Gaelen Foley - Amantea - 03
bemerkte kaum, dass ihr Groß- vater sie mit tränenfeuchten Augen anlächelte, als sie Rafaels Hand nahm und mit ihm zum Altar schritt.
Die Hochzeitszeremonie selbst verging wie im Flug, und sie konnte sich später kaum an etwas erinnern. Ganz deut- lich hatte sich ihr jener Moment eingeprägt, als sie sich Seite an Seite mit Rafael auf das Samtkissen knien sollte, um die heilige Hostie zu empfangen. Verstohlen warf sie einen Blick auf ihren Bräutigam und sah, dass er betete. Mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen wirkte er wie ein Prinz aus dem Mittelalter, der sich auf den Kampf vorbereitet.
Rasch schaute Daniela weg, da seine Schönheit sie bis ins Innerste traf.
Nach einer scheinbaren Ewigkeit von Schwüren, dass er ein treuer Gatte und sie eine gehorsame Ehefrau zu sein hatten, war die Trauung vorüber. Daniela konnte sich kaum daran erinnern, etwas gesagt zu haben, da sie sich so betäubt ge- fühlt hatte. Der freundliche Kardinal strahlte das Paar an und nickte Rafael zu – die Aufforderung, nun die Braut zu küssen.
Als sich Rafael ihr zuwandte, sah sie, dass er sie ver- führerisch anlächelte. Auf einmal war er wieder ganz der Draufgänger.
„Oh nein, das wirst du nicht“, hauchte sie. Mit weit aufge- rissenen Augen trat sie einen Schritt zurück, da sie befürch- tete, dass er sie vor der ganzen Versammlung leidenschaftlich küssen würde.
Doch dann trat an die Stelle des begehrlichen Ausdrucks auf seinem Gesicht ein zärtlicher. Vorsichtig nahm er ihren Schleier.
„Das ist die letzte Maske, hinter der du dich jemals zu verbergen brauchst, meine geliebte Gemahlin“, flüsterte er. Dann hob er ihn über ihren Kopf und nahm ihr Gesicht in die Hände.
Daniela war sich jeder anwesenden Person in der Kirche bewusst, als sich Rafael zu ihr herabbeugte. Doch in dem Au- genblick, in dem seine weichen Lippen die ihren berührten, vergaß sie alles.
Sie hörte nur von fern den donnernden Applaus, und auch die Worte des Kardinals erreichten ihre Ohren nicht. Auf ein- mal fühlte sie sich so schwach und schwindlig, dass sie sich an die Schultern ihres nun angetrauten Mannes klammern musste.
Er lächelte während des Kusses, ließ aber nicht ab von ihr. Sondern fuhr fort ...
Die Feier, die der Trauung folgte, fand im Festsaal des kö- niglichen Palastes statt. Rafael saß am Kopfende des Tisches. Er hielt ein gefülltes Weinglas in der Hand und lehnte sich gelassen auf seinem Stuhl zurück. Er fühlte sich satt und empfand tiefe Freude.
Rafael di Fiore: verheiratet, überlegte er. Als sein Blick über die Gäste an den großen runden Tischen wanderte – es waren etwa vierhundert seiner treuen Freunde und der wich- tigsten Adeligen mit ihren Frauen – , fühlte er sich mit einem Mal wie das Oberhaupt einer großen Sippe. Nun fehlte nur
noch eine Reihe hinreißender, braver und gesunder kleiner Rafaels, die bei ihm am Tisch saßen. Doch das würde schon noch kommen.
„Jeder muss heiraten“, verkündete er. „Ich werde es zum Gesetz machen.“
„Dann wandere ich nach China aus“, erklärte Niccolo.
Elan lächelte. Ein paar andere lachten. Die meisten hat- ten sich damit abgefunden, dass er das Mädchen geheiratet hatte, von dem sie ausgeraubt worden waren. Nur hier und da wurden noch ein paar Scherze darüber gemacht.
„Was könnte besser sein?“ fuhr Rafael fort. „Ein herrli- ches Essen. Die kühle Abendluft, die durch die offenen Türen dringt. Gelächter von Freunden, die ihr Leben für mich las- sen würden, und hier zu meiner Rechten meine entzückende, hinreißende Gattin“, sagte er und nahm zärtlich Danielas Finger.
Ängstlich schaute sie ihn an und ließ sogleich den Blick auf ihren unberührten Teller sinken. Sie sah aus, als ob sie am liebsten hinausgestürzt wäre.
Rafael lächelte und betrachtete ihre zarte Haut, die leicht gerötet war. Seine tapfere Braut war sichtlich verwirrt, zog jedoch ihre Hand nicht fort. Oh nein, dachte er trocken, ihr Stolz verbietet es ihr. Sanft strich er Daniela über die sam- tige Haut und lauschte der einschmeichelnden Melodie einer Harfe, einer Flöte und einer Violine.
Wie wird sie im Bett sein, fragte er sich. Er konnte es beinahe erraten, und die Vorstellung bewegte und erregte ihn zutiefst. Eine zitternde Unschuld mit der Seele einer Wildkatze.
Er legte seine Hand unter ihre Finger und hob sie an seine Lippen. Dann küsste er sie auf die Fingerknöchel und blickte ihr tief in die Augen, die sich unruhig hin und her bewegten. Als
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