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Gabriel

Gabriel

Titel: Gabriel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
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ihres Herrenhauses überall, wo sich eine Tür befand, ein Portal öffnen. Sogar mit einer Autotür würde es funktionieren. Anscheinend hatte Gabriel ihr das soeben bewiesen.
    »Wem gehört dieses Auto?«, fragte sie.
    »Ein Mietwagen.« Er lachte leise. »Heute hat das kleine Ding schon ziemlich viel miterlebt.«
    Verwirrt drehte sie sich zu ihm um. Wie meint er das? Doch seine Miene wirkte seltsam verschlossen, seine silbernen Augen glitzerten im Mondlicht. Anscheinend wollte er ihr nichts verraten.
    »Komm, meine Süße.« Er nahm ihre Hand, und sie folgten dem gewundenen Weg, der zu Slains Castle führte. Sandsteinfarben zeichnete sich die Ruine vor der dunklen See ab. An Juliettes Seite schwieg Gabriel, und sie hörte nur ihre eigenen Atemzüge, die Möwenschreie, die Brandung, die gegen Felsen schlug, das Knirschen der Stiefel auf dem Kies, der den Pfad bedeckte.
    Nach wie vor schien ihr alles so unwirklich. Jetzt näherte sie sich dem Bauwerk, das einem ihrer lange gehegten Träume entstammte. Sie würde ein steinernes Zeugnis der Vergangenheit betreten. Was mochte sie dort erwarten? Beinahe hatte sie den Eindruck, sie würde etwas Falsches tun, nahezu ein Sakrileg begehen. Dabei respektierte sie diese Vergangenheit wahrhaftig.
    Als sie so dahinwanderte, konnte sie ihren Blick nicht von dem Schloss losreißen. Leere Fensterhöhlen gähnten zwischen zerbröckelnden Mauern, und sie fühlte sich wie von den Augen eines uralten Wesens beobachtet, das dort auf den Felsen erstarrt war.
    Endlich bogen sie um die letzte Kurve und näherten sich dem rostigen Eisentor, das die Ruine nicht vor all den neugierigen, in die Vergangenheit verliebten Touristen zu schützen vermochte. Es stand offen, denn das Schloss war längst kaputt. Vorsichtig stieß Gabriel es etwas weiter auf, und sie traten hindurch.
    Juliette wagte kaum zu atmen. Nur zwanzig Schritte entfernt lagen die Grundmauern von Slains, eines Monuments, das ihrer Seele so viel bedeutete. Seltsamerweise schien es sogar erleuchtet.
    Verblüfft hielt sie inne. Aus dem Inneren des Gebäudes drang Licht, als herrschte dort noch Leben.
    »Was …«
    »Komm mit mir, Juliette«, flüsterte Gabriel ihr ins Ohr und umfasste ihre Hand noch fester. Der Wind frischte auf, und Juliette blinzelte, denn sie glaubte den Hauch eines flatternden Vorhangs zu sehen. Dann verschwand er. Immer schneller pochte ihr Herz, ihre Lippen öffneten sich. Gabriel führte sie auf einen Torbogen zu, hinter dem sie die Korridore des Schlosses erwarten würden.
    »Sicher weißt du das alles schon«, meinte er, »aber Slains müsste heute keine Ruine sein. 1925 konnte der damalige Besitzer die Instandhaltungskosten nicht bestreiten. Damit er nicht dazu gezwungen wurde, ließ er das Dach entfernen.«
    Sie kannte diese Geschichte. »Ja, das war Sir John Ellerman, früher gehörte das Schloss der Familie Hay«, ergänzte sie automatisch und legte ihren Kopf in den Nacken. Bewundernd schaute sie an der Mauer empor. Zugleich wurde sie von unerklärlicher Angst erfüllt. Sie hatten die Schwelle erreicht. Noch ein Schritt, und sie würde Slains betreten. Dies war ein alter Seiteneingang, längst entweiht durch Zerstörung und Plünderungen.
    Jenseits des steinernen Torbogens erstreckte sich ein langer, dunkler Gang. Und dahinter, irgendwo in diesem steinernen Labyrinth, schimmerte das sonderbare Licht, warm und einladend.
    Wieder fuhr ein Windstoß an ihr vorbei, und sie hörte etwas, was wie raschelnder Stoff klang. Wasser schlug gegen die gefährlichen Klippen unterhalb von Slains. Im Dunkeln musterten Juliettes haselnussbraune Augen die Felsen. Geduldig wartete Gabriel an ihrer Seite und ließ ihr die nötige Zeit.
    Wonach halte ich eigentlich Ausschau? Die Luft schmeckte nach Salz, frisch und kalt und sauber. Aber da war auch ein metallischer Geschmack auf ihrer Zunge.
    Nun flaute der Wind ab, Stille herrschte über der Landschaft. Dann erregte ein knisterndes Geräusch Juliettes Aufmerksamkeit, und sie wandte sich wieder zum Torbogen. Das Licht im Innern des Schlosses schien zu flackern.
    Verwirrt kniff sie die Augen zusammen. Sie tat einen Schritt, und Gabriel folgte ihr. Während sie den Korridor entlangging, schimmerte das Licht heller. Das Knistern stammte eindeutig von einem Feuer. Ihre Schritte beschleunigten sich. Eine Brise ließ einen schleierartigen Vorhang flattern, ehe er wieder hinter einer bröckelnden Mauer verschwand.
    Das wusste ich, dachte sie. Wachsende Neugier trieb sie an. Immer

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