Gaelen Foley - Amantea - 03
zugefügt haben.“ Er erhob sich und trat gelassen die drei Stufen vom Podest herunter.
Er ging an Daniela vorbei zu dem Tisch, der in der Mitte des Raumes stand, und rückte ihr einen Stuhl zurecht. „Setzen Sie sich.“
Misstrauisch schaute sie Rafael an, nachdem sie seiner Auf- forderung nachgekommen war. Dennoch war sie ihm dankbar dafür, da sie sich ziemlich schwach fühlte.
„Hände auf den Tisch.“
Wieder gehorchte sie, wobei sie vor Scham errötete. Es war furchtbar, von einem Mann gedemütigt zu werden, des- sen Gunst und Hochachtung sie insgeheim erhoffte. Es ent- setzte sie, wie sehr sie sich nach ihm sehnte, aber sie hatte noch nie einen Menschen kennen gelernt, von dem sie sich so angezogen gefühlt hatte.
Er schob ihren Stuhl näher an den Tisch, beugte sich dann über ihre Schultern und platzierte seine Hände auf der Tisch- platte. Sein Gesicht befand sich eine Handbreit von ihrem Ohr entfernt. Daniela schloss die Augen und verhielt sich ganz still.
„Sie haben dies hier auf dem Ball verloren“, flüsterte Ra- fael und strich ihr mit der Nasenspitze über die Wange, wäh- rend er einen kleinen Gegenstand vor sie auf den Tisch legte.
Sie öffnete die Augen und entdeckte einen ihrer Silberspo- ren, die sie an ihren Reitstiefeln trug.
„Das haben Sie in meinem Schlafzimmer vergessen“, fügte er leise hinzu.
Daniela errötete und wandte sich entrüstet ab. Zumindest schaffte sie es, ihre Zunge im Zaum zu halten.
Mit einem hochmütigen Lächeln ließ er sie frei und ging um den Tisch herum. Ihr gegenüber zog er einen Stuhl heran, drehte ihn flink um und setzte sich rücklings darauf. Er verschränkte die Arme und schaute sie gelassen an.
„Erzählen Sie mir alles.“
„Ich kann nicht sprechen, ehe Sie mir nicht etwas zu trinken gegeben haben“, sagte Daniela.
Rafael runzelte die Stirn und nickte. Er stand auf, ging zur Tür, öffnete sie und ließ sich eine Karaffe mit Wasser geben. Gleich darauf reichte er ihr einen gefüllten Becher. Gierig stürzte sie die Flüssigkeit hinunter. Der Kronprinz legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Langsam. Ihnen wird sonst übel“, warnte er sie.
Daniela ließ den Becher sinken. Als sie zu ihm aufsah, be- merkte sie, dass sein Blick auf ihren feuchten Lippen haf- tete. Sie musste wegschauen, da sie sich an seine Küsse von der Nacht zuvor erinnerte. Was für ein schlechter Mensch er doch war: Er dachte an Verführung, während er sie an den Galgen bringen wollte.
Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und barg das Gesicht in den Händen.
Lange schwiegen sie beide. Sie saß zusammengesunken am Tisch, während er ihr gegenüberstand und sie mit ver- schränkten Armen beobachtete.
„Warum haben Sie es getan?“
Daniela holte tief Luft, nahm die Hände vom Gesicht und starrte vor sich hin. „Zweihundert Menschen hängen von mir ab, Hoheit. Als die Dürre ausbrach und unsere Ernte ver- nichtete, wusste ich, dass die Leute sterben würden, wenn ich nicht von irgendwoher Geld aufbrachte. Ich verkaufte den gesamten Schmuck meiner Mutter. Da ich mich nicht an Bulbati verkaufen wollte, bin ich in die Rolle des maskierten Reiters geschlüpft und habe mit meinen Freunden Kutschen reicher Adeliger überfallen.“
„Es war töricht von Ihnen. Wissen Sie, dass ich Sie dem Gesetz nach hängen muss, Signorina Daniela?“
Sie richtete sich auf. „Wenn Sie von mir erwarten, dass ich nun vor Ihnen auf die Knie falle und Sie um Gnade anflehe, täuschen Sie sich, Hoheit. Ich bin bereit zu sterben.“
Rafael blickte sie an. „Mein Gott, sind Sie immer so starrköpfig?“
Sie zuckte die Schultern.
„Ihr Schicksal liegt in meinen Händen ebenso wie das die- ser Bauernburschen, die Ihnen so viel zu bedeuten scheinen.“
Als er die Gabbianos erwähnte, schaute sie zu ihm hoch. „Was ist mit ihnen?“
Er stützte sich auf der Stuhllehne ab. „Sagen Sie mir. Der Älteste – Mateo. Liebt er Sie?“
„Wie bitte? Nein!“ erwiderte sie empört und errötete von neuem.
„Ich will die Wahrheit wissen.“
Verwirrt sah sie ihn an. „Ich ... Ich weiß nicht. Ich hoffe nicht.“
Er setzte sich wieder. „Gestern war der Mann gewillt, lieber gehängt zu werden, als die Identität des maskierten Reiters preiszugeben. Ich habe ihn selbst befragt, und er wiederholte nur immer wieder, er sei der gesuchte Mann. Er wäre an Ihrer Stelle gestorben.“
„Nun, ich würde dasselbe für ihn tun. Aber das heißt noch lange nicht ...“ Daniela zögerte. „Das
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