete den
verlassenen Hof am Straßenrand kaum, und Fuchs witterte sie erst, als es zu
spät war. Acht Männer, zerlumpt, aber bewaffnet. Sie kamen so plötzlich aus
einem der zerschossenen Ställe, dass sie die Flinten auf sie richteten, bevor
Jacob die Pistole ziehen konnte. Zwei von ihnen trugen die Uniformmäntel der
Kaiserlichen und ein dritter die graue Jacke der Goyl. Plünderer und
Deserteure. Hinterlassenschaft des Krieges. Einer hatte die Trophäen am Gürtel
hängen, mit denen sich auch die Soldaten der Kaiserin gern schmückten: Finger
ihrer steinhäutigen Feinde, in allen Farben, die sie finden konnten.
    Für einen
Moment hoffte Jacob tatsächlich, sie würden den Stein nicht bemerken, denn Will
hatte sich die Kapuze wegen des Regens tief ins Gesicht gezogen. Aber einer von
ihnen, mager wie ein ausgezehrtes Wiesel, bemerkte seine entstellte Hand, als
er Will vom Pferd zerrte, und zog ihm die Kapuze vom Kopf.
    Clara
versuchte, sich schützend vor ihn zu stellen, doch der in der Goyljacke riss
sie grob zurück, und Will verwandelte sich in einen Fremden. Es war das erste
Mal, dass Jacob auf dem Gesicht seines Bruders so unverstellt die Lust sah,
jemanden zu verletzen. Will versuchte, sich loszureißen, aber das Wiesel schlug
ihm ins Gesicht, und als Jacobs Hand an den Revolver fuhr, setzte der Anführer
ihm die Flinte auf die Brust.
    Er war ein
grobschlächtiger Kerl mit nur drei

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