Gaelen Foley - Amantea - 03
an der Tür lauschte. Sein faltiges Gesicht wirkte empört.
Beschämt zog sich Daniela zurück. Sie nahm sowieso an, dass die entlassenen Kabinettsmitglieder nun jeden Augen- blick aus dem Raum stürzen würden. Noch konnte sie kaum glauben, dass sie sich zu einem solchen Zornesausbruch hatte hinreißen lassen. Sie hatte Don Arturo di Sansevero, den hoch geschätzten Berater des Königs, wie ein Fischweib angeschrien. Dennoch war sie froh, dass Rafael endlich die Beleidigungen dieses Mannes nicht länger hinnahm.
Mit gemischten Gefühlen eilte sie in ihre Gemächer zu- rück, wo sie hoffte, zumindest dort in keine Schwierigkeiten zu geraten.
Als sie an einem der vielen Salons vorbeiging, hörte sie das perlende Lachen einer Sopranstimme. Neugierig schaute Daniela durch die offene Tür in das Zimmer und entdeckte Chloe Sinclair. Sie saß auf einem eleganten Sofa und trug ei- nen rosa Seidenschal. Dabei wirkte sie strahlend schön, und ihr blondes Haar schimmerte seidig.
Zu ihren Füßen und auf den Ottomanen, die um sie herum- standen, befanden sich ihre Verehrer. Hübsche junge Männer hingen an ihren Lippen und überschütteten sie mit Kompli- menten. Junge Damen saßen bescheiden daneben und blick- ten Chloe wehmütig an, als ob sie sich wünschten, dass ein wenig ihres Glanzes auf sie abfärbte.
Daniela sank der Mut. Wenn es jemals ein weibliches Ge- genstück für die Schönheit des Prinzen gegeben hätte, dann war es einzig und allein diese Feenkönigin.
Was tut sie hier? Sie muss gekommen sein, um Rafael zu treffen. Aber ...
Daniela wollte nicht weiter darüber nachdenken, da sie sonst erneut zornig geworden wäre. Schließlich sollte sie Rafael morgen heiraten.
Auf einmal entdeckte die Engländerin mit ihren himmel- blauen Augen Daniela Chiaramonte. Sogleich verwandelte sich ihre Fröhlichkeit in kalte Feindseligkeit. Ihr Lachen er- starb, und sie schaute Daniela abschätzig an. Dann wandte sie den Blick ab und lächelte einen der jungen Herren zu ihren Füßen an. Es war eine solch abweisende Geste, dass Chloe Sinclair Daniela genauso gut die Tür vor der Nase hätte zuschlagen können.
Mit zusammengepressten Lippen ging Daniela weiter, bis
sie zu ihren Gemächern gelangte. Dort lief sie zornig auf und ab und wartete darauf, dass Rafael zu ihr kam. Die Zusam- menkunft des Kabinetts war offensichtlich beendet, so dass er nun wieder bei ihr sein konnte.
Es sei denn, er lässt sich von dieser eingebildeten Schau- spielerin ablenken, dachte Daniela. Sie konnte es nicht leu- gnen: Eine heftige Eifersucht hatte sie ergriffen, und sie fürchtete sich vor der Macht, die diese Frau über Rafael be- saß. Chloe Sinclair hatte die Schönheit und die Anmut, die zu einem Prinzen passten, und Daniela fühlte sich mehr denn je hier fehl am Platz.
Einige der Blumen im Salon begannen bereits zu welken. Ungeduldig zog sie eine Rose, die den Kopf hängen ließ, aus einem der Bouquets und stieß dann einen kleinen Schmer- zensschrei aus, als sie sich an einem Dorn stach. Sie saugte an ihrem verletzten Finger und ging dabei ins Schlafzimmer. Unruhig trat sie auf den Balkon und wartete.
Rafael muss kommen, dachte sie. Er hatte ihr versprochen, dass er sie heute noch zum Hafen begleiten würde, damit sie sich dort von den Brüdern Gabbiano verabschieden konnte. Die Familie sollte am Nachmittag nach Neapel reisen.
Einige Augenblicke später trat eine ihrer Zofen zu ihr, um einen Besucher anzukündigen. Freudig eilte Daniela in den Salon, blieb jedoch auf der Schwelle überrascht stehen.
Mitten im Zimmer stand – ganz in Schwarz gekleidet – Orlando und bewunderte ihre Blumen.
Orlando di Cambio sah man die Verwandtschaft zur Fa- milie Fiori deutlich an. Obgleich er schwarzes Haar und ei- nen dunkleren Teint hatte, erinnerte er doch auf verblüffende Weise an den Kronprinzen. Er trug eine kleine Lederscha- tulle, in der Dokumente aufbewahrt wurden. Als Daniela den Raum betrat, drehte er sich zu ihr um und lächelte sie an. Dabei blickten seine grünen Augen kalt.
„Contessa Daniela.“ Seine Stimme klang tief und ruhig. Er verbeugte sich vor ihr. „Seine Hoheit hat momentan noch zu tun und bat mich, nach Ihnen zu schauen.“
„Wirklich?“ Sie spürte, wie sie bleich wurde.
Er hat also zu tun, dachte sie entsetzt. Zorn stieg in ihr auf. Sie versuchte, ihre Gefühle vor Rafaels Vetter zu verbergen, da sie sich nicht als eifersüchtige Närrin zeigen wollte.
Orlando warf einen raschen Blick auf die Zofe, die an
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