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Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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Rudelführers nachkommen und trotzdem seine Würde bewahren. »Keine Drogen«, keuchte er, und Blut trat ihm auf die Lippen, als er sprach. Er zitterte so heftig, dass er sich auf die Zunge gebissen hatte. »Nur Schlaf, Reule.«
    Reule nickte. Selbst unter qualvollen Schmerzen versuchte Chayne sich dafür zu rechtfertigen, dass er sich in einen künstlichen Schlaf versetzen ließ. Drogen schwächten einen Mann, und ähnlich wie bei den Schraubzwingen kam es nur für wenige Sánge-Männer infrage.
    Reule verschwendete keine Zeit. Das Rudel bemerkte den Moment, als ihr Anführer in Chaynes Geist eindrang. Das Zittern von Chaynes Körper hörte auf, und er wurde ganz ruhig, hielt den Atem an … hielt ihn weiter an … ließ ihn entweichen, und er war besinnungslos.
    Der Rest des Rudels hatte nicht so viel Glück. Als Reule zu ihnen herumfuhr, fauchte er erneut verstimmt. Er zeigte sogar seine Fangzähne, vor allem dem Pharmazeuten. »Nach all den Jahren, die ihr Chayne kennt, wie konntet ihr da glauben, ihr würdet ihn beruhigen, indem ihr ihn festhaltet?« Es war eine rhetorische Frage, und Reule knirschte mit den Fangzähnen, als Rye den Mund öffnete, um etwas einzuwenden. »Geht!«, fauchte er sie an. »Ich sage mir, dass drei Tage ohne Schlaf und ohne Essen euer Urteilsvermögen getrübt haben!« Reules verächtlicher Blick auf Saber machte deutlich, dass für den Primus-Schützer eine solche Entschuldigung nicht galt, weil dieser nicht mit ihnen unterwegs gewesen war. »Und was die da betrifft …«
    Reule trat zu dem Pharmazeuten und riss ihm die bedrohliche Metallzwinge aus der Hand. Die Vorrichtung mit ihren Schrauben und Zwingen sah aus wie das Folterinstrument, und das war es auch. »Die da«, fauchte er, »sind hiermit aus dieser Burg verbannt. Ihr werdet sie nie wieder mitbringen, ist das klar?« Die Zwinge landete krachend auf dem Tisch.
    »A-aber …«, stammelte der Mediziner.
    »Falls Ihr es doch tut, lasse ich Euch die Eier abschneiden. Ist das klar?« Der Apotheker schluckte und nickte. »Und jetzt kümmert Euch um ihn, als wenn es um mich ginge«, befahl Reule dem Mediziner.
    Noch immer wütend und empört nickte er den anderen kurz zu, bevor er den Raum verließ.
    Pariedes fand ihn ein paar Stunden später, am Kamin in seinem Arbeitszimmer sitzend. Sie näherte sich beinahe lautlos, während sie dachte, dass er nach der Anstrengung der letzten Tage wahrscheinlich schlief, doch als sie zu ihm trat, wandte er sich zu ihr um und nickte ihr zu.
    »Wie geht es unserem Gast, Para?«
    »Schläft tief und fest, mein Primus«, erwiderte sie sofort, obwohl er die Information wahrscheinlich auch in ihren Gedanken hätte lesen können.
    Primus Reule hatte gute Umgangsformen und war höflich, im Gegensatz zu manch anderen, die Gedanken lasen, wann es ihnen gerade passte, weil sie glaubten, dass es eine Art Geburtsrecht war, ihre Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken. Primus Reule zog ein kultiviertes Gespräch vor und verachtete die rücksichtslose Art, in seinen Leuten nach Informationen zu forschen, nur weil er der fähigste Telepath der Stadt war. Und er erwartete das gleiche Verhalten von seiner Umgebung.
    Eine Ausnahme bildeten natürlich die Rudelgefährten. Diese waren eine verschworene Gemeinschaft, zusammen mit ihrem Rudelführer. Somit befand sich die Gruppe in ständigem mentalen Austausch untereinander. Sie benutzten keine Worte, sondern unterhielten eine harmonische Verbundenheit, bei der sich jeder stets des anderen bewusst war. Ein Rudelgefährte musste sich aus der kollektiven Wahrnehmung des Rudels lösen, wenn er Privatsphäre suchte. Es war ihnen freigestellt, sich zurückzuziehen, doch das Rudel hatte so lange in engem Verbund gelebt, dass einem Rudelgefährten unbehaglich wurde, wenn er zu lange von den anderen getrennt war. Es löste Unbehagen im Rudel aus, wenn es auf den Einfluss eines Mitglieds verzichten musste.
    Para kümmerte sich jetzt seit fünf Jahrzehnten um den Hausstand von Primus Reule, und sie hatte eine Menge darüber gelernt, wie das Rudel funktionierte. Sie wusste, dass keiner von ihnen zur Ruhe kommen würde, solange Chayne Schmerzen litt. Und da Schlaflosigkeit, Sorge und das heikle Geheimnis eines unerwarteten Gasts im Haus hinzukamen, überraschte es sie nicht, dass sie ihren Herrn dabei antraf, wie er abwesend ins Feuer starrte.
    »Sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Tetra und ich hatten ihr kaum das Nachthemd angezogen, da war sie schon im

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