Gaelen Foley - Amantea - 03
Räuberhauptmann ein für alle Mal auf- zugeben. Meiner Gattin werde ich nicht gestatten, weiterhin als maskierter Reiter ihr Unwesen zu treiben.“
Daniela schwieg und presste angespannt die Lippen zu- sammen. Schon beginnt er, mir Befehle zu erteilen, dachte sie. Mann und Frau – Herr und Sklavin. Sie hätte ihn gern im Austausch um seine Treue gebeten, aber das wäre sinnlos gewesen. Schließlich bot er ihr die Ehe an, um sie vor dem Strick zu bewahren und selbst von seinem Volk verehrt zu werden. Am besten sollte sie sich gleich damit abfinden, dass sich Rafael, der Frauenheld, niemals ändern würde.
„Und Ihre zweite Bedingung, Hoheit?“ fragte sie aufge- bracht.
Sein Blick, der auf ihr ruhte, wurde noch durchdringen- der, als wollte er ihr bis auf den Grund der Seele schauen. „Zweitens dürfen Sie mich niemals anlügen, wenn Sie einmal meine Gemahlin sind. Ich kann alles außer die Unwahrheit verzeihen. Enttäuschen Sie oder verlassen Sie mich, brechen Sie mir das Herz ... Aber lügen Sie mich niemals an.“
Daniela wusste genau, warum Rafael diese Bedingung stellte. Denn sie erinnerte sich an eine alte Geschichte. Eine schöne Frau hatte ihn vor vielen Jahren, als er noch ein
Jüngling gewesen war, verführt und ihn dann schamlos hin- tergangen. Der Verrat dieser Frau war bald im ganzen Land bekannt, und nun sah sie in Rafaels Augen die seelische Ver- letzung, die noch immer nicht verheilt war. Er hatte Daniela das Leben und das ihrer Freunde geschenkt – und das Einzige, was er dafür verlangte, war Ehrlichkeit.
Hatte er jene Frau geliebt? Fraglos war er durch diese Angelegenheit, die ihn zum Gespött der Öffentlichkeit ge- macht hatte, sehr gedemütigt worden. Sie dachte daran, dass er zahlreiche Mätressen gehabt hatte, die er immer wieder schnell hatte fallen lassen. Und sie wusste, wie charmant er war. Verbarg er sich hinter dieser gewinnenden Art?
„Können Sie mir das versprechen, Daniela?“
„Ja, Prinz Rafael“, erwiderte sie mit schwacher Stimme und klopfendem Herzen. Sie hatte das Gefühl, dass sie sich auf etwas einließ, was ihr schon jetzt über den Kopf wuchs. „Ja, das kann ich.“
„Dann haben wir eine Übereinkunft?“
Sie schluckte. „Ja, es sieht so aus.“
„Gut“, sagte Rafael. „Ich werde Ihnen Diener schicken, die sich um Sie kümmern werden. Ein Arzt wird Ihren Arm untersuchen.“
„Danke“, antwortete sie mit seltsam ruhiger Stimme.
Er ging zu ihr, nahm einen kleinen Schlüssel aus seiner Westentasche und schloss die Kette um ihre Handgelenke auf. Er nahm sie ihr ab und betrachtete die wund geriebene Hand, ehe er einen Moment lang darüber strich.
Schweigend sah sie ihn an.
Einen Moment sah er genauso verwirrt wie sie aus. Dann wandte er rasch den Blick ab und ließ ihre Hände los.
„Warten Sie hier. Ich komme gleich wieder und bringe Sie zum Palast.“
„Wie Sie wünschen, Hoheit“, flüsterte sie. Ganz allmäh- lich wurde ihr ihre neue Lage klar. Sie senkte den Kopf und lauschte seinen Schritten, als er über den Steinboden ging. Mein Gott, was habe ich getan? Ich will keine Ehefrau und kann keine Mutter sein.
Zu spät.
„Daniela ...“
Sie schaute mit aschfahlen Wangen auf.
Fest sah Rafael ihr in die Augen, eine Hand lag bereits auf dem Türknauf. „Ich werde für Sie sorgen“, sagte er. Dann öffnete er die Tür und ging hinaus.
8. KAPITEL
Er nahm sie wie eine streunende Katze, die ihm in einer Gasse über den Weg gelaufen war, zu sich nach Hause – allerdings nicht in sein Lustschlösschen, sondern zum Palazzo Reale. Daniela glaubte, dass Prinz Rafael damit etwas ausdrücken wollte, auch wenn sie nicht wusste, was seine Botschaft für die Amanteaner bedeuten würde.
Als sie in dem imposanten Gebäude angekommen wa- ren, führte er sie an der Hand durch die verwirrend langen Marmorgänge und –hallen, bis sie zum besonders elegan- ten Privatbereich gelangten, wo die königlichen Gemächer lagen.
In der zweiten Etage brachte er sie in eine große Suite, die mit roséfarbenem Samt ausgeschlagen war. Es gab ei- nen Salon mit einem weißen Kamin und ein Schlafzimmer mit einem Balkon, von dem man auf Belfort hinabblicken konnte.
Rafael rief einen freundlichen alten Arzt, der Danielas Schusswunde versorgte. Ein wahres Bataillon von Kammer- zofen in gestärkten Hauben und Schürzen wartete während- dessen darauf, sie bedienen zu können. Sie bereiteten ihr ein heißes Bad, fragten sie, was sie zu speisen wünschte, und schienen sich
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