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Furchtbar lieb

Furchtbar lieb

Titel: Furchtbar lieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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älteren Patientin ein Rezept ausgeschrieben hatte, meldete sich sein Pager. »Bitte, Mrs. Beattie, gehen Sie damit zur Apotheke«, hatte er gesagt und sie zur Rezeption begleitet.
    »Kneipentheke?«, hatte Mrs. Beattie gefragt.
    »Zur Apotheke. Apotheke!«
    »Welche Kneipe?«, fragte Mrs. Beattie.
    Kyle reichte die verwirrte Mrs. Beattie an die Sprechstundenhilfe weiter und las Sarahs Nachricht: »Sofort herkommen!«
    Als Kyle zehn Minuten später eintraf, lag Sarah schon aufdem Bett. Sie hatte ihr T-Shirt an, die Hose aus, und ihre Unterhose ein Stück beiseitegezogen. Selbst die kleine Mühe, die Unterhose auszuziehen, war zuviel verlangt. Sie klatschte Gleitmittel drauf, dann sagte sie Hallo. Die meisten Typen hätten unter solchen Umständen wahrscheinlich Schwierigkeiten gehabt, ihre Erektion aufrechtzuerhalten, aber Kyle stellte sich vor, mit jemand anderem zusammen zu sein, und kämpfte sich durch.
    Das war eines der letzten Male gewesen, dass sie versucht hatten, ein Kind zu zeugen, und seitdem hatte Sex irgendwie einen traurigen Beigeschmack gehabt.
    Kyle hörte auf, Krissie anzuschauen und wandte sich Sarah zu. Wie sie da saß und ihren Wein trank, war es, als ob Jahre der Sorge und Anspannung von ihr abgefallen und begeistert glänzenden Augen gewichen wären. Kyle erhaschte einen kurzen Blick auf die Frau, in die er sich verliebt hatte: eine Frau, die ihn nicht als Idioten bezeichnete, die keine Listen mit Aufgaben anlegte, die er bis zu einem bestimmten Datum zu erledigen hatte. Sie lächelte, und ihr ganzes Gesicht hatte sich verwandelt und war lebendig geworden. Kyle spürte eine gewisse Aufgeregtheit, als er sie jetzt außerhalb ihrer normalen Umgebung sah. Er fragte sich einen Moment lang, ob es möglich sei, in eine frühere Zeit zurückzukehren – eine Zeit, als ihr Lächeln alles gewesen war, was er gebraucht hatte.

[Menü]
    Kapitel dreizehn
    Ich rief Matty an, als Sarah, Kyle und ich gerade »Stell dich« spielten. Nach drei Flaschen Wein waren wir blau und forderten uns gegenseitig heraus, uns unseren größten Ängsten zu stellen.
    Da ich kein Blut sehen kann, meinte Kyle, ich solle in seine Hand schneiden, so dass genug Blut austreten würde, um ein kleines Papiertaschentuch zu tränken. Er sagte mir, ich solle mir keine Sorgen machen, er sei Arzt und würde mir sagen, sobald ich zu weit ginge. Dann gab er mir sein Schweizer Armeemesser und streckte seine Hand aus. Meine Schweißdrüsen begannen (wie sie es immer getan haben) sofort zu arbeiten, als ich seine Hand ergriff. Warmer Schweiß tropfte aus meiner Handfläche auf seine. Er drückte die Klinge des Messers fest gegen sein Fleisch. Es würde nie funktionieren, und mir wurde langsam schwindlig. Ich zögerte und sah Kyle in die Augen. Da bewegte er zärtlich seinen Daumen unter meiner Hand, und ein plötzlicher Adrenalinstoß brachte mich dazu, die Augen zu schließen und ihm ins Fleisch zu schneiden.
    »Herr im Himmel!«, brüllte Kyle und zuckte vor Schmerz zurück.
    Ich sah zu, wie das Blut aus seiner Hand schoss …
    ***
    »Krissie! Krissie! Kriss! Hallo! Geht es dir gut?« Sarahs Gesicht tauchte verschwommen in meinem Blickfeld auf. »Du bist ohnmächtig geworden.«
    Sie half mir beim Aufsetzen, und es dauerte eine Weile, eheich wieder ganz bei Bewusstsein war und mich an das Geschehene erinnern konnte. Kyle hielt seine Hand hoch (mit der alles in Ordnung war) und wedelte breit lächelnd mit einem blutverschmierten Papiertaschentuch.
    »Jetzt bist du aber so was von an der Reihe«, sagte ich zu Kyle.
    Kyle hatte immer Angst vor Spinnen gehabt. Zwischen seinem Schulabschluss und dem Beginn seines Studiums hatte er eigentlich ein Jahr in Australien verbringen wollen, aber nach einem kurzen Zwischenfall mit einer haarigen Riesenkrabbenspinne hatte er seinen Aufenthalt schnellstmöglich beendet. Er schnellte hoch, wenn sich eine Spinne auch nur im Fernsehen zeigte. Ich hatte diese mädchenhafte Eigenschaft immer recht bezaubernd gefunden. Es gefiel mir, wenn Männer verwundbar waren, wenn die Machofassade bröckelte. Vermutlich aus demselben Grund saß ich beim Sex gern oben und hatte die geheime Fantasie, zwei Männern dabei zuzusehen, wie sie es miteinander taten.
    Also machte ich mich daran, die größte Spinne in der näheren Umgebung ausfindig zu machen. Das dauerte eine Weile, aber schließlich entdeckte ich eine von ungefähr fünf Zentimetern Durchmesser, die fröhlich zwischen zwei Zweigen einer Eberesche saß. Sie versuchte

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