Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gabriel oder das Versprechen

Gabriel oder das Versprechen

Titel: Gabriel oder das Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Voosen
Vom Netzwerk:
den Kampf mit der Kastanie auf der
gegenüberliegenden Straßenseite verloren, die schon lange in ein
dichtes Blätterkleid gehüllt war. Doch jetzt zeigte sich auch die
Platane in einem zartgrünen Gewand. Bei diesem Anblick jubilierte
Gabriel innerlich. Alles war im Aufbruch begriffen. Auch er selbst
hatte seine Fesseln abgestreift, die seine Seele so lange
schnürten. Er war befreit, befreit von dieser Last, die auf seiner
Seele lag und ihn zu zerquetschen drohte. Jetzt aber würde die
Gerechtigkeit siegen. Niemand konnte sich ihm entgegenstellen auf
seinem Kreuzzug durch Sodom und Gomorrha. Er blickte nach oben gen
Himmel und sprach leise zu seinem Herrn: »Gott, du mein Held. Führe
mich, zeige mir deinen Weg. Den Weg der Sühne, auf dass die
sündigen Weiber erlöset werden durch den Tod, damit ihre Seelen
Frieden erlangen. Wie du mir geheißen, werde ich das eitel Weib
töten, das dich verachtet!«
    So saß er noch eine ganze Weile, in
Gedanken versunken, die Hände gefaltet. Er bekreuzigte sich und
atmete tief durch, als wolle er die Frühlingslüfte tief in seine
Brust einsaugen. Dann griff er zur Morgenzeitung, die auf dem
kleinen runden Tisch lag. Es tat ihm gut zu lesen, wie auch die Medien ihm die Referenz erwiesen. Man
begegnete ihm mit Respekt. Respekt, der ihm gebührte …

 
    26
    Polizeipräsidium Wuppertal,
Donnerstag, 21. Mai, 15.10 Uhr
    Die Sammelmappe mit den Fotos der
›Speed-Dater‹, die sowohl Veranstaltungen in Düsseldorf als auch in
Wuppertal besucht hatten, war fertig und lag auf Fassbinders
Schreibtisch. Er wartete auf Vera Corts und Carlo Mancini, die er
nochmals ins Präsidium gebeten hatte. Bereits am Vormittag hatte
Phillip den Betreiber der Düsseldorfer Agentur, Bernd Herzberger,
in seinem Lokal in der Bölker Straße aufgesucht. Er war sehr
kooperativ, hatte sich viel Zeit genommen und sich auch die Fotos
angesehen. Viele seiner Kunden erkannte er wieder, konnte sich aber
bei keinem an besondere Vorfälle erinnern. Niemand von ihnen war in
irgendeiner Weise negativ aufgefallen. Fassbinder blieb noch gut
eine Viertelstunde bis zum vereinbarten Termin. Er blätterte die
Mappe durch, um sich auch die Namen einzuprägen, die - zusammen mit
den Geburts- und den Besuchsdaten - unter den Fotos standen. Sie
waren alphabetisch geordnet:
    Bergmann, Kai,
06.08.1963,
    Düsseldorf: 15.03.2008,
12.04.2008
    Wuppertal:
13.02.2009 
    Flores, Arantxa,
01.12.1974,
    Wuppertal: 13.07.2007;
    Düsseldorf:
06.10.2007 
    Göhrs, Christina,
29.02.1968,
    Düsseldorf: 10.05.2008,
11.10.2008;
    Wuppertal: 16.01.2009,
08.05.2009 
    Lagier, Bruno,
18.02.1967,
    Düsseldorf: 08.04.2006,
17.06.2006;
    Wuppertal: 10.10.2008,
13.03.2009 
    Manz, Christoph,
29.07.1961,
    Düsseldorf: 28.01.2006,
25.03.2006;
    Wuppertal:
21.11.2008 
    Zeitz, Marcus,
19.11.1972,
    Düsseldorf: 08.04.2006;
    Wuppertal:
13.03.2009 
    Wie er sich vergewisserte, hatten
sämtliche Treffen in Düsseldorf samstags und die in Wuppertal
freitags stattgefunden. Lediglich vier Männer und zwei Frauen waren
in beiden Agenturen registriert. Zwei übereinstimmende Daten
machten ihn stutzig: Sowohl am 8. April 2006, als auch am 13. März
2009 hatten Bruno Lagier und Marcus Zeitz gemeinsam an einer
Speed-Date-Party teilgenommen, im April 2006 in Düsseldorf und im
März 2009 in Wuppertal.
    War das ein erster Hinweis? Der
Hauptkommissar glich die Daten mit den Zeitpunkten des
Gerresheim-Mordes und des ersten Mordes in Wuppertal ab.
Tatsächlich. Zeitlich war es möglich. Der Gerresheim-Mord datierte
vom 23. April 2006, einem Sonntag, also nur etwa zwei Wochen nach
der Veranstaltung in Düsseldorf. Fassbinder wirkte fast euphorisch,
als Vera Corts und Carlo Mancini sein Büro betraten. Doch er
behielt seine neuesten Erkenntnisse für sich. Er begrüßte beide
herzlich und dankte ihnen, dass sie sich nochmals herbemüht hatten.
Gemeinsam setzten sie sich an den kleinen
Besprechungstisch.        
    »Das ist ja furchtbar, was
augenblicklich in Wuppertal geschieht«, meinte Vera betroffen. »Und
sie vermuten, der Täter könnte unter unseren Kunden zu finden
sein?«
    »Sicher sind wir nicht, aber es wäre
möglich. Ich habe deshalb eine Mappe mit den Daten und den Fotos
derjenigen zusammenstellen lassen, die sowohl Ihre Agentur als auch
die Ihres Düsseldorfer Kollegen besucht haben.«
    »Sie sprechen von Bernd
Herzberger?«
    »Genau. Sie kennen ihn?«
    »Ja, er ist schon sehr viel länger
im Geschäft als ich. In der Zeit, als meine Scheidung in

Weitere Kostenlose Bücher