Fußballschule am Meer Bd. 3 - Im Alleingang
bloß getan, dass sie so gemein zu ihm war? Er hatte einen Fehler gemacht, okay. Er hatte nicht aufgepasst und war zu müde gewesen, um sich auf das Abschreiben der Hausaufgaben konzentrieren zu können. Ja, ja und nochmals ja. Aber er hatte das alles doch nicht mit Absicht gemacht. Und ohne Absicht traf ihn auch keine Schuld!
Aber das war nicht die Antwort, auf die die anderen warteten. Das wusste Finn. Also schluckte er sie lieber wieder hinunter und blickte auf. Brit, Luca, Dani, Josh, Herr Fischer – alle sahen ihn erwartungsvoll an. Dennis gierte geradezu darauf, dass Finn sich selbst die Schuld gab, während Filip mit den Tränen kämpfte.
Plötzlich musste Finn daran denken, was Steffi ihm hinterhergerufen hatte. «Es ist immer besser, wenn man zu dem steht, was man gemacht hat. Irgendwann wirst du das auch einsehen.» Finn glaubte immer noch nicht an die Ehrlichkeit, jedenfalls nicht für sich. Aber vielleicht konnte er wenigstens Filip helfen. Wenn er jetzt die Schuld auf sich nahm und Filip dadurch mittrainieren durfte, waren sie vielleicht wieder quitt und Filip nicht mehr böse auf ihn. Und vielleicht gab es ja wirklich so etwas wie Gerechtigkeit, und Herr Fischer ließ auch Finn mitmachen. Als Belohnung für seine vermeintliche Ehrlichkeit.
«Ja», sagte Finn deshalb leise. Er fühlte sich nicht wohl bei dem Geständnis, aber er hoffte darauf, dass Steffi recht hatte.
«Was meinst du mit ja?», fragte Pitt Fischer.
«Ich bin alleine schuld, Filip kann überhaupt nichts dafür!»
«Aber er hat dir sein Heft doch freiwillig gegeben», hakte der Trainer nach. «Oder hast du es dir einfach genommen?»
«Ich … äh – ich weiß nicht», stammelte Finn und sah hilfesuchend zu den anderen.
Filip gab sich einen Ruck.
«Keiner hat Schuld», sagte er. «Wir haben beide einen Fehler gemacht. Mir tut es leid, Finn tut es leid, und wir werden es beide nie wieder tun. Oder, Finn?»
«Ja … nein – ich weiß nicht?» Finn zuckte mit den Schultern. Er hatte komplett den Überblick verloren.
Pitt Fischer rang sich ein etwas gequältes Lächeln ab.
«Ihr macht es einem wirklich nicht leicht, konsequent zu sein», sagte er seufzend.
«Vielleicht sogar unmöglich?», fragte Dani hoffnungsvoll und schenkte dem Trainer ihr schönstes Lächeln.
Pitt Fischer atmete hörbar ein und ließ die Luft mit einem langgezogenen «Puh» wieder entweichen.
«Also gut, von mir aus», gab er nach. «Filip darf mitspielen, weil er bisher in der Schule nicht negativ aufgefallen ist. Aber das ist jetzt die letzte Verwarnung, und zwar für alle! Wer sich ab sofort in der Schule die kleinste Kleinigkeit zuschulden kommen lässt, wird vom Training ausgeschlossen und muss ein Spiel zuschauen. Ist das jetzt bei allen angekommen?»
«Ja», rief Filip erleichtert und fügte murmelnd hinzu: «Danke, Trainer!»
«Schon gut», sagte Pitt Fischer und sah Finn an. «Du verstehst, warum du heute nicht mitmachen darfst?»
Finn reagierte nicht. Er kniff die Lippen zusammen und kämpfte erfolgreich gegen die Tränen an. Wenigstens das. Dabei war ihm eigentlich zum Heulen zumute! Finn fühlte sich so allein. Warum setzten sich die anderen für ihn nicht genauso ein wie für Filip? Und was hatte Dani plötzlich gegen ihn? Schon am Morgen in der Schule hatte sie ihm deutlich genug zu verstehen gegeben, dass sie sich nur wegen Filip eingemischt hätte.
Plötzlich tauchte Josh neben Finn auf und legte ihm tröstend den Arm um die Schulter.
«Vielleicht ist sie in ihn verliebt», sagte er leise, und wie meistens, wenn Brits Bruder seinen Mund aufmachte, war Finn auch diesmal erstaunt, worüber Josh sich so seine Gedanken machte!
«Vielleicht», sagte Finn. Er spürte, dass Josh es gut mit ihm meinte, und tatsächlich fühlte er sich nicht mehr ganz so schlecht, wenn er davon ausging, dass Dani sich nur für Filip eingesetzt hatte, weil sie in ihn verliebt war. An der Gesamtsituation änderte sich dadurch aber nichts. Das Training würde ohne ihn stattfinden, und seine Aufstellung im Spiel gegen die Bremer rückte damit auch in immer weitere Ferne!
Plötzlich kam ein Mann im Trainingsanzug von der anderen Seite über den ganzen Platz angelaufen.
«Findet hier heute eigentlich noch irgendwann mal ein Fußballspiel statt?», fragte er in einem Ton, den auch Dennis nicht unfreundlicher hinbekommen hätte.
Die «Pappnasen» sahen Pitt Fischer an, dass er sich heftig zusammenreißen musste, um nicht genauso unfreundlich
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