Gaelen Foley - Amantea - 02
rückwich. Darius folgte ihm und schleuderte ihn mit dem Rücken an die Wand.
„Sie wagen es, diese Dame zu bedrängen?“ herrschte Darius ihn an.
Anatol griff ihn an den Hals, woraufhin Darius sich ge- schickt drehte und ihm den Ellbogen in die Magengrube rammte. Fluchend wankte Anatol. Darius schaute ihn ver- ächtlich an und sagte etwas auf Russisch, was Tjurinow noch wütender machte.
Er stürzte sich auf seinen Gegner.
Serafina hatte einen solchen Kampf noch nie erlebt. Mit weit aufgerissenen Augen stand sie wie angewurzelt da und beobachtete, wie ihr Verlobter und ihr Geliebter miteinan- der rangen. Tjurinow hatte die Kraft und Größe eines Bul- len, während Darius mit der Geschmeidigkeit eines Panters angriff. Es war ihr nicht einmal möglich, Hilfe zu holen. Sie befürchtete, dass sie sich umbringen würden, sobald sie ihnen den Rücken zuwandte.
Wie aus weiter Ferne hörte sie Lakaien herbeieilen. Auf- geregte Rufe ertönten, und ein Diener stürzte davon, um Verstärkung zu holen. Serafina rührte sich noch immer nicht.
Sie drückte sich an die Wand und beobachtete mit wach- sendem Entsetzen, wie die Männer ineinander verkeilt vor ihr auf dem Boden hin und her rollten. Darius schaffte es, sich auf Tjurinow zu setzen, und sie versuchten beide, sich gegenseitig zu erwürgen.
Jetzt schlug er dem Russen ins Gesicht, so dass dieser sei- nen Hals loslassen musste. Sogleich griff Darius nach seinem Dolch. Angst erfasste Serafina.
„Darius, nein!“
Er schaute zu ihr auf, und wieder einmal sah sie seine Augen wild funkeln – wie in jener Mondnacht im Irrgarten. Doch als er die Prinzessin anblickte, verschwand dieser rasende Hass.
Anatol nutzte die Chance und verpasste Darius einen gewaltigen Kinnhaken.
Die Wachen stürmten in die Halle und rissen die bei- den Männer auseinander. Sie waren kaum zu bändigen und beschimpften sich auf Russisch.
„Was sagen sie?“ rief Serafina.
Keiner der Wachen konnte ihr helfen.
Sie vermochte kaum zu begreifen, dass Darius Anatol so erbarmungslos angegriffen hatte. Obgleich ihn die Höflinge schon oft bis aufs Blut gereizt hatten, war er stets ruhig geblieben und hatte jeglichen Streit im Haus ihres Vaters vermieden.
Darius schüttelte die Wachen ab und wandte sich ab. Ana- tol schien sich ebenfalls allmählich zu beruhigen, doch die Soldaten blieben dennoch und ließen sie nicht aus den Augen.
Der Russe blutete am Mund, während Darius’ Wunde an der Schulter wieder aufgeplatzt war.
Serafina legte sich die Hände vors Gesicht und überlegte verzweifelt, zu welchem der Männer sie nun gehen sollte.
Im Augenblick hasste sie beide gleichermaßen.
Mit vor Scham geröteten Wangen hob sie den Kopf und schaute Darius an. Sein leidenschaftlicher Blick war auf sie gerichtet, während er noch immer heftig atmete. Er erschien ihr so schön wie ein Racheengel, und plötzlich hatte sie die seltsame Vorahnung, dass sie ihn niemals wieder sehen würde.
Julia Calazzi saß an ihrem Sekretär in ihrem Privatgemach und schrieb gerade einen weiteren Schmähbrief an einen Gläubiger, der sie nicht in Ruhe ließ. Es ärgerte sie noch im- mer, dass sie ihr Wissen um Darius’ Titel offenbart hatte. Für sie war es gar nicht typisch, so unbedacht zu handeln. Aber sie hatte es einfach unerträglich gefunden, wie die Prinzes- sin anscheinend damit hatte auftrumpfen wollen, fast eine Woche Santiago für sich gehabt zu haben.
Julia wollte gar nicht darüber nachdenken, ob etwas zwi- schen den beiden geschehen war, doch es war offensichtlich, dass Serafina mehr denn je verliebt war.
Anatols Ankunft sollte sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückbringen, dachte Julia hämisch.
In diesem Moment stürzte Teresa herein und berichtete ihr, was vorgefallen war. Julia schrak zusammen. Während Teresa sich auf den Skandal zu freuen schien, wusste Julia, was für ein Mann Anatol sein konnte.
Sie rang sich ein Lächeln ab. „Mach dich besser gleich auf den Weg zu ihm, Schätzchen. Er wird sicher deine Pflege brauchen.“
„Das dachte ich mir auch schon!“ Teresa lachte ausgelassen und lief davon.
Julias Blick wanderte geistesabwesend über ihren Schreib- tisch. Sie musste unbedingt Ruhe bewahren. Also stand sie auf, ging zum Spiegel und puderte sich, während sie über die beste Vorgehensweise nachdachte.
Sie gab Anatol eine Stunde, um sich abzukühlen, und ging dann gemächlich zu seinem Gemach. Vor seiner Tür schloss sie einen Moment die Augen, um sich zu sammeln, bevor
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