Gaelen Foley - Amantea - 03
Straßenräuberei verhaftet, Signorina. Das mag Ihre Herkunft ein wenig in den Hintergrund rücken. Glauben Sie wirklich, dass Seine Majestät eine überführte Wegelagerin als die Mutter zukünftiger Fiori-Könige anneh- men wird? Man wird Sie für einen Schandfleck in der Familie ansehen – nicht besser, als wenn Sie Chloe Sinclair wären.“
Daniela warf Orlando einen scharfen Blick zu. Er lächelte bedauernd, doch der Ausdruck in seinen grünen Augen verriet Berechnung.
„Der König kann sogar Ihre Ehe auflösen – und das wird er auch.“
„Aber ich schulde Rafael doch etwas. Er hat mir das Leben gerettet und meine Freunde befreit. Ich gab ihm mein Wort. Das kann ich doch jetzt nicht brechen.“
„Wenn Sie ihm etwas schulden, gibt es noch mehr Grund, ihn als Ihren Gatten abzuweisen. Wenn Sie Rafael heiraten, zerstören Sie sein Leben. Wollen Sie das?“
„Natürlich nicht. Warum behandeln die Leute ihn wie ein Kind? Er ist ein erwachsener Mann, und ich bin diejenige, die er will“, rief sie lauter, als sie eigentlich wollte.
Orlando schwieg. Sein mitleidsvoller Blick schien zu fra- gen: Warum ist er dann in diesem Moment bei Chloe Sinclair?
„Contessa Daniela“, sagte er schließlich. „Ich will Sie nicht verletzen. Sie sind noch so jung. Wirklich, es war gedankenlos von ihm.“
Danielas Mund zitterte. „Was meinen Sie damit?“
Orlando schüttelte den Kopf. „Ich habe es bereits drei- ßig, vierzig Mal miterlebt. Diese Affären dauern eine Wo- che, vielleicht zwei. Sie müssen doch von seinem Ruf gehört haben.“
„Das ist nur Gerede“, erwiderte sie unsicher.
„Nein, das ist es nicht“, sagte Orlando traurig. „Es beginnt immer so, als hätte er die Liebe seines Lebens gefunden. Teure Geschenke, Komplimente, bezaubernde Worte, Verführung. Doch dann fängt er an, sich zu langweilen. Chloe Sinclair ist die Einzige, der es bisher gelungen ist, sein Interesse für mehr als einen Monat zu fesseln. Und ich nehme an, dass wir beide wissen, warum. Sie sind nicht so“, fügte er mit sanfter Stimme hinzu. „Sie verdienen Besseres. Laufen Sie nicht in diese Falle. Er mag der Kronprinz und mein Vetter sein. Aber ich bin ein Kavalier und möchte Ihnen deshalb sagen, dass Rafael di Fiore bei den Frauen ein Schurke ist. Er weiß, wie er sie verführen kann, und über kurz oder lang wird er auch Sie fallen lassen und sich ein neues Spielzeug suchen.“
Daniela blickte Orlando an und vermochte nur schwer die Tränen zurückzuhalten. Jedes Wort, das Orlando sagte, schien direkt aus dem Tagebuch ihrer geheimen Ängste zu stammen. Er fügte hinzu: „Ich hasse es, Ihnen diese schlechte Nachricht übermitteln zu müssen, aber ich bin mir ganz si-
cher, dass Sie nur eine weitere seiner Launen sind. Es tut mir sehr Leid.“
Sie schüttelte den Kopf und wandte sich dann ab. Vor Ent- setzen war ihr übel. Sie hatte es geahnt. Es wäre ja auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.
„Leider gibt es noch etwas“, sagte Orlando sanft und öffnete die Lederschatulle.
Plötzlich befürchtete Daniela, dass sich darin Bestechungs- gelder befanden, mit denen sie veranlasst werden sollte, Ra- fael aufzugeben. Doch als er sie bat, in die Schatulle zu sehen, entdeckte sie dort fünf kleine Porträts, die alle junge Frauen darstellten. „Was ist das?“
„Das sind die jungen Damen, von denen der Prinz eine als seine Braut wählen soll.“ Kurz schilderte Orlando das Übereinkommen, das König Lazar mit seinem Sohn getroffen hatte – Rafael durfte während der Abwesenheit seines Vaters Amantea regieren, wenn er dafür eine der jungen Damen als zukünftige Gemahlin erwählte. „Deshalb bin ich mir auch sicher, dass Rafael enterbt wird, wenn er Sie heiratet“, er- klärte Orlando nüchtern. „Es gefiel ihm nicht, diesen Befehl von seinem Vater zu erhalten. Sein Stolz ertrug es nicht, dass die Frauen ohne seine Einwilligung ausgewählt wurden. Ich befürchte, dass er Sie nur heiratet, um sich dem König zu widersetzen.“
„Oh mein Gott“, flüsterte Daniela erschrocken. Sie senkte den Kopf. Wie sehr sie sich in diesem Moment für ihre Gutgläubigkeit hasste!
Was für eine Närrin sie doch gewesen war, offenen Auges in die Falle des Frauenhelden zu laufen! Wie hatte sie ernst- haft glauben können, dass er eine Frau wie sie begehrte? Sie war für ihn eine Diebin, und ihm waren fünf Prinzessinnen als Gemahlinnen angeboten worden. Wieso hatte sie nicht bemerkt, dass seine einzige Absicht darin lag, die
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