Gaelen Foley - Amantea - 03
während Rafael die Welt aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten schien.
Die zur Schau getragene Langeweile des Prinzen war ver- schwunden. Ohne, wie zuvor, ein paar selbstgefällige Bon- mots zum Besten zu geben, sprach Rafael nun weniger, dafür aber mit Überzeugung.
Orlando, den das verliebte Paar erzürnte, ging ebenfalls in die Halle hinaus. Er fragte sich, was aus seinen Plänen werden würde, wenn Rafael lange genug lebte, um mit seiner Gattin ein Kind zu zeugen.
Vermutlich würde es nicht lange dauern. Er wusste nicht, ob er Rafaels Ableben so rasch bewerkstelligen konnte. Bis- her war der nichts ahnende Rafael jeder tödlichen Falle ent- kommen. Wenn Daniela ihm einen Sohn schenken würde, fiele der Thron an ihr Kind und nicht an Rafaels jüngeren Bruder Leo. Das durfte nicht geschehen.
Orlando warf einen Blick in den Raum zurück, wo der Kronprinz und Daniela einander hingebungsvoll küssten. Voller Hass und Neid wandte sich der Vetter ab. Auch er war mit seinem markanten Aussehen, seinem Reichtum und sei- nem Titel der Liebhaber vieler Schönheiten gewesen. Aber keine hatte ihn je auf diese Weise geküsst.
Allerdings bevorzugte er keine sanften Frauen. Vielmehr genoss er es, wenn sich nach dem Liebesakt Striemen auf der weichen Haut seiner Geliebten zeigten. Stets wurden seine Mätressen so sorgfältig ausgesucht, dass nichts von seinen abartigen Neigungen an die Öffentlichkeit drang.
Er verstand die Verbindung zwischen dem Prinzen und sei- nem neuesten Spielzeug nicht. Die seltsame Kraft, die davon ausging, beunruhigte ihn. Vielleicht war es das Beste, Ra- faels neue Verbündete gegen ihn aufzubringen. Dazu müsste Orlando nicht einmal lügen.
Das Kabinett diskutierte nach der Pause weiter. Doch am Nachmittag kam es zu einem Eklat, denn Contessa Daniela hatte auf einmal von Don Arturos herablassendem Benehmen gegenüber Rafael genug. Sie unterbrach den Premierminister.
„Das reicht, mein Herr!“ platzte sie heraus, rutschte von Rafaels Schoß herunter und beugte sich zornig nach vorn.
Fassungslos blickte Don Arturo sie an. Doch als Rafael kaum ein Lachen zu unterdrücken vermochte, verlor der Premierminister endgültig die Geduld.
„Sie sollten nicht einmal hier sein, Contessa Daniela! Für wen halten Sie sich eigentlich?“
„Für eine Freundin des Vaterlandes und Ihre zukünftige Königin!“ gab sie wütend zurück.
Rafael lachte vergnügt, doch die Minister glaubten, ihren Ohren nicht zu trauen.
Aber Daniela Chiaramonte war noch nicht fertig. „Sie sind derjenige, der nicht hier sein dürfte, wenn Sie so mit dem Herrscher Ihres Landes sprechen. Noch nie in mei- nem Leben habe ich eine solche Respektlosigkeit erlebt. Sie sollten Amantea dienen und nicht Zwietracht säen. Warum untergraben Sie absichtlich die Autorität Seiner Hoheit?“
Der versöhnliche Landwirtschaftsminister versuchte zu vermitteln. „Don Arturo untergräbt nicht die Autorität Sei- ner Hoheit ...“
„Das tut er durchaus“, fuhr Daniela ihn mit empört funkelnden Augen an.
„Daniela“, sagte Rafael leise hinter ihr.
„Ja, Hoheit?“ erwiderte sie, ohne den Blick von Don Arturo zu wenden.
„Würden Sie uns für einen Moment entschuldigen?“
„Ganz wie Sie wünschen, Hoheit“, antwortete sie steif. Be- vor sie jedoch den Raum verließ, flüsterte sie ihm noch zu: „Ihr Vater würde sich das nicht gefallen lassen. Warum tun Sie es?“
„Gehen Sie, meine Liebe“, sagte er sanft und küsste ihr die Hand.
Interessiert beobachtete Orlando die Kabinettsmitglieder. Es herrschte eine äußerst angespannte Stimmung. Vermutlich würde gleich gewaltiger Streit ausbrechen.
Daniela ging mit hoch erhobenem Kinn hinaus. Rafael be- obachtete sie, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann wandte er sich an die Anwesenden.
„Don Arturo“, begann er mühsam beherrscht, „meine Her- ren Minister.“ Dann konnte er seinen Zorn nicht mehr im Zaum halten. Er schrie: „Sie sind von Ihrem Posten entho- ben!“ Bei diesen Worten schlug er mit der Faust auf den Tisch.
Daniela, die draußen vor der Tür lauschte, riss vor Über- raschung die Augen auf, als sie Rafaels wütende Worte vernahm. Nachdem der Premierminister eine Erklärung ver- langte, fing er an zu toben. Alle erhoben nun ihre Stimmen, aber die Rafaels war nicht zu übertönen.
Oh mein Gott, was habe ich angerichtet, dachte Daniela entsetzt.
Ein würdevoller Palastdiener stürmte in diesem Moment die Halle entlang und sah, wie Daniela
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