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Furor

Furor

Titel: Furor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C. Schulte von Drach
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limbischen Systems hervor – gefiel er ihr? Oder . . . Sendlinger-Tor-Platz?! Verdammt, hier hätte er auch rausgemusst.
    Idiot, beschimpfte er sich und kämpfte sich zum Ausstieg. In seiner Fantasie malte er sich aus, wie er charmant der jungen Frau auf dem Weg zum Institut den Hof gemacht hätte. Idiot, Idiot, Idiot.
    Die nächste Haltestelle war nur zweihundert Meter entfernt. Sebastian rannte die Strecke zurück, obwohl sein verstauchter Fuß noch immer verdammt wehtat. Als Sebastian am Sendlinger Tor ankam und sich umschaute, war die Frau längst verschwunden.
    Typisch, dachte er. Ich verpasse über die gesamte Länge meinesLebens meine bessere Hälfte, ohne auch nur zu wissen, wie sie heißt. Tja, wie er sich eingestehen musste, hatte er sich in eine schöne Unbekannte verliebt. Und nun war sie schon wieder verschwunden. Na, Romeo, du bist kein Narr, sondern ein Trottel des Schicksals.
    Seltsam, dachte er dann. Während mein Vater so gut wie tot an den Maschinen hängt, verliebe ich mich Hals über Kopf in eine Fremde, die ich nie wieder sehen werde. Gefühle lassen sich nicht bändigen, was?
    Als Sebastian das Institut durch den Haupteingang betrat, wölbten sich über ihm die steinernen Säulen des Portals zu zwei Bögen wie Augenhöhlen in einem Schädel. Links und rechts wuchsen die oberen Teile der Jochbeine aus dem Boden und senkten sich dann als Stirnbein von rechts und links aufeinander zu. In der Mitte tauchte das Stirnbein nach innen und verbreiterte sich nach oben zur Decke der Eingangshalle, während sich das Nasenbein nach unten streckte und das Portal in zwei getrennte Pforten teilte.
    Flankiert wurde der Eingang von einer Säule, auf der die einstmals weiße, von Abgasen zunehmend eingeschwärzte Büste von Wilder Penfield die Besucher begrüßte. Nach links erstreckte sich die Fensterfront der Bibliothek hinter gusseisernen Kreuzen, rechts schwang sich mutig die äußere Fassade des Audimax der Straße entgegen. Durch die großen Fenster konnte man die Decke des großen Hörsaals erkennen. Die Konstruktion in sechs Metern Höhe war einen Blick wert. Die Architekten hatten sich eines bewährten Prinzips bedient: Die vielen feinen und rautenartig verästelten Betonträger wirkten sehr organisch, denn sie waren dem inneren Aufbau eines Oberschenkelknochens nachempfunden. Die tragenden Stellen wurden nicht durch Pfeiler gestützt, sondern bildeten Zentren sternförmig auslaufender Hauptträger.Man hätte das Ganze für das Werk einer Spinne im Drogenrausch halten können.
    Durch das Portal trat man in eine Halle, deren hohe, leicht gewölbte Decke den Eindruck verstärkte, in das Innere eines Schädels einzudringen. Dem Eingang schräg gegenüber lagen die Fahrstühle zu den einzelnen Etagen des Gebäudes, rechts saß der Pförtner in seinem Büro. Sebastian wandte sich nach links. Dort befand sich die Treppe zur Cafeteria, die sich im weiten Bogen hinaufschwang in den ersten Stock.
    An der Theke der Cafeteria war es schon voll. Weiter hinten aber war noch Platz. Er stellte sich eine Schale Sie-können-uns-vertrauen-Müsli und eine Tasse Kaffee auf das schäbige Tablett. Dann balancierte er sein Frühstück durch die Schlange derer, die sich nicht entscheiden konnten, ob sie nun Kaffee mit oder ohne Milch und/oder mit oder ohne Zucker oder ohne Kaffee und dafür mit Kakaopulver oder lieber einen Tee oder doch lieber gar nichts nehmen sollten.
    Sebastian fand einen ruhigen Platz am Fenster. Um neun würde die Journalistin kommen. Er hatte noch eine gute halbe Stunde.
    Sieben Minuten zu spät – Sebastian hatte gerade auf die Uhr geschaut – kam eine junge Frau herein und sah sich auffällig um. Er erkannte sie sofort wieder. Ihm wurde heiß.
    »Guten Morgen. Sebastian Raabe?«
    Sebastian räusperte sich und griff sich verlegen an den Hals. »Ja, guten Morgen. Sareah Anderwald, nehme ich an?«
    »Genau. Darf ich?«, fragte sie und setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber.
    Er lächelte sie an. Reiß dich zusammen. Mach dich nicht zum Affen. »Einen Kaffee? Was zum Frühstück?«, fragte er und staunte über seine plötzliche Souveränität. Na also.
    »Kaffee wäre schön. Mit Milch. Sonst nichts«, antwortete sie.
    »Sie heißen wirklich Sareah? Ungewöhnlicher Name, oder?« fragte er sie, bevor er aufstand.
    »Das fragt jeder. Ein Schreibfehler des Standesbeamten, der meinen Eltern so gut gefiel, dass sie ihn auf der Geburtsurkunde haben stehen lassen«, erklärte sie ihm. »Wie ich heißen

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