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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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solch ein Theater veranstaltete.
    Der Bastard hob den Kopf und sah mich an. »Ich verfüge über eigenes Werkzeug und habe es gewiss nicht nötig, dich um deinen Koffer zu erleichtern.« Er wandte sich erneut seiner Arbeit zu. »Er wird schon wieder auftauchen.«
    Mich trieb der Verlust meines Besitzes beinahe in den Wahnsinn. Tief in meinem Inneren war mir durchaus bewusst, dass meine Gedankengänge und Zwangshandlungen krankhafte Züge annahmen, doch ich vermochte nichts gegen die Verzweiflung zu unternehmen, die mich in diesem Moment heimsuchte. Ich rannte wie ein Geistesgestörter durch den Turm, fragte jeden Angestellten und jeden Soldaten, ob er meinen Werkzeugkoffer gesehen hatte. Ich rief auch nach Arc und schüttelte den Technoiden unsanft, weil ich nicht glauben wollte, dass er nichts über den Verbleib meines Koffers wusste. Im Anschluss hastete ich zurück zu Vaters Arbeitszimmer, hämmerte gegen die Tür und rüttelte am Knauf, doch sie war verschlossen. Ich steigerte mich regelrecht in meinen Wahn hinein. Schweiß trat mir auf die Stirn, meine Hände schwitzten. Als ich mich gerade auf den Weg zum Palast machen wollte, um auch dort jeden mit meiner Fragerei zu nerven, kam mir in der Vorhalle des Turms ein Bediensteter entgegen. Unter seinem Arm klemmte – mein Werkzeugkoffer. Ich riss ihn dem Diener aus den Händen und drückte ihn an mich wie ein verloren geglaubtes Kind. Dann machte sich Wut in mir breit, die ich an dem armen Kerl ausließ. Ich redete auf ihn ein und schimpfte wie ein Rohrspatz. Er nutzte eine kurze Pause in meinem Redeschwall, um mir zu erklären, dass er den Koffer nicht genommen, sondern ihn herrenlos im Palast gefunden habe. Der eingestanzte Name auf der Verschlusslasche hätte ihm den Besitzer verraten. Ich atmete einmal tief durch und fuhr mir durch die knotigen Haare. Zu gern hätte ich den Diener zur Verantwortung gezogen, doch es fehlte mir an Kraft und Beweisen. So entließ ich ihn ohne eine Entschuldigung meinerseits. Völlig außer Atem erreichte ich mein Zimmer, wo ich mich ächzend auf die Bettkante fallen ließ, den Koffer auf meinem Schoß.
    Ich öffnete den Verschluss und schlug den Deckel zurück, um mich zu vergewissern, dass kein Werkzeug fehlte. Was dann passierte, ist mir nur lückenhaft im Gedächtnis haften geblieben. Ich kann mich an einen beißenden Geruch erinnern und daran, dass ich heftig husten musste. Eine Wolke aus feinem weißen Puder schlug mir aus dem Inneren des Koffers entgegen, danach vermag ich Wahnvorstellungen und Realität nicht mehr eindeutig zu unterscheiden. Es ist, als erinnere man sich an einen Traum. Je mehr man sich bemüht, die Bilder zu fassen, desto mehr scheinen sie sich einem entziehen zu wollen. In meinem Kopf gibt es nur noch Fragmente, von denen ich nicht sagen kann, ob sie meiner Fantasie oder der Realität entspringen. Mehrere Stunden fehlen in meinem Gedächtnis, so viel ist sicher. Ich kann mich vage daran erinnern, wie Vater mich packte und schüttelte. Ich sehe das Gesicht von Norrizz vor mir, mein düsteres Alter Ego, wie er mir zulächelt und sich dann abwendet. Den Geruch von Leder verbinde ich bis zum heutigen Tag mit diesem eigenartigen Traum, ohne zu wissen, weshalb.
    Als sich die Nebelschleier, die mein Bewusstsein einhüllten, allmählich legten, nahm ich als Erstes das Zischen und Piepen mehrerer Apparate um mich herum wahr. Lange bevor meine Augen wieder imstande waren, meine Umgebung zu erfassen, setzte mein Gehörsinn ein. Ich vernahm deutlich mehrere Stimmen, darunter die von Dr. Kendew, dem königlichen Arzt, und die von Vater. Doch ich war noch nicht wieder so klar bei Verstand, dass ich den Inhalt ihrer Unterhaltung begriffen hätte. Nur sehr langsam befreite sich mein Bewusstsein von seinen Fesseln.
    Eine Weile hatte ich mich der wohligen Geborgenheit eines Zustandes zwischen Wachsein und Schlafen hingegeben, den Stimmen gelauscht und meine Gedanken auf eine weite Reise geschickt. Erst als gleißend helles Licht mich aus meinem Dämmerschlaf riss, kehrte ich in die Realität zurück. Mittlerweile formten sich aus den einzelnen Worten ganze Sätze, deren Sinn mein Gehirn erfasste.
    »Er ist wach und öffnet die Augen.« Ich identifizierte die Stimme von Lan, dem Soldaten, der mich nach meiner Rückkehr in den Perlenturm so stürmisch begrüßt hatte. Doch heute ließ sein Tonfall jegliche Freude missen.
    Erst jetzt wurde ich mir meiner geöffneten Augen gewahr. Das helle Licht stammte von der elektrischen

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