Fußballschule am Meer Bd. 3 - Im Alleingang
dass aus uns gute Menschen werden», sagte Dani. «Deshalb waren gestern Abend die Alten aus dem Seniorenstift ‹Nordseeblick› aus Krabbensiel bei uns, heute besuchen wir die Gemeindebibliothek und hinterher vielleicht auch noch den Behindertenkindergarten, und in den nächsten Tagen stehen noch ein paar soziale Einrichtungen auf dem Programm.»
«Und wenn ich die alle gesehen habe, bin ich ein besserer Mensch?», fragte Finn irritiert.
«So ungefähr», sagte Brit. «Dann sollst du dich entscheiden, in welcher Einrichtung du künftig deine sozialen Stunden ableistest. Zehn Stunden, jeden Monat!»
«Soziale Stunden?», fragte Finn und war noch irritierter als zuvor. «Wozu?»
«Damit du lernst, dass es nicht nur Fußball auf der Welt gibt», wiederholte Julia, was am Abend zuvor der Präsident des FC Norderdünen gesagt hatte. «Und weil du mit so einer Arbeit dein soziales Gewissen schärfst.»
«Mein soziales Gewissen?»
«Merkwürdige Sache, was?», sagte plötzlich eine Stimme neben Finn. Sie gehörte Antonia, die zusammen mit Sarah bei den «Pappnasen» aufgetaucht war. «Du hast vorher auch noch nicht gewusst, dass du so etwas hast, oder?»
«Antonia und ich sind uns jedenfalls einig, dass wir auf gar keinen Fall in dem Altersheim arbeiten werden», erklärte Sarah.
«Seniorenstift», verbesserte Brit. «Herr Petersen hat zwar von einem ‹Partner-Altersheim› gesprochen, aber es ist ein Seniorenstift.»
«Egal, alte Leute sind alte Leute», sagte Antonia. «Und das hat mir gestern schon gereicht. Neben mir saß ausgerechnet so ein komischer Mümmelgreis!»
«Red nicht so», sagte Dani. «Der Mann war einfach nur alt!»
«Ja, ich weiß. Aber er hat die ganze Zeit irgendwas vor sich hin gebrummelt. Und er hat jedes Mal gekleckert, wenn er was gegessen oder getrunken hat. Der Platz sah hinterher vielleicht aus …!»
«Du kannst schon mal anfangen zu beten, dass du in siebzig Jahren nicht genauso drauf bist», meinte Charly.
«Adele hat während des Essens in die Hose geschissen», berichtete Sarah.
«Wer ist Adele?», fragte Julia, die Torhüterin.
«Die alte Frau, die neben mir gesessen hat», sagte Sarah. «Plötzlich hat sie so ein komisches Gesicht gemacht und gesagt: So, jetzt ist es passiert.»
«Iiieh!» Luca verzog angewidert sein Gesicht. «Hat das nicht fürchterlich gestunken?»
Sarah schüttelte den Kopf.
«Adele hat gesagt, dass sie immer eine Windel trägt, wenn sie ausgeht. Zur Sicherheit.»
«Wie ein Baby, oder was?», fragte Julia.
Die Fußballschüler lachten.
«Meine Nachbarin war auch etwas merkwürdig», sagte Dani. «Die hat die ganze Zeit von früher erzählt. Aber immer nur dieselbe Geschichte!»
«Dafür hat an deiner anderen Seite dieser unglaublich süße Zivi gesessen», sagte Brit und seufzte.
Während die anderen Mädchen kicherten und Luca, Josh und Filip ihre Augen verdrehten, spürte Finn einen Stich in seiner Brust. Wie jedes Mal, wenn Brit von anderen Jungs schwärmte.
«Was ist denn ein Zivi?», fragte er, um sich nichts anmerken zu lassen.
«Die Abkürzung für ‹Zivildienstleistender›», erklärte Filip. «Das sind Leute, die nicht zur Bundeswehr gehen und stattdessen in einer sozialen Einrichtung arbeiten. Mein großer Bruder hat auch den Wehrdienst verweigert.»
«Und jetzt muss er dafür bei alten Leuten die Windeln wechseln?», fragte Luca.
«Nico arbeitet in einer Behindertenwerkstatt», sagte Filip. «Aber dort muss er auch manchmal helfen, wenn die Leute nicht allein aufs Klo gehen können.»
«Na toll», sagte Luca angewidert. «Dann gehe ich später lieber zur Bundeswehr!»
«Du würdest also eher Leute erschießen oder Häuser in die Luft sprengen, als kranken oder alten Menschen zu helfen?», fragte Dani.
«Soldaten kämpfen nicht nur, sondern versuchen auch, den Menschen in den Krisengebieten zu helfen», stellte Filip richtig. «Aber ich werde trotzdem später auf alle Fälle den Wehrdienst verweigern. Ich will das Gleiche machen wie mein Bruder. Nico gefällt es in der Behindertenwerkstatt so gut, dass er sogar darüber nachdenkt, ob er den Beruf nicht von Grund auf lernen soll.»
«Ich finde es toll, wenn Menschen anderen Menschen helfen», sagte Dani, und die anderen Mädchen nickten zustimmend.
Finn dachte an die Frau in Rosa, die neben ihm gesessen hatte. Sie hatte gar nicht alt gewirkt, sondern ziemlich fit. Sie hatte nicht gekleckert beim Essen oder immer dieselbe Geschichte erzählt – ganz im Gegenteil! Sie
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