Gabriel
ein. Hilflos sank er zu Boden. Erbost biss er die Zähne zusammen, als ein neuer Gegner seine missliche Lage ausnutzte, ihm in die Rippen trat und ihn ein paar Meter weit über den gefrorenen Boden beförderte. Er wollte sich auf alle viere erheben. Aber das verletzte Bein versagte ihm den Dienst und versteinerte vom Knie bis zur Hüfte.
»Gabriel!«
Diese Stimme erkannte er sofort. Er hob den Kopf und sah Max durch ein Portal in der vereisten Autotür stürmen. Wie bei der Schlacht in Texas vor vier Monaten trug der Hüter Tarnkleidung, einen schwarzen Seesack über der linken Schulter und keine Brille. Azrael begleitete ihn nicht. Wie hatte Max ohne Az hierher gefunden?
Da erinnerte sich Gabe, dass Juliette von Sam gesprochen hatte. Lilith! Sie musste Max informiert haben.
Enttäuscht seufzte Gabriel. In einer solchen Situation war Az unentbehrlich. Doch seine Frustration verflog sofort, denn Max hielt etwas Schwarzsilbernes in der Hand, das er ihm zuwarf. So rasend schnell flog es durch die Luft, dass niemand anders es stoppen konnte.
Gabe fing es auf und ignorierte den stechenden Schmerz, den es seiner Hand zufügte. Mühelos erkannte er diese Waffe. Damit – und mit ähnlichen Waffen – hatten die vier Erzengel in der Schlacht bei Dallas die Adarianer besiegt.
Als der Feind erneut zum Angriff überging, zielte Gabriel auf ihn und feuerte drei Mal. Drei Goldkugeln bohrten sich in die Brust des Adarianers und zwangen ihn in die Knie.
Wütend, von grausigen Schmerzen gequält, warf der Mann seinen Kopf in den Nacken, krallte seine Finger klauenartig in seine Brust und schrie durch die Nacht, während das Gold seine Organe fraß.
Gabe beugte sich vor und versuchte trotz der Splitterwunde aufzustehen. Sobald er das teilweise versteinerte Bein belastete, wurde es buchstäblich von Rissen durchzogen. Er schnitt eine Grimasse und verlagerte sein Gewicht auf den unversehrten Fuß. In diesem Moment flammte ein Licht auf. Er hob den Kopf und sah es mitsamt dem Mann, auf den er geschossen hatte, erlöschen.
Verblüfft riss Gabriel die Augen auf. Noch ein Lichtblitz ließ Michaels Gegner verschwinden. Mike fuhr zu dem Adarianer herum, der hinter ihm stand. Doch der wich zurück und senkte seine Arme, ein rätselhaftes Lächeln auf dem hübschen Gesicht, ein wissendes Lächeln. Seine leuchtenden Augen funkelten triumphierend.
Ein drittes blendendes Licht, und auch er verschwand.
»Nein«, flüsterte Gabriel. Nein, nein, nein. Sie zogen sich zurück. Juliettes wegen waren sie hierhergekommen, und sie hatten den Sternenengel erobert, ihr Ziel erreicht.
Jetzt beendeten alle verbliebenen Adarianer den Kampf und entfernten sich von den Erzengeln. Schmerzlich begann Gabriels Herz zu hämmern. In der Tiefe seiner Seele wusste er es: So endgültig, wie sie das regen- und eisgetränkte Schlachtfeld verließen, schwanden auch seine Chancen, Juliette jemals wiederzufinden.
In einem Lichtblitz verabschiedete sich der vierte Adarianer. Allmählich stieg die Temperatur. Gabriel und Michael wechselten einen Blick. In stillschweigendem Einvernehmen rannten sie zum nächstbesten Feind, um ihn aufzuhalten. Aber der verdrückte sich, ehe sie die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten.
Gabriel hatte keine Ahnung, auf welche Weise sie einfach verschwanden. Vage entsann er sich einer ähnlichen Szene nach dem Kampf in Texas. Ein Adarianer nach dem anderen war vom Schlachtfeld abberufen worden. Sogar die Verletzten und Bewusstlosen. So wie jetzt.
Außer ihnen konnte ihn niemand zu Juliette fuhren. Voller Verzweiflung registrierte er diese Tatsache. Und dann erregte ein vertrautes Geräusch seine Aufmerksamkeit, und er sah zu den beiden Autos am Straßenrand, die er fast vergessen hatte. Die Tür des vorderen Vehikels begann zu flimmern, verbog sich und wich einem Portal.
Hartnäckig stieg neue Hoffnung in Gabriel auf.
Aus dem Portal schnellte eine schwarze Wolke und erzeugte einen vehementen Windstoß, der die drei Erzengel und Max fast zu Boden warf. Vor lauter Freude hätte Gabriel am liebsten geschrien, als er sich aufrichtete und Azraels fließende Gestalt auszumachen versuchte. Überall würde er die Aura erkennen, die Az’ Macht verströmte und die sein Markenzeichen war, dunkel, wild und effektiv.
Abrupt hielt Az vor Gabriel inne.
»Abraxos hat sie geholt«, erklärte Gabe ohne Umschweife.
Azraels goldene Augen loderten wie Flammen in dem schönen Engelsgesicht. Um seine Schultern hing ein wallender schwarzer
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