Gabriel
Hals.
Der dritte Adarianer, der italienische Typ, stand reglos da, das schwarze Haar vom Wind zerzaust, und musterte Juliette. Seine Miene war unergründlich. Sie starrte zurück, nicht mehr Herrin ihrer Emotionen und Kräfte, die ein so gewaltiges Chaos verursacht hatten.
Wie von ihrem Hass gelenkt, schoss der Menhir nun auf den Adarianer zu, der sich duckte und in übermenschlichem Tempo flüchtete. Der Stein schlug auf den Boden auf, und eine Fontäne aus Erdklumpen und Kieseln zwang Juliette, ihre Augen abzuschirmen.
Einige Sekunden später ließ sie ihren Arm sinken. Der dunkelhaarige Adarianer lag im Gras, sprang auf und musterte sie erbost. Mühsam schluckte sie und spürte die vertraute Schwäche, die sie stets befiel, wenn sie ihre Talente genutzt hatte. Sie sah zu Gabriel und dem Farbigen hinüber. Noch immer bekämpften sie einander.
Wo ist die Waffe? Keiner der beiden hatte sie in der Hand, der Adarianer musste sie verloren haben. Juliette hielt auf dem eisigen, reifbedeckten Boden nach ihrem schwarzsilbernen Glanz Ausschau. Schließlich entdeckte sie die Splitterwaffe im niedrigen Gestrüpp, nur wenige Meter von Gabriel entfernt. Aber jetzt erregte der Mann, den der Menhir verfehlt hatte, wieder ihre Aufmerksamkeit.
Als er auf sie zuging, reagierten ihre Instinkte sofort auf die neuerliche Gefahr. Der große Stein lag in ihrer Nähe. Auch ihr Feind betrachtete ihn und verlangsamte seine Schritte. Und dann spürte sie, wie die Magie aus ihrem Körper strömte und den Stein hochhob, ein massives Monstrum, das die Fesseln der Schwerkraft ein zweites Mal abschüttelte.
Der Adarianer duckte sich, als das Ungetüm auf ihn zuraste. Was mit dem Menhir geschehen würde, wusste Juliette schon vorher. Ihre Fähigkeiten hatten sich auf den Stein eingestellt. Im richtigen Moment, an der richtigen Stelle fiel er herab, und sie schloss die Augen, um nicht zu sehen, was inmitten aufgewirbelter Grashalme und Erde geschah.
»Juliette!«, rief Gabriel. Angstvoll öffnete sie die Augen. »Lauf zu der Tür!« Er zeigte auf den Souvenirladen auf dem Gipfel des Hügels.
Hinter ihm wollte der Anführer der Adarianer gerade aufspringen, und der Erzengel versuchte sich auf die Splitterwaffe zu stürzen, die seinem Gegner entglitten war. Ehe er sie erreichte, hob der Schwarze seine rechte Hand. Die Luft vor ihm flirrte, eine sonderbare irisierende Kraftwelle umhüllte Gabriels reglose Gestalt und drückte ihn zu Boden.
Entsetzt schrie Juliette auf und rannte zu ihm. Gleichzeitig beorderte sie die Splitterwaffe in ihre Hand und umklammerte sie, ignorierte einen brennenden Schmerz in ihren Fingern und zielte auf den Adarianer. Nur sekundenlang weiteten sich seine Augen, bevor sie abdrückte.
Nichts geschah. Sie feuerte ein zweites Mal. Da wurde die Furcht in der Miene des Adarianers von selbstgefälliger Erleichterung abgelöst. Noch immer geschah nichts.
Langsam stand der Farbige auf. Seine Augen glühten feurig. Mit zielstrebigen Schritten ging er zu ihr. Der Wind heulte. Stöhnend beobachtete sie, wie sich auch der Adarianer unter dem Menhir bewegte und selbigen Zentimeter um Zentimeter von seinem Körper schob.
Immer schneller hämmerte Juliettes Herz. Sie kniete neben Gabriel. Doch sie konnte ihn nicht berühren. Ein hartes Luftfeld umgab ihn und drückte ihn gnadenlos ins Erdreich.
»Lassen Sie ihn frei!«, schrie sie den farbigen Mann an, denn sie wusste, dass es seine Magie war, die Gabriel gefangen hielt. »Wenn Sie ihn befreien, gehe ich mit Ihnen.«
Lächelnd schüttelte er den Kopf. »Dafür ist es jetzt zu spät, kleiner Sternenengel. So oder so werden Sie uns begleiten.«
In ihrer Kehle stieg heißer Zorn auf. Ihr Körper fühlte sich ausgelaugt an. Aber irgendwo in ihrem Innern war ein Rest ihrer Kraft übrig geblieben, und dieser Rest rebellierte gegen all die Ungerechtigkeit. Wütend konzentrierte sie sich auf den großen Adarianer und seine uralte grausige Magie.
Ein zweites Mal riss der Himmel auf, der Wind legte sich, weiß glühende Elektrizität erfüllte die Luft, eine Hitze wie von tausend Sonnen. Juliette duckte sich und schlug die Hände vors Gesicht, während ein Blitz den Feind tosend traf.
Gepeinigt schrie sie auf, als der Lärm ihr Trommelfell zu zerfetzen drohte und ein kosmisches Donnergrollen ihren ganzen Körper erschütterte. Aber dann glitten ihre Hände einfach durch die Luft, wo das Kraftfeld des Adarianers sie eben noch zurückgehalten hatte, und berührten das nachtschwarze
Weitere Kostenlose Bücher