Funke, Cornelia
seinen Hut vom Kleiderhaken neben der Tür.
»Meine
Preise sind in den letzten drei Jahren enorm gestiegen«, sagte er.
»Ich werde
dich am Leben lassen«, gab Jacob zurück. »Damit bist du fürstlich bezahlt.«
Valiant
schenkte ihm ein mitleidiges Lächeln, während er sich den Hut vor der
verglasten Eingangstür zurechtrückte. Wie viele Zwerge hatte er eine
Leidenschaft für Zylinder, die seiner Größe ein paar Handbreit hinzufügten.
»Es
scheint dir sehr wichtig zu sein, zu deiner verflossenen Geliebten
zurückzukommen«, schnurrte er. »Und der Preis steigt mit der Verzweiflung des
Kunden.«
Jacob
setzte ihm zur Antwort die Mündung der Pistole an den Hut. »Verlass dich
drauf«, sagte er. »Dieser Kunde ist verzweifelt genug, um dich jederzeit zu
erschießen.«
20
ZU VIEL
Fuchs roch
goldenen Abscheu, steingewordenen Ekel, erfrorene Liebe. Der Eingang der Höhle
atmete sie aus, und das Fell sträubte sich ihr, als sie Claras Spur davor im
Gras fand. Sie war mehr gestolpert als gelaufen, und die Spur führte auf die
Bäume zu, die hinter der Höhle wuchsen. Fuchs hatte gehört, wie Jacob Clara vor
ihnen gewarnt hatte, aber sie war darauf zugehastet, als wäre ihr bedrohlicher
Schatten genau das, was sie suchte.
Ihr Geruch
war derselbe, den Fuchs roch, wenn sie ihr Fell ablegte. Mädchen. Frau. So viel
verwundbarer. Stark und schwach zugleich. Herz, das keine Schale kannte.
Der Geruch
sprach von all dem, was Fuchs fürchtete und wovor das Fell sie schützte. Claras
hastige Schritte schrieben es auf die dunkle Erde, und Fuchs musste nicht ihre
Nase fragen, warum Clara so schnell lief. Sie selbst hatte schon versucht, dem
Schmerz davonzulaufen.
Die
Haselnusssträucher und wilden Apfelbäume waren harmlos, aber zwischen ihnen
ragten Stämme aus dem Dickicht, deren Rinde so stachlig wie die Hülle einer
Kastanie war. Vogelbäume. Das Licht der Sonne zerlief unter ihnen in finsterem
Braun und Clara war einem von ihnen geradewegs in die holzigen Klauen
gestolpert.
Sie schrie
nach Jacob, aber der war weit fort. Der Baum hatte ihr die Wurzeln um Knöchel
und Arme geschlungen, und auf ihrem Körper landeten seine gefiederten Diener,
die Federn so weiß wie frisch gefallener Schnee, Vögel mit spitzen Schnäbeln
und Augen, die ihnen wie rote Beeren im Kopf saßen.
Fuchs fuhr
zwischen sie mit gebleckten Zähnen, taub für ihr wütendes Geschrei, und packte
einen der Vögel im Sprung, bevor er sich hinauf in die schützenden Zweige
retten konnte. Sie spürte sein Herz zwischen ihren Kiefern rasen, aber sie biss
nicht zu, sondern hielt nur fest, ganz fest, bis der Baum Clara mit einem
zornigen Ächzen losließ.
Die
Wurzeln lösten sich wie Schlangen von ihren zitternden Gliedern, und als Clara
taumelnd auf die Füße kam, glitten sie schon zurück unter die herbstbraunen
Blätter, wo sie auf das nächste Opfer warten würden. Die anderen Vögel
schimpften aus den Zweigen auf Fuchs herab, geisterhaft weiß zwischen all dem
vergilbten Laub, aber sie hielt ihre Beute gepackt und ließ erst los, als Clara
an ihre Seite stolperte. Ihr Gesicht war so weiß wie die Federn, die ihr an den
Kleidern hafteten, und Fuchs roch nicht nur die Todesangst, die ihr Körper
immer noch atmete, sondern auch den Schmerz in ihrem Herzen wie eine frische
Wunde.
Sie
sprachen kaum ein Wort auf dem Weg zurück zur Höhle. Clara blieb irgendwann
stehen, als könnte sie nicht weitergehen, aber schließlich tat sie es doch.
Als sie die Höhle erreichten, blickte sie auf den dunklen Eingang, als hoffte
sie, Will dort zu sehen, doch dann setzte sie sich neben den Pferden ins Gras
und kehrte ihr den Rücken zu. Bis auf ein paar kleine Wunden an Hals und
Knöcheln war sie unverletzt, aber Fuchs sah ihr an, dass sie sich schämte - für
ihr schmerzendes Herz und dafür, dass sie fortgelaufen war.
Fuchs
wollte nicht, dass sie fortging. Sie wechselte die Gestalt und schlang die Arme
um sie, und Clara presste ihr Gesicht in das pelzige Kleid, das dem Fell der
Füchsin glich.
»Er liebt
mich nicht mehr, Fuchs.«
»Er liebt
niemanden mehr«, flüsterte Fuchs zurück. »Weil er vergisst, wer er ist.«
Wer wusste
besser als sie, wie sich das anfühlte? Eine andere Haut, ein anderes Ich. Aber
das Fell der Füchsin war weich und warm. Und der Stein war so hart und kühl.
Clara
blickte zur Höhle hinüber. Fuchs zupfte ihr eine Feder aus dem Haar.
»Bitte
bleib!«, flüsterte sie ihr zu. »Jacob wird ihm helfen. Du wirst sehen.«
Wenn
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