Gaelen Foley - Amantea - 03
offensichtlich. Du kennst sie nicht einmal. Sie hätte dir alles versprochen, um ihr Leben zu ret- ten – und um noch eine Krone dazuzubekommen. Du bist so einfältig, Rafael. Man kann ihr nicht trauen. Glaubst du, diese Frau ist anders? In vierzehn Tagen wirst du dich gelangweilt von ihr abwenden.
Vielleicht hatte Chloe Recht. Es beunruhigte ihn sogar, daran zu denken, dass er ihr in der Nacht zuvor seine tiefs- ten Ängste offenbart hatte. Sie konnte all das, was er ihr ge- standen hatte, gegen ihn verwenden. Vielleicht hatte er sich zu rasch entschieden. Wie konnte er seinem eigenen Urteil trauen, wenn er sich so oft getäuscht hatte?
Doch er hatte seine Absicht, Daniela zu heiraten, bereits öffentlich bekannt gegeben. Er hatte es vor dem Kabinett ge- äußert, dass er sie zur Gattin nehmen wollte. Jetzt noch ei- nen Rückzieher zu machen, würde ihm jede Glaubwürdigkeit rauben.
Ihm sank der Mut, als er plötzlich ein Schniefen hörte. Er sah zu Chloe hin, die zu weinen begonnen hatte.
Sie hatte den Kopf gesenkt, und zwei Tränen liefen ihr die Wangen hinab. „Warum bringst du mich dazu, so hässliche Dinge zu sagen? Ich hasse dich, ich liebe dich. Ich möchte nur, dass du glücklich bist.“
Rafael wusste, dass er durch die Tränen beeinflusst werden sollte, vermochte jedoch nichts dagegen zu tun. Er konnte es nicht ertragen, eine Frau weinen zu sehen – und das wusste Chloe. Sie glaubte wahrscheinlich sogar, dass sie ihn liebte, auch wenn er seit langem wusste, dass die einzige Person, die in ihrer Welt etwas zählte, Chloe selbst war. Dennoch tat es ihm Leid, sie so zu verletzen.
Als sie erneut schluchzte, ging er zu ihr, hockte sich neben das Sofa und reichte ihr wortlos sein Taschentuch mit seinem Monogramm.
Sie nahm es und trocknete sich die Tränen.
Mein Gott, was tue ich? Rafael unterdrückte einen Seufzer. Er dachte an Daniela und hatte Angst.
Dann hob er den Blick und betrachtete kühl seine Geliebte. Mit ihren ständigen Stimmungsschwankungen und wilden Ausbrüchen war es schwer, mit Chloe auszukommen, aber zumindest waren sie einander gewöhnt. Sie wusste, dass sie nicht zu viel von ihm erwarten durfte, und im Bett waren sie wie füreinander geschaffen. Vielleicht war es zu früh, schon jetzt die Verbindung zu ihr zu lösen. Solange Chloe bekam, was sie wollte – einfache Dinge wie schöne Geschenke und viel Aufmerksamkeit – , belastete sie ihn nicht weiter. Sie er- schütterte ihn nicht und versuchte auch nicht, hinter seinen Panzer vorzudringen.
Vorsichtig legte er die Hand auf ihren Schenkel und lieb- koste sie. „Weine nicht, meine Süße“, murmelte er. „Es wird schon alles gut werden.“
Chloe seufzte und sah ihn schmollend an. „Ich bin dir nicht wichtig. Ich bin dir ganz gleichgültig.“
„Du weißt, dass das nicht stimmt.“
„Du würdest sie nicht heiraten, wenn du mich lieben wür- dest“, sagte sie, und erneut stiegen Tränen in ihre großen blauen Augen.
„Ich bin meiner Familie und Amantea verpflichtet“, er- klärte Rafael sanft. „Das weißt du. Ich habe dir gesagt, dass mein Vater mich dazu zwingt, eine Gattin zu wählen.“
„Und was ist so großartig an ihr?“
Der unsichere Ausdruck in ihren Augen verwirrte ihn. Er wusste, dass Chloe sich von den fünf Prinzessinnen auf den Porträts nicht beeinträchtigt gefühlt hatte. Doch sobald es um Daniela ging, schmollte sie. „Hast du dich in sie verliebt, Rafael?“
Er wusste nicht, was er auf diese Frage antworten sollte. Vor allem jedoch wollte er nicht ihren Zorn entfachen. „Chloe, ich kenne sie erst seit einigen Tagen“, erwiderte er ausweichend.
Obgleich ihr die Antwort nicht gefiel, blieb sie ruhig. Erleichtert atmete Rafael auf.
Seine Worte fühlten sich wie ein Verrat an Daniela an und flößten ihm das Gefühl ein, ein richtiger Schurke zu sein. Doch gleichzeitig weigerte er sich, Schuld zu empfinden.
Verdammt noch mal, die Gesellschaft erkannte sein Recht an, sich als ein reicher, hochgestellter Mann eine Geliebte zu halten. Auch Daniela musste das wissen. Jedermann, der etwas auf sich hielt, hatte eine solche Mätresse an seiner Seite. Nur der Fels von Amantea war ein Traumgatte, und es war allgemein bekannt, dass Rafael, der Draufgänger, seinem Vater in keiner Weise ähnelte.
„Hör zu“, sagte er und strich erneut über Chloes Schen- kel. „Wir müssen noch keine Entscheidung über unsere Be- ziehung treffen. Vielleicht sollten wir einige Tage darüber nachdenken.“
Unter
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